Wegen grob fahrlässiger Tötung eines Arbeiters stehen seit Dienstag vier Führungskräfte des Unternehmens „Austrocel“ vor dem Salzburger Landesgericht. Am 2. Juni 2021 explodierte in der Kocherei des Werks eine Hochdruck-Gasleitung. Schwefeldioxid mit einer Temperatur von 147 Grad Celsius strömte aus dem Rohr, tötete einen langjährigen Mitarbeiter. Kernvorwuf der Staatsanwaltschaft: Es sei ein viel zu dünnes Rohr verwendet worden, notwendige Überprüfungen und Instandhaltungen seien nicht durchgeführt worden.
Eine Schwefeldioxidwolke erhob sich über Hallein, Sirenen schrillten. Umweltalarm. Drei Personen klagten nach dem Vorfall über gesundheitliche Beschwerden. „Man kann natürlich sagen, dass Unfälle passieren und da nicht immer jemand schuld ist. Aber in diesem Fall gibt es Verantwortliche. Es wäre zu verhindern gewesen“, so Staatsanwalt Christoph Wancatta in seinem Eröffnungsstatement am Dienstag.
„Seiner Verantwortung bewusst“
Auf der Anklagebank: Der ehemalige Geschäftsführer (60) des Unternehmens und drei leitende Ingenieure der Firma. Außerdem ist das Unternehmen selbst angeklagt, muss eine empfindliche Geldstrafe befürchten. Die Opferfamilie verfolgte den Prozess im großen Schwurgerichtssaal aus der ersten Reihe. Der ehemalige Boss bekannte sich zu den Vorwürfen teilweise schuldig. Sein Verteidiger Norbert Wess hielt fest: „Mein Mandat ist sich seiner Verantwortung bewusst und wird auch dazu stehen, dass hier fahrlässig gehandelt wurde.“ Der Vorfall beschäftige den deutschen Diplomingenieur bis heute, mache ihn betroffen. „Er wird es nicht mehr aus seinem Kopf bekommen“, so Wess. Rein wirtschaftlich hätte es kein Motiv gegeben, das Rohr nicht zu ersetzen. „Sechs bis zehn Millionen Euro werden jährlich für Sicherheit, Instandhaltung und Wartung ausgegeben. Das Rohr wäre im Verhältnis keine relevanten Budgetkosten gewesen“, so Wess. Grobe Fahrlässigkeit sei jedenfalls nicht gegeben. Besonders hervor hob Wess den Umstand, dass das betreffende Rohr über einen Zeitraum von 17 Jahren installiert gewesen sei.
„Wir sind ja nicht suizidgefährdet!“
Der Ex-Geschäftsführer meinte, dass er im Unternehmen größten Wert auf Sicherheit gelegt habe. „Wir wussten um das Gefahrenpotenzial“, so der Deutsche. Und: „Wir sind ja nicht suizidgefährdet!“ Vom Unternehmen selbst hieß es am Dienstag: „Das Unternehmen ist nach wie vor über den tragischen Verlust des langjährigen Mitarbeiters sehr betroffen. Austrocel steht voll und ganz zu seiner Verantwortung.“
„Daran gibt es nichts zu beschönigen“
Der Firmenanwalt sagte in seinen Eröffnungsworten: „Dort arbeiten 300 Leute auf einem großen Areal. Es müssen 367 Auflagen eingehalten werden. Dennoch ist hier ein Fehler passiert. Daran gibt es nichts zu beschönigen.“ Konkret seien die gesetzlichen Vorschriften zur Überwachung von Druckgeräteüberwachung nicht ausreichend implementiert geworden. Auch die Schwefeldioxid-Wolke sei ein Faktum, zu dem man stehe.
Nicht schuldig bekannten sich die drei Mitangeklagten, die in untergeordneten Führungspositionen für das Unternehmen tätig waren. Die Ingenieure sahen die Verantwortung jeweils nicht bei sich selbst. Diese liege bei Dritten, die bislang nicht angeklagt worden seien Die Verteidiger nannten vor allem die Kesselüberprüfungsstelle, den TÜV und den Leiter der Zellstoffproduktion als weitere mögliche Verantwortliche. Am Donnerstag soll die Verhandlung fortgesetzt werden.
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