Wie wird Künstliche Intelligenz (KI) in Zukunft unser Leben bestimmen? Ein Interview mit Carina Zehetmaier, die die Auswirkungen der neuen Techniken auf die Gesellschaft erforscht.
Gelernte Juristin, für Österreich in der UNO vertreten und in Brüssel im EU-Menschenrechtsrat. Dann hat Carina Zehetmaier aus Krems die Seite gewechselt. Jetzt ist sie Spezialistin für Künstliche Intelligenz (KI), Präsidentin der Vereinigung „Women in AI“. Ziel ist es, die Auswirkungen von KI auf die Gesellschaft zu erforschen. Im Gespräch mit der „Tiroler Krone“ vor ihrem Besuch beim Forum Alpbach in Tirol erklärt sie, wie KI sich allgemein auswirkt.
„Krone“: Frau Zehetmaier, als Menschenrechtlerin sind sie vor Jahren zu Maschinen und Technik gewechselt. Ein enormer Bruch, oder?
Carina Zehetmaier: Nein. Mein Bruder hat KI in Holland studiert und wir haben eine Firma gegründet, die KI für das Steuerwesen entwickelt. Dort geht es um enorme Erleichterungen in grundsätzlichen Arbeitsprozessen. KI ist die Fähigkeit eines Systems, Aufgaben und Probleme zu lösen, wo man glaubt, dass sie von Menschen allein gelöst werden können.“
Haben Sie nicht Angst vor KI und den ausufernden Auswirkungen?
Was mir Angst macht, ist die Frage: Sind wir Menschen bereit, mit etwas Neuem umzugehen? Das blinde Vertrauen in die KI ist tatsächlich eine potenzielle Gefahr. Aber wir sind weit weg von einem Terminator-Bild, in dem eine Maschine alles macht.
Es wird eine Veränderung geben. Grundsätzliche, wiederholende Grundtätigkeiten könnten von der KI übernommen werden.
KI-Expertin Carina Zehetmaier
Es gibt einen wahren Hype um KI. Chat-GPT war wie ein Booster in der medialen Berichterstattung. Wie das?
Die künstliche Intelligenz hat laut Aufzeichnung im Jahr 1956 mit Forschungen gestartet. Grundsätzlich gibt es keine klare Definition von KI. Man kann es generell als maschinelles Lernen beschreiben. Doch der Input kommt vom Menschen. KI ist ja jederzeit präsent: Wenn Sie mit Ihrer Alexa reden, ist das KI. Wenn Sie das Navi fragen, wo welche Straße ist oder es anweisen, eine Person anzurufen ist dies Künstliche Intelligenz. KI ist eine neue Alphabetisierung.
Das heißt, wir definieren, wie Maschinen agieren. Ein gefährliches Spiel der Beeinflussung. Sprachlich wie auch bildlich – schauen Sie sich die jüngsten Fake-Bilder an.
Die Frage ist, was ist menschengerechter Kontext und was ist maschinengerechter. Vor kurzer Zeit hat es ein Bild im Netz gegeben, wo ein Bombeneinschlag ins amerikanische Capitol gezeigt wurde. Fake. Das Pentagon musste daraufhin medial umgehend reagieren. Auch Stimmen werden geklont. Inhalte können bestimmt eingespeist werden, also unser Wertebild – da sehe ich auch die Gefahren wie zum Beispiel Rassismus. Fakt ist: Wir stehen vor neuen gesellschaftlichen Herausforderungen und die Wahrheit ist, keiner weiß Bescheid, wohin die Reise gehen wird.
Es werden Jobs verloren gehen. Aber wir müssen uns jetzt um die Qualitätssicherung kümmern. In diesem Bereich gibt es viele interessante Aufgaben.
KI-Expertin Carina Zehetmaier
Die große Befürchtung durch die KI besteht ja auch darin, dass Arbeitsplätze wegfallen werden. Stimmen Sie dem zu?
Es wird eine Veränderung geben. Grundsätzliche, wiederholende Grundtätigkeiten könnten von der KI übernommen werden. Allein im juristischen Sektor geht man laut Studien davon aus, dass 40 Prozent wegfallen könnten. KI kann Daten erkennen und sie rascher ver- und bearbeiten als der Mensch. Viel Bürokratisches wird wegfallen. Auch im Gesundheitssektor wird sich viel tun – computergesteuerte Maschinen werden Tätigkeiten wie Umlagern und andere Aufgaben erledigen.
KI bringt uns also mehr Arbeitslosigkeit?
Sie schichtet um, so sehe ich das. Es werden Jobs verloren gehen. Aber wir müssen uns jetzt um die Qualitätssicherung kümmern. In diesem Bereich gibt es viele interessante Aufgaben. Freilich: Die Menschheit war nicht bereit auf das, was nun kommt. Mein Ziel als Lehrende und Juristin ist es, aufzuklären: KI und Menschenrechte gehören vereint.
Roland Mühlanger, Kronen Zeitung
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