Es sind nicht triste Novembertage oder die Weihnachtszeit, die die Telefonseelsorge vor die größten Herausforderungen stellen: Die meisten Anrufer des Jahres gibt es im Hochsommer. Was den Menschen dabei den größten Kummer bereitet, und was weniger ist zum Teil überraschend.
Wie jedes Jahr zählen die ehrenamtlichen Helfer der Nummer 142 die meisten Anrufer des Jahres auch heuer wieder zur Urlaubszeit. Allein im Juli waren es dieses Jahr 4200 Gespräche - weit mehr als etwa letztes Jahr rund um die Weihnachtsfeiertage. Was die Anrufenden beschäftigt, entspricht oft nicht den landläufigen Vorstellungen. Materielle Problem oder Sorgen aus der Arbeitswelt etwa machen Menschen demnach nur selten wirklich verzagt. Das geht aus einer Auswertung von über 35.000 Gesprächen der Telefonseelsorge für die „Krone“ hervor.
Am Ende des Tages kommen die Sorgen
Die meisten Menschen - ungefähr zwei Drittel Frauen und ein Drittel Männer, typischerweise zwischen 40 und 60 Jahren alt - wenden sich in den Abendstunden an die Telefonseelsorge. Ab etwa 17 Uhr beginnt die Zahl der Anrufer zu steigen, die meisten Gespräche werden zwischen 20 und 23 Uhr geführt. Gespräche können enorm variieren: Von 30 Sekunden bis zu mehr als einer Stunde ist alles dabei. Jüngere Ratsuchende nutzen auch die Mailberatung und das Chat-Service, mit dem die österreichweit 172 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso erreichbar sind.
Urlaubszeit als Krisenzeit
Die Telefonseelsorge wertet ihre Anrufe - natürlich bei voller Vertraulichkeit, die Telefonate scheinen nicht einmal in der Telefonrechnung auf - deshalb genau statistisch aus, um bestmöglich Rat geben zu können und auch zum richtigen Zeitpunkt - eben vor allem im Hochsommer - ein offenes Ohr bieten zu können. Für den sommerlichen Ansturm auf die Telefonseelsorge sieht Leiterin Antona Keßelring mehrere Gründe: In der Urlaubssaison fallen einerseits gewohnte Gesprächspartner - und professionelle Krisenhelfer - weg, andererseits fühlen sich Daheimgebliebene damit gleich doppelt „zurückgelassen“.
Aber auch Urlaube können Auslöser von Krisen sein: „Die Leute kommen aus dem Hamsterrad des Alltags heraus, verdrängte Probleme kommen ans Tageslicht“, so Keßelring. Gerade angesichts des Andrangs erinnert Keßelring daran, dass man weitere ehrenamtliche Helfer gerne willkommen heiße. Trotzdem garantiert sie weiterhin ein offenes Ohr, denn sie weiß: „Sorgen fahren nicht auf Urlaub.“
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