Im neu aufgerollten Prozess gegen eine 32-Jährige, der von der Staatsanwaltschaft Ried Mordversuch an ihrem Ehemann zur Last gelegt wird, ist am Donnerstagvormittag die Tatortarbeit der Polizei im Fokus gestanden. Die Frau, die zuerst von Notwehr gesprochen und später ihre 13-jährige Tochter der Tat bezichtigt hatte, war deswegen im Frühling bereits einmal vor Gericht gestanden. Damals hatten die Berufsrichter den Wahrspruch der Geschworenen ausgesetzt.
Die Staatsanwältin hielt der Angeklagten vor, im Sommer 2022 ihrem 40-jährigen Ehemann, mit dem sie vier gemeinsame Kinder hat, im Schlaf mit einem Stanleymesser oder einer Rasierklinge den Hals aufgeritzt zu haben. Die Tatwaffe steht bis heute nicht eindeutig fest. Dem Opfer soll sie zuvor Medikamente, die sie wegen einer depressiven Phase eingenommen habe, in das Gulasch gemischt haben. Darauf wurde der Mann müde, legte sich nieder und wurde attackiert. Der angegriffene 40-Jährige überlebte dank einer Notoperation.
Zuerst hatte Angeklagte die Tat noch gestanden
Bei der Polizei hatte die Frau die Tat zugegeben und mit Notwehr gerechtfertigt. Im ersten Verfahren stritt sie dieser Version aber ab und beschuldigte überraschend ihre strafunmündige Tochter. Nur zwei der acht Geschworenen hielten sie daraufhin für schuldig im Sinne der Anklage, was die Berufsrichter als „Irrtum“ werteten. Daher musste der Prozess neu aufgerollt werden. Auch bei dem neuerlichen Verfahren, das in der Vorwoche begonnen hat, blieb die Angeklagte bei der Version, die Tochter sei es gewesen. Sie hätte von Anfang an die 13-Jährige im Verdacht gehabt, jedoch fehlten ihr die Beweise, erklärte sie nun vor dem Geschworenengericht. Abermals beteuerte sie ihre Unschuld, ihre Verteidigung plädierte daher neuerlich für einen Freispruch.
Tatnacht wurde im Detail rekonstruiert
Am Donnerstag wurde die Tatnacht im Detail rekonstruiert. Die Verteidigung hatte im Vorfeld die vielen Unklarheiten - etwa, dass nicht bekannt ist, was die Tatwaffe war - kritisiert. Eine 3D-Animation des Gebäudes sollte die räumlichen Verhältnisse veranschaulichen, denn der Tatablauf ist unklar. Eine Polizeibeamtin, die am Tatort mit der Tochter gesprochen hatte, wurde als Zeugin befragt. Demnach sei das Mädchen sehr ruhig gewesen, was die Beamtin dem Schock zuschrieb. Die 13-Jährige habe ihr gegenüber zunächst von einem Täter von außen gesprochen, der davongelaufen sei. Daher wurde zuerst auch im Umkreis des Hauses gesucht.
„Ich hatte das Gefühl, sie will ihre Ruhe haben“
In ihrer kontradiktorischen Einvernahme sagte die Jugendliche aber, sie habe „den Papa schreien gehört“, danach habe sie gesehen, wie die Mutter den Vater, der auf der Stiege zum Erdgeschoss war, zurück ins Bett gelegt habe. Die angeklagte Mutter hingegen habe noch am Tatort gesagt, sie sei aufgrund ihrer Medikamente sehr müde, schilderte die am Donnerstag befragte Beamtin, aber „ich hatte das Gefühl, sie will ihre Ruhe haben“. Bei der Polizei gab die Frau später an, sie habe ihrem Mann in Notwehr gestochen. Später leugnete sie das und beschuldigte die Tochter.
Ein Urteil sollte Freitagabend gefällt werden
Am Freitag soll die Tochter als Zeugin gehört werden, zudem wird das psychiatrische Gutachten von Adelheid Kastner neuerlich erörtert. Ein Urteil sollte Freitagabend gesprochen werden. Da müssen andere Geschworene als beim ersten mal entscheiden, welche der vielen Versionen in der Causa sie glauben.
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