Die Belarus-Bedrohung
Immer mehr NATO-Länder haben Angst vor Wagner
Was machen die Wagner-Truppen in Belarus? Diese Frage treibt nicht nur die Ukraine, sondern auch die NATO um. In den vergangenen Wochen kam es immer wieder zu bedrohlichen Truppenbewegungen der Söldner - und ihr Chef Jewgeni Prigoschin wird wieder aktiver.
Der litauische Präsident Gitanas Nauseda hat ein Problem und das heißt Wagner. Die Söldner stellen eine ernsthafte Bedrohung dar, sagte das Staatsoberhaupt des baltischen EU- und NATO-Landes der Agentur BNS zufolge am Montag bei einem Besuch am Grenzübergang Medininkai.
Es sei „wirklich zu verlockend“, die Anwesenheit der Wagner-Gruppe nahe der litauischen Grenze nicht für verschiedene Provokationen zu nutzen, so Nauseda. Als Ziele kommen seiner Ansicht nach sowohl Polen, Litauen als auch Lettland infrage. Beweise für geplante Sabotageaktionen gebe es allerdings keine, so der 59-Jährige.
Wagner und Lukaschenko provozieren
Die Staatspräsidenten der drei Länder hatten vor wenigen Wochen in einem gemeinsamen Schreiben an die NATO ihr Missfallen über die Entwicklungen im benachbarten Belarus zum Ausdruck gebracht. Hintergrund sind die Stationierung russischer taktischer Atomwaffen sowie die Unterbringung von Kämpfern der Söldnertruppe Wagner in dem von Präsident Alexander Lukaschenko autokratisch regierten Land.
Polen hat seither mit der Verlegung von mehr als tausend zusätzlichen Soldaten und fast 200 Militärfahrzeugen in seine östliche Grenzregion zu Belarus begonnen. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki berichtete zudem von bedrohlichen Truppenbewegungen der Wagner-Söldner. Einige Truppen sollen bis 15 Kilometer an Polens Grenze herangerückt sein.
Bei einem Treffen mit Wladimir Putin drohte der Diktator Lukaschenko dem Westen. Er hätte mittlerweile Schwierigkeiten, die Söldner in Belarus zu halten: „Die Wagners fangen an, uns zu stressen. Sie sagen: ,Wir wollen in den Westen, lasst uns gehen.‘“ Nach Aussagen Lukaschenkos wollten die Truppen einen „Ausflug“ ins polnische Rzeszow machen. Die Stadt gilt seit dem Angriff auf die Ukraine als Drehscheibe der westlichen Streitkräfte und wird häufig als „neues Ramstein“ bezeichnet. Die „Air Base Ramstein“ bei Kaiserslautern in Deutschland ist der größte Militärstützpunkt der USA in Europa.
Widersprüchliche Informationen zu Wagner
Seit dem gescheiterten Aufstand der Söldner gegen die russische Militärführung gibt es widersprüchliche Informationen zur Zukunft der Truppe. Putin selbst berichtete, Spitzenvertreter von Wagner Ende Juni, nur fünf Tage nach der Meuterei, getroffen zu haben.
Wagner-Chef Prigoschin habe dabei das Angebot abgelehnt, dass die Söldnergruppe unter neuer Führung weiterbestehen solle. In Russland wurden jüngst alle Privatarmeen unter das Kommando des Verteidigungsministeriums gestellt. Während die Wagner-Söldner ein Lager in Belarus bei Tsel bezogen und dort nach offiziellen Angaben belarussische Soldaten ausbilden, hält sich Prigoschin entgegen ursprünglichen Ankündigungen nicht in dem Land auf.
Er soll weiterhin in seiner Heimatstadt St. Petersburg sein, wo er jüngst auch Spitzenvertreter afrikanischer Staaten am Rande des Russland-Afrika-Gipfels traf. Was westliche Beobachter immer stärker irritiert, da Prigoschin den Kreml - und vor allem Putin - durch seine Wochenend-Meuterei bloßstellte. Der Söldnerchef ist mit seiner Privatarmee in vielen afrikanischen Staaten im Einsatz, um dort neben seinen eigenen geschäftlichen auch noch russische Interessen zu vertreten.
Tausende Wagner-Söldner in Belarus
Laut dem britischen Geheimdienst halten sich im Augenblick „mehrere Tausend“ Wagner-Söldner in Belarus auf. Allerdings seien sie ohne schweres Gerät unterwegs. „Es gibt eine realistische Möglichkeit, dass sie gezwungen waren, diese an das russische Militär zurückzugeben“, hieß es in einem kürzlich veröffentlichten Briefing. Schweres Gerät sowie Fähigkeiten wie die Herstellung einer Luftbrücke seien aber Schlüsselfaktoren für die künftige Kampfkraft der Truppe.
Heute legen wir unsere nächsten Aufgaben fest, deren Umrisse immer klarer werden.
Jewgeni Prigoschin
Bild: viennareport.at
Analysten gehen davon aus, dass Wagner wieder eine gewichtigere Rolle einnehmen könnte. Darauf lässt auch die erhöhte Aktivität in einschlägigen Kanälen schließen, nachdem dort wochenlang quasi Funkstille geherrscht hat.
„Heute legen wir unsere nächsten Aufgaben fest, deren Umrisse immer klarer werden“, hieß es am Montag in einer Audio-Botschaft in Grey Zone, einem Wagner zugeschriebenen Konto auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. Die Stimme wird Prigoschin zugeordnet. Demnach wolle Wagner in unmittelbarer Zukunft wieder Kämpfer rekrutieren. Die Probleme von Polen, Litauen und Lettland dürften dadurch nicht kleiner werden.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.