Wer will sich opfern?
Krieg: Putins Fleischwolf spuckt irres Geld
Nur wenige Hundert Euro verdient Otto Normalverbraucher im Schnitt in den ärmsten Regionen Russlands. In Zeiten wie diesen können Familien allerdings relativ „leicht“ den sozialen Aufstieg schaffen, denn Soldaten machen im Ukraine-Krieg ordentlich viel Geld. Vorausgesetzt, sie setzen ihr Leben aufs Spiel …
Sie zieht sich wie ein roter Faden durch die russische Geschichte - die Bereitschaft, sich für etwas oder jemanden zu opfern. Auch die russisch-orthodoxe Kirche macht immer wieder dafür Werbung. Usus ist dies zudem in den oft patriarchalisch organisierten Familien im flächenmäßig größten Land der Erde, wo die Forderungen der älteren Generationen, Opfer für die Familie bringen zu müssen, gepaart mit einem gewissen „Wurschtigkeitsgefühl“ die tendenziell freiheitsliebenden Jüngeren oft wahnsinnig machen.
„Ökonom des Todes“ macht daraus ein Geschäft
Der russische Präsident Wladimir Putin weiß dies zu seinem Vorteil zu nutzen und macht daraus ein unfassbar zynisches Geschäft, das der russische Ökonom Wladislaw Inosemzew als „Putins Ökonomie des Todes“ zusammenfasst. Denn: sterben ist in Russland derzeit oft lukrativer als leben. Und es gibt genug Menschen, die freiwillig ihren Kopf hinhalten, um nahestehenden Menschen ein „besseres“ Leben ermöglichen zu können.
Putins Lebensversicherung
Vor ein paar Tagen unterzeichnete der Kreml-Chef einen Erlass, durch den die russischen Soldaten eine Lebensversicherung erhalten. Familien von Kämpfern, die in der Ukraine gefallen sind oder fallen, erhalten künftig umgerechnet um die 30.000 Euro, führt die deutsche Nachrichtenseite n-tv an. Vor allem für jene aus den ärmeren Regionen, wie etwa Jakutien im Fernen Osten oder Burjatien an der Grenze zur Mongolei, eine unvorstellbare Summe. Denn dort beträgt das Durchschnittsgehalt magere 400 Euro pro Monat.
Allein wenn man sich für den Armeedienst meldet, gibt es bereits 600.000 Rubel (zirka 6000 Euro), schildert Inosemzew im „Wieder was gelernt“-Podcast von ntv.de. Wenn sie dann ein halbes Jahr gekämpft haben, gibt es noch eine halbe Million Rubel (ungefähr 5000 Euro). Hinzu kommt ein monatlicher Sold von mindestens 2000 Euro. Für die Russen ist das noch viel mehr Geld als für uns Österreicher. Denn in der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Burjatien ist beispielsweise für etwa 50.000 Euro eine schöne Eigentumswohnung zu haben.
Viel Geld fließt in ärmere Regionen
„Menschen, die Geld brauchen, ziehen bereitwillig in den Krieg“, führt Inosemzew aus. „Die meisten Kämpfer stammen aus den zehn oder elf Regionen mit den niedrigsten Einkommen. Putin wollte die dortige Wirtschaft natürlich nicht mit den Zahlungen wiederbeleben, aber inzwischen sprechen selbst wichtige Regierungsvertreter darüber, dass sehr viel Geld in die ärmeren Regionen fließt und, dass dort neue Häuser und hoch bezahlte Jobs entstehen.“
Gleichzeitig ist es für Putin eine gute Strategie, den Krieg weiterhin von der wohlhabenden Bevölkerung in Moskau und Sankt Petersburg fernzuhalten. Denn die Einwohner dieser zwei Metropolen gelten als deutlich verwöhnter und können auch mal „aufmucken“. In den Fleischwolf kommen daher vorerst Menschen aus den als „weniger wichtig erachteten“ Regionen Russlands.
Angehörige sahnen ab
Wenn ein Soldat im Ukraine-Krieg stirbt, gibt es neben der oben erwähnten „Lebensversicherung“ auch noch eine Zahlung vom Verteidigungsministerium im Umfang von 4,7 Millionen Rubel, also zirka 47.000 Euro. Und auch die regionalen Behörden schießen etwas dazu - nämlich eine Million Rubel (etwa 10.000 Euro).
Die Angehörigen eines gefallenen Soldaten sahnen also ordentlich ab. Hat dieser sechs Monate lang im Krieg gedient, summieren sich alle Zahlungen auf etwa 14,8 Millionen Rubel, was ungefähr 148.000 Euro oder drei Wohnungen entspricht.
Niemand kämpft aus Überzeugung
„Die Entschädigungszahlungen an die Familien der Gefallenen sind wirklich riesig, in einigen Fällen sogar größer als in den Vereinigten Staaten“, sagt Ökonom Inosemzew dazu. „Viele Menschen in Russland sehen diese Zahlungen und sind bereit, dafür an der Front ihr Leben zu riskieren.“
Nicht sehen will der Kreml wahrscheinlich die andere Seite der Medaille. Denn laut Inosemzew ist die gesamte russische Armee mittlerweile eine Söldner-Armee. „Niemand kämpft für sein Vaterland oder für Putin, alle kämpfen für Geld. Nicht mehr nur (Jewgeni) Prigoschins (der Chef der Truppe Wagner, Anm.) Truppen“, resümiert der Experte.
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