Sechstes Studioalbum

The Hives: Erfolgreicher Kampf gegen das Altern

Musik
14.08.2023 09:00

Mehr als zehn Jahre nach ihrem letzten Studioalbum tauchen die schwedischen Rotz-Rocker Hives wieder aus der selbstgewählten Versenkung auch und machen das, was sie am besten können: nicht reifen und erwachsen werden. Auf „The Death Of Randy Fitzsimmons“ funktioniert das großteils erstaunlich gut. Auf ein Österreich-Konzert müssen wir weiter warten.

Hach, waren das noch unbeschwerte Zeiten als die Hives als skandinavischer Garage-Rock-Gegenpol zu den Strokes anno 2000 die Single „Hate To Say I Told You So“ veröffentlichten und quasi über Nacht zu absoluten Superstars wurden. Die fetzige Indie-Attitüde passte in die damalige Zeit der globalen Unbeschwertheit, wo das Weltklima noch nicht diskutiert wurde, die Termini „Finanzkrise“ und „Inflation“ verstaubt im Duden dahinschimmelten und die Terroranschläge zu 9/11 noch das globale Gefüge nachhaltig zerrüttet hatte. Diese fünf jungen Mittzwanziger mit einschlägigen Pseudonymen wie Dr. Matt Destruction, Chris Dangerous oder Nicholaus Arson standen für Party und Krawall und haben dem Punk nach brachen Jahren wieder eine (nord)europäische Kontur verliehen.

Bewusste Stagnation
Von ihrem Feuer haben die Hives über die weiteren Jahre erstaunlich wenig eingebüßt, allerdings hielt man sich bei der Alben-Veröffentlichungspolitik weitgehend im Hintergrund. Alle paar Jahre gab es neue Lebenszeichen, zumeist hochqualitativ, aber auch nicht mehr so trendig wie es in den Ursprungsjahren der Fall war. Doch gerade das macht die Truppe rund um Frontmann „Howlin‘“ Pelle Almqvist so besonders - seit mittlerweile handgezählten 30 Jahren widersetzt man sich erhobenen Hauptes allen Modeerscheinungen des Musikgeschäfts und zieht kompromisslos den eigenen Stiefel durch. Böse Zungen könnten freilich von Stagnation sprechen, doch die passiert bewusst und gewollt. Bei den Hives ist kein Platz für Schnörkel und unnötige Anbiederung.

Dementsprechend kommentiert Almqvist auch das neue, bereits sechste Studiowerk namens „The Death Of Randy Fitzsimmons“. „Es gibt keine Reife oder so einen Scheiß, denn wer zum Teufel will reifen Rock’n’Roll? Das ist immer der Punkt, an dem die Leute etwas falsch machen, finde ich. ,Es ist wie Rock’n’Roll, nur erwachsener‘, niemand will das! Das nimmt buchstäblich das Gute aus der Sache heraus. Rock’n’Roll kann nicht erwachsen werden, er ist ein ewiger Teenager und dieses Album fühlt sich genau so an, was an unserer Begeisterung liegt - und die kann man nicht vortäuschen.“ In zwölf knackig-kurzen Songkapiteln beweisen uns die Schweden im besten Fall, wie man möglichst wenig erwachsen wird und sich kaum weiterentwickelt, was tatsächlich ein bisschen an die musikalische Beratungsresistenz bei AC/DC erinnert.

Genug Raum für Rotz
Doch so wie die Australier mit ihrem stampfenden Hard Rock, wissen die Skandinavier mit ihrer Iggy Pop-Ehrerbietung schlichtweg genau, was sie sagen wollen und zu sagen haben. Das im Jänner dieses Jahres mit humorigen Schildern auf dem Hollywood Boulevard vorab angekündigte Werk wirkt tatsächlich so frisch wie in den frühen Tagen. Songs wie die bekannte Single „Bogus Operandi“, das rotzige „Smoke & Mirrors“ oder „Countdown To Shutdown“ sind voll spätpubertärer Leichtigkeit und wissen mit juveniler Schärfe zu überzeugen. Produzent Patrik Berger, der auch schon Liedgut von Superstars wie Lana Del Rey, Charli XCX oder Robyn veredelt hat, macht zudem nicht den Kardinalfehler, den Hives ein schönes Soundkorsett zurecht zu stricken, sondern lässt der rotzigen Grundattitüde genug Raum zur Entfaltung.

Für das Comebackalbum hat man sich sogar einen PR-Stunt überlegt. Besagter Fitzsimmons sei so etwas wie das sechste Bandmitglied und bekommt auf dem Werk die gesamten Songwriting-Credits ab. Der Legende nach haben die Hives im Grab des verstorbenen Bandgründers Demo-Tapes dieses Albums gefunden, nicht aber Fitzsimmons selbst. Sein Verbleib könnte vielleicht am nächsten (Horrorpunk?)-Album geklärt werden, hier geht es in erster Linie um den Moment. Natürlich ist man vor allem auf Langstrecke nicht mehr in der Top-Verfassung, die man etwa auf „Tyrannosaurus Hives“ oder „Veni Vidi Vicious“ in den goldenen 00er-Jahren an den Tag legte, dafür gehen dann doch zu viele Songs in die Durchschnittlichkeit.

Kein Konzert in Österreich
Etwa das blutleere, an die Beatsteaks erinnernde „Stick Up“ oder das sich dahinschleppende „The Bomb“. Am besten steht den Hives unkontrollierter Lärm zu Gesicht, für den fehlt es schlussendlich aber doch an der notwendigen Jugend, die unweigerlich vergänglich ist. Bei diversen Liveauftritten haben die an der Bass-Position nun mit The Johan And Only besetzten Schweden bereits souverän reüssiert, so zumindest der einhellige Tenor jener, die bereits live dabei waren. Auf der Bühne waren die Hives schon immer unschlagbar, das haben sie auch hierzulande des Öfteren bewiesen. Vorerst allerdings einmal nicht, denn wie so viele andere Top-Bands rauschen auch Almqvist und Co. diesen Herbst an Österreich vorbei. Bleibt noch eine Resthoffnung für die Festivalsaison 2024 - dem Nova Rock würden die Songs von „The Death Of Randy Fitzsimmons“ sicher guttun.

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