Premiere für Gotthold Ephraim Lessings „Nathan der Weise“ auf der Pernerinsel. Ex-Buhlschaft Valery Tscheplanowa gibt darin die Hauptrolle.
Weltskeptisches Dunkel ist, klar, der Grundton der Stunde. Er bestimmt Kusejs Salzburger „Figaro“ ebenso wie Ulrich Rasches „Nathan“ auf der Pernerinsel. Aber welch ein Unterschied: dort das Götz-Zitat für Mozart. Hier vier aufregende Stunden, dem Höchsten des Theaters verschrieben: dem Werk und seiner herrlichen Sprache. „Nathan“ ist kein Versöhnungstext. Sondern eine Provokation, die zu Lessings Lebzeiten nicht auf die Bühne kam: Ein Jude, machtlos im Jerusalem der Kreuzzüge, steht himmelhoch an der Spitze der Zivilisation. Ganz unten logieren die Christen, die ihm die Familie umgebracht haben. Auch die aufgeklärtere moslemische Staatsgewalt will an sein Geld.
Rasches Bühnenmaschine ist diesmal schlanker: Eine unablässig rotierende Scheibe, auf der die Schauspieler durch das Weltverhängnis gehen. Alles ist Sprache, ritualisiert, aber nicht entseelt. Auf Aktualisierung wird verzichtet, judenhassende Voltaire- und Fichte-Zitate enthüllen die Nachtseite der Aufklärung. Agiert wird auf der Höhe eines Brecht’schen Lehrstücks, die christlichen Nebenrollen erheben als Chor die mörderische Stimme des Volkes. Fabelhaft Nicola Mastroberardino und Almut Zilcher auf der Seite des Islam, Julia Windischbauer als Recha, Mehmet Ateşçis angemessen trotteliger Tempelherr. Über allem aber, in fast entrückter Anmut, verkörpert Valery Tscheplanowas Nathan die zerbrechliche Macht des Geistes.
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