Das dritte Orchesterkonzert der Bregenzer Festspiele dirigierte Marie Jacquot, die neue erste Gastdirigentin der Wiener Symphoniker. Der Abend hatte seine Höhen, aber auch seine Tiefen.
Die klassische Musik, vor allem in den Sektoren Komposition und Dirigieren, ist eine der letzten Bastionen männlicher Dominanz. Diese wird allerdings mehr und mehr aufgebrochen, sogar in Bayreuth stehen nun Frauen am Pult. Die Bregenzer Festspiele liegen voll im Trend mit ihrem diesjährigen Akzent auf weiblichen Musikausübenden, und so dirigierte im dritten Orchesterkonzert am Montagabend die Französin Marie Jacquot, und auf dem Programm stand unter anderem ein Werk der 1909 geborenen Grazyna Bacewicz.
Es war das dritte von den sieben Violinkonzerten der Polin, komponiert 1948. Gespielt hat es - als österreichische Erstaufführung - der renommierte österreichische Geiger Benjamin Schmid, der mit diesem Werk viele Möglichkeiten hatte, seine hohe Kunst zu zeigen. Schließlich war Bacewicz selbst eine prominente Geigerin und wusste, was es braucht an Doppelgriffen, hohen Lagen und Intervallsprüngen. Dennoch hat die Komposition gesamthaft wenig überzeugt, denn sie schwamm zwischen Neoklassizismus und zaghafter Moderne und war formal eher unübersichtlich.
Klarheit in Form und Aussage fand man hingegen in großartigem Ausmaß in der Symphonie Nr.1 in e-Moll Opus 34 von Jean Sibelius. Wieviel Finnisches der Komponist, der gerne auch in Berlin, Wien oder Italien weilte, in dieses Werk gelegt hat, sei dahingestellt. Jedenfalls boten die Wiener Symphoniker unter der präzisen Stabführung von Marie Jacquot ein wundervolles Hörerlebnis. Gleich zu Beginn eröffnete das Klarinettensolo eine zauberhafte Welt, weitere Klangfarben, etwa von den Harfen oder den Fagotten regten die Fantasie an. Es war, als ob man in einem wunderschönen Gebäude frei schweifend spazieren würde.
Musikalische Europareise
Diese Symphonie schloss das Konzert ab, das aber wenig befriedigend begann: Bei den „Valses nobles et sentimentales“, die Maurice Ravel, inspiriert von Schuberts Tänzen 1911/12 schrieb, vermochte sich kein Zauber einzustellen. Vieles klang eckig und zusammenhanglos, erst die zwei letzten von acht Abschnitten überzeugten. Wurde hier vielleicht zu wenig geprobt? Bei dem dichten Pensum, das die Symphoniker hier in Bregenz absolvieren, wäre es kein Wunder. Dass auf dieser musikalischen Europareise, die dieses Konzertprogramm suggerierte, Finnland am besten abschnitt, steigert sicher die Vorfreude auf die neue Intendantin in Bregenz, die Finnin Lilli Paasikivi.
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