Die ehemalige ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky vermisst den großen Bruch bei der Reform des heimischen Gesundheitssystems. Insbesondere die alleinige Schaffung von mehr Kassenstellen im Land sei wohl sinnlos.
Damit spielt die ehemalige Ministerin die Ankündigung der Bundesregierung an, gegen den Ärztemangel im Land zusätzlich 100 Kassenstellen zu schaffen. „Vorher waren es 300 offene Plätze, die nicht besetzbar waren, dann sind es eben 400“, kritisierte Kdolsky in der ORF-„ZiB 2“ am Dienstag.
Das Problem seien nämlich vielmehr die Rahmenbedingungen, die sich durch die reine Schaffung von mehr Plätzen nicht verbessern würden. Gerade junge Mediziner würden sich „klarere Strukturen“ wünschen und sich „nicht in ein Abenteuer stürzen“, meint sie weiter.
„Irgendwann muss jemand Entscheidungen treffen“
Das Gesundheitssystem müsse also flexibler und transparenter werden - grundsätzlich positiv sieht sie dabei die Forcierung auf Primärversorgungszentren, die Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) derzeit priorisiert. Aber auch da findet sie ein Haar in der Suppe. Diese Zentren würden nämlich nur Ärzte inkludieren und weitere Gesundheitsberufe, wie etwa Physiotherapeutinnen und -therapeuten aussparen.
Ganz generell drängt Kdolsky auf mehr Entscheidungsgewalt im Ministerium. „Das Problem sind die Stakeholder, die es sich in den letzten 70 Jahren gemütlich gemacht haben“, spricht sie die Zersplittertheit in Kammern, Länder und Bund an. Dies lähme das ganze System: „Irgendwann muss aber jemand eine Entscheidung treffen, das passiert bei uns nicht - ganz im Gegensatz zu skandinavischen Ländern.“
Kassenzusammenlegung „keine Reform“
Die Skandinavier dienen ihr in der Gesundheit generell als Vorbild - ähnlich wie dort, fordert sie ein steuerfinanziertes System mit Beitragsleistungen der Patientinnen und Patienten - „damit hätte auch der Gesundheitsminister mehr Entscheidungsgewalt“, so Kdolsky.
Wenig hält sie zudem von der groß angelegten „Reform“ der türkis-blauen Vorgängerregierung. Statt der Patientenmilliarde durch die Kassenzusammenlegung habe man schlicht viel Geld in die Hand genommen, um die Kassen umzubenennen - es seien sogar Kassen dazugekommen, statt das System zu vereinfachen: „Das war keine Reform.“
„Gott sei Dank ist den Patienten noch nichts passiert“
„Da will man niemanden aus der eigenen Klientel auf die Zehen steigen“, drängt sie stattdessen auf einen richtigen Systemwechsel: „Noch halten engagierte Gesundheitsberufe den Gesamtbereich, Gott sei Dank ist noch nichts den Patienten passiert, das was passieren wird ist aber, dass irgendwann jemand nicht mehr rechtzeitig ins Spital kommt“.
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