„Universum History“ zeigt den Aufstieg und Niedergang der ersten homosexuellen Bewegungen in Österreich und Deutschland. Die „Krone“ besuchte das Set und traf Karl Markovics zum Interview.
Kann man Homosexualität heilen? Muss man sie heilen? Fragen, die mittlerweile - in den meisten Fällen - glücklicherweise undenkbar sind, stellte sich der Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud, vor 100 Jahren. „Nein!“, lautete bereits damals die klare Antwort, die einen Meilenstein queerer Geschichte darstellt. „Universum History“ zeichnet in zwei Teilen den Aufstieg und Niedergang der ersten schwul-lesbischen Bewegungen in Österreich und Deutschland nach. Die „Krone“ besuchte die Dreharbeiten zum ersten Teil mit dem Titel „Die Illusion der Freiheit“ - eine Koproduktion von ORF, ZDF und Arte - und traf Karl Markovics, der Freud verkörpert.
„Wir bestehen aus Geschichten. In dem Moment, wo ich irgendwas spreche, ist es schon wieder Vergangenheit. Manches davon bleibt übrig, vieles wird vergessen, einiges wird verdrängt. Und beim Verdrängen sind wir auch schon bei Freud, der Figur, die ich in kleinen Szenen hier in dieser Doku spiele. Geschichte macht uns aus, sie prägt uns, ob wir wollen oder nicht“, so Markovics auf die Frage, welche Verbindung er zu Geschichte pflegt.
Erzählt wird die Story von Gretl Csonka, die zu Freuds Therapie geschickt wird. Er soll sie von ihrem „verbotenen Begehren“ nach der skandalumwitterten preußischen Gräfin Puttkamer „heilen“. Doch Gretl kämpft um ihre Liebe - auch wenn das bedeutet, den Psychologen an der Nase herumzuführen. In der Konfrontation mit Gretl kommt er zu eingangs erwähntem Schluss.
„Dinge, die wir heute als selbstverständlich erachten, wurden nach und nach erkämpft. In der Zwischenkriegszeit war das Leben verhältnismäßig frei - vor allem in Berlin -, und dann gab’s wieder die brutale Gegenbewegung im Nationalsozialismus. Queerness, Homosexualität, Transgender - das ganze Spektrum und die Diskussion darum sind keine Erfindung von heute. Es ist seit mehr als 100 Jahren aktuell“, so Regisseur Fritz Kalteis über die Beweggründe, diese Thematik umzusetzen. Eine Zeitreise, die produktionstechnisch oft eine Herausforderung ist: Denn wo man im fiktionalen Bereich vielleicht ein Auge zudrücken würde, muss vor historischem Hintergrund Kleidung, Requisiten, Sprache bis ins kleinste Detail stimmig sein. „Dahinter steckt ein Team von vier Leuten, die unglaublich talentiert sind und ein unglaubliches Wissen haben“, so Produzentin Alex Wieser zur „Krone“. „Für mich schreibt die besten Geschichten das Leben selbst. Diese dann am Set zu übersetzen für den heutigen Zuschauer, das ist eine sehr spannende Arbeit für mich.“
Gewonnen dafür hat sie Christina Cervenka, die in die Rolle der Gretl Csonka schlüpft: „Ich wollte immer schon etwas Historisches drehen. Es macht was mit einem, wenn man in so langen hochgeschlossenen Kleidern steckt. Es macht etwas mit der Haltung“, so Cervenka. Zehn Drehtage für die Spielszenen für beide Teile sind es und noch einmal etwa acht für die Dokuszenen und Gespräche mit Experten. „Natürlich wünscht man sich immer mehr Drehzeit, weil man versucht, die Dinge so schön und möglichst korrekt zu machen, und da ist halt Zeit der größte Helfer“, so Kalteis. Apropos Zeit: Braucht es oft einfach Jahrzehnte, um Grausamkeiten der Geschichte gut aufzuarbeiten? „Wahrscheinlich. Mir hat mal eine Frau gesagt: ,Jeder Mensch hat ein Recht auf Verdrängung.‘ Man kann mit gewissen täglichen Ereignissen nicht immer sofort umgehen, ohne durchzudrehen. Und so schieben wir es tief hinunter, decken es zu und schaffen es, den Alltag zu bewältigen. Gefährlich wird’s, wenn das abgekapselt wird, nicht mehr langsam entweichen und bearbeitet werden kann. Das hat Freud so berühmt gemacht - zu Recht -, er hat erkannt, dass es manchmal Hilfe und einer Technik bedarf, um diese Kanäle wieder freizugeben.“
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