Computer rettet Lyrik

Wiener Forscher machen verlorenes Gedicht sichtbar

Wien
04.08.2023 16:00

In Wien ist ein wissenschaftliches Husarenstück gelungen: Forscher rekonstruierten aus unlesbaren Spuren auf Schreibmaschinenpapier ein bisher unbekanntes Gedicht von W. H. Auden. Die erstmals angewandte Technik könnte Archiven bisher ungeahnte Geheimnisse entlocken.

Durch den Einsatz von Hochtechnologie, die sonst für forensische Untersuchungen verwendet wird, kann man nun ein Gedicht des berühmten englischen Dichters W. H. Auden lesen, das er selbst in dieser Form verworfen hatte und von dem es bisher keine einzige Spur gegeben hatte - das dank der Zusammenarbeit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der TU Wien.

Bedeutender Nachlass für Österreich
Den Anfang machte in der ÖAW die Untersuchung von Briefen aus dem Nachlass Audens. Der bedeutende englische Dichter verbrachte einen Gutteil seines Lebensabends in Österreich, wo er 1973 auch verstarb. Dementsprechend viele Dokumente aus seinem Nachlass befinden sich deshalb in Österreich.

Bei der Untersuchung der Briefe entdeckten Literaturhistorikerin Sandra Mayer und ihr Kollege Timo Frühwirth, dass Auden, wie damals nicht unüblich, Briefe auf Papier getippt hatte, das er zuvor als Unterlage in seine Schreibmaschine gespannt hatte - erkennbar an mehreren Schichten von unlesbaren „Hackern“ im Papier. 

Für das menschliche Auge waren die Abdrücke der Schreibmaschinen-Anschläge nicht zu entziffern. (Bild: ÖAW/Daniel Hinterramskogler)
Für das menschliche Auge waren die Abdrücke der Schreibmaschinen-Anschläge nicht zu entziffern.

Aus Hackern wird ein komplettes Werk
Lichtuntersuchungen und Computer rekonstruierten nun aus diesen Hackern ein komplettes Werk. Dabei handelt es sich um einen ersten Entwurf eines Gedichts, das er seiner Nichte Rita 1965 zu deren Hochzeit widmete. Die bisher bekannte Version davon unterscheidet sich grundlegend von dem nun geretteten Entwurf und macht es möglich, Auden beim Arbeiten quasi über die Schulter zu schauen.

Es geht jedoch nicht nur um das eine Lyrik-Juwel: Gerade zeitgeschichtlich bedeutende Archive bestehen aus unzähligen Dokumenten, die auf Schreibmaschinen verfasst wurden. Die bei Audens Briefen erstmals erfolgreich angewandte Technik erlaubt es nun, auch Dinge zu lesen, die die Verfasser in dieser Form nie ans Licht der Öffentlichkeit gelangen lassen wollten.

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