Andrew Lloyd Webbers berühmtes Rock-Musical „Jesus Christ Superstar“ feierte am Freitagabend seine mit donnernden Applaus und Standing Ovations gefeierte Premiere im Open Air Areal der Festung Kufstein. Hervorragend dabei das junge, voll motivierte Ensemble, dessen Begeisterung das Publikum mitriss.
Fernab eines von Hitze flirrenden Judäa, in einem von Helfried Lauckner zeit- und ortlos gestaltetem dystopischen Bühnenbild öffnet sich zu Beginn der altbekannten Rockoper ein Müllcontainer. Aus diesem springt leichtfüßig, wie ein irrer „Jake aus der Box“, König Herodes (Michele Anastasi), der mit all seiner großartig gespielten Affektiertheit sich schnell eine Linie Koks durch die Nase ziehen will.
Dieses Vorhaben wird aber durch eine Reihe Schlapphut tragender, in schwarze Gestapo-Ledermäntel gekleidete Männer, welche den Sanhedrin mimen, unter Kommando ihres Hohepriesters Kaiphas (Benoit Pitre) unterbunden. Mit diesen anfangs leicht verwirrenden Szenen nimmt nach „Evita“ die zweite Produktion unter Regie und Choreografie von Publikumsliebling Enrique Gasa Valga „Jesus Christ Superstar“ des Kufsteiner „OperettenSommers“, der sich nunmehr „MusicalSommer“ nennt, rasant und äußerst unterhaltsam Fahrt auf.
Ein überzeugender Jesus, der Menschlichkeit zeigt
Mehr als 50 Jahre nach seiner Uraufführung hat die Rockoper „Jesus Christ Superstar“ nichts an ihrer Aktualität eingebüßt. Das Werk von Andrew Lloyd Webber, dessen Musik in Kufstein von der fünfköpfigen Rockband unter Leitung von Günter Werno durchgehend perfekt intoniert wird und die in Deutsch übersetzten Songtexte von Tim Rice erweisen sich im einmaligen Open Air-Ambiente auf der Festung als wahre Publikumsmagneten. Wobei die Verständlichkeit des Textes teilweise unter der Abmischung und der muttersprachlichen Herkunft der Interpreten leidet.
Der 28- jährige Bayer Jacob Hetzner verkörpert Jesus mit einem gelassenen, auf Frieden bedachten Wesen, zeigt aber an den passenden Stellen auch sehr menschliche Facetten wie Zorn, Wut und Verzweiflung und beweist spätestens bei seinem großen Solo „Gethsemane“ seine gesangliche Stärke und sein darstellerisches Können. Ein ihm ebenbürtiger Gegenpart ist Tiziano Edini als Judas, der mit seiner satten Rockstimme insbesondere beim Song „Verdammt für alle Zeit“ in Attacke geht und damit Judas" innere Zerrissenheit überzeugend bringt.
Eine starke Frau in der Heilsgeschichte
Zwischen diesen beiden starken Männern kann sich Pia Weirather als Maria Magdalena ausgezeichnet behaupten. Mit einfühlsamem Schauspiel überzeugt die Künstlerin ebenso wie mit ihrem Gesang. So ist die Interpretationen des eher kitschigen Songs „Wie soll ich ihn nur lieben“ frisch und wohltuend.
Ein großes Talent aus Kärnten
Einen innerlich zerrissenen, großartigen Pontius Pilatus gibt Sebastian Brummer mit seinem wunderbaren Bariton. Der junge Kärntner Sänger, Schauspieler, Autor und Regisseur sang schon am Teatro alla Scala di Milano, im Lincoln Center in New York, in der Carnegie Hall und im National Opera Center of America, so wie im Auditorium Stravinski in Montreux.
Kein Gasa Valga-Show ohne gewaltige Tänze
Es wäre aber keine Enrique Gasa Valga-Show, wenn nicht dem Tanz der gehörende Respekt und Platz gewidmet wäre. Dieser unterstreicht, begleitet und bekräftigt in bunten, teilweise schrillen Choreografien die altbekannte Handlung, welche sich vom letzten Abendmahl hin zum Tod Jesu am Kreuz spannt. Mit Bravour nehmen die Tänzerinnen und Tänzer, unter ihnen die beiden Wegbegleiter Gasa Valgas, Gabriel Marseglia und Lara Brandi, sich dieser Herausforderung mit Herzblut und ehrlichem in den Zuschauerrängen spürbaren Enthusiasmus an.
Gerechtfertigter Premieren-Applaus
Fazit: Es hat dem jährlichen Veranstaltungsbogen im Kufsteiner Kultursommer mehr als gutgetan, sich von der Operette hin zum Musical zu orientieren. Nicht nur die Darsteller auf der Bühne wurden jünger, sondern auch das Publikum. Das Ensemble wurde am Premierenabend mit donnerndem Applaus und Standing Ovations honoriert. Ein wunderbares Erlebnis!
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