Renaturierung

Eine Chance für die heimischen Moore

Vorarlberg
13.08.2023 16:55

Intakte Moore spielen eine äußerst wichtige Rolle für den Klimaschutz, trotzdem sind viele dieser wertvollen Lebensräume in keinem besonders guten Zustand. Deshalb macht man sich in Vorarlberg an die Renaturierung.

Moore haben sich bis in die heutige Zeit eine Aura des Sagenhaften und Verwunschenen erhalten. Doch die wertvollen Lebensräume für verschiedene Tier- und Pflanzenarten spielen auch eine wichtiger Rolle, wenn es ums Klima geht: sie entnehmen der Atmosphäre CO2 und binden dieses im Torf. Heimische Moore speichern im Durchschnitt allein in den oberen 50 Zentimetern Boden rund vier Lkw-Ladungen Kohlenstoff pro Hektar. Damit das funktioniert benötigen sie allerdings ausreichend Wasser. Und genau hier liegt der Knackpunkt.

Über einen langen Zeitraum wurden zahlreiche Moorflächen urbar gemacht - entwässert, gedüngt oder versiegelt. Torf wurde abgebaut, um als Brenn- oder Baustoff sowie als Dünger zu dienen. Zahlreiche Moorlandschaften sind auf diese Weise zerstört worden. Umso wichtiger ist der Schutz der noch verbliebenen. „Der Erhaltungszustand der Moorlebensraumtypen nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie wird im Monitoringbericht des Umweltbundesamtes von 2020 als ungünstig bis unzureichend eingestuft. Dies trifft auch für die Moore Vorarlbergs zu“, berichtet Christiane Machold von der Abteilung für Umwelt- und Naturschutz des Landes. Vor allem die Moore in tieferen Lagen seien gefährdet.

Situation in Vorarlberg etwas besser als im Osten
Allerdings sei die Situation hierzulande aufgrund der klimatischen Bedingungen etwas besser als im Osten Österreichs, hebt Machold hervor. Gut ein Viertel der österreichischen Moore befindet sich im westlichsten Bundesland und in den vergangenen Jahren sind zahlreiche Bemühungen in Sachen Moorschutz unternommen worden. Dazu zählen unter anderem eine Besucherlenkung, Auszäunung sensibler Gebiete, eine moorangepasste Bewirtschaftung und die Ausarbeitung von Managementplänen sowie Renaturierungsprojekte. „Durch den Verschluss von Entwässerungsgräben konnten die hydrologischen Verhältnisse von insgesamt sechs Hochmooren verbessert werden“, berichtet Machold.

150 Tonnen

Kohlenstoff pro Hektar speichern die heimische Moore im Durchschnitt allein in den oberen 50 Zentimetern Boden. Das entsprich rund vier Lkw-Ladungen.

Eines davon ist das Hochmoor Salgenreute im Naturpark Nagelfluhkette (Bregenzerwald). Dort wurden Ende 2022 entsprechende Maßnahmen durchgeführt, da alte Drainagegräben zu einer Entwässerung der Fläche geführt hätten, berichtet Carola Bauer, Leiterin des Naturparks. Das rund dreieinhalb Hektar große Gebiet beinhaltet auch eine noch bewirtschaftete Streuwiese. Diese sollte auf jeden Fall erhalten bleiben, da sie eine große Artenvielfalt beheimatet. „Die extensive Bewirtschaftung ist wichtig, da die Flächen ansonsten verbuschen würden und somit der Lebensraum zahlreicher Tier- und Pflanzenarten verloren ginge. Die Grundbesitzer leisten hier wertvolle Arbeit“, hebt Bauer hervor.

In diesem Fall habe es nicht viel Überzeugungsarbeit gebraucht, um die Betroffenen in Sachen Moorrenaturierung mit ins Boot zu holen. Probebohrungen und eine Begehung mit Experten wurden unternommen. Es ging darum, herauszufinden, wo Baumaßnahmen Sinn machen. Die Planung durch Fachleute sei bei solch einem Projekt unerlässlich, betont Bauer, da einige Faktoren beachtet werden müssen: „Ist das Moor zu trocken, sterben die Moose und geben das gespeicherte CO2 ab. Ist das Moor zu nass, wird Methan freigesetzt. Es braucht also eine gute Balance zwischen diesen zwei Extremen.“

Bereits ein Jahr vor Beginn der Baumaßnahmen wurden Messpegel in Salgenreute eingesetzt, um nach Projektabschluss konkrete Ergebnisse der Veränderungen zu erhalten. Darüber hinaus führte Sarah Brach vom Institut für Botanik in Wien in Kooperation mit der inatura Dornbirn eine Zustandserfassung der Moose vor der Renaturierung durch. Diese Untersuchung soll in einigen Jahren wiederholt werden, um einen Vergleich zu ziehen.

Moorbagger mit breiterer Bereifung im Einsatz
Im November 2022 konnte schließlich mit den Arbeiten gestartet werden. Insgesamt wurden 28 Bauwerke im Moor eingesetzt. Staudämme aus hauptsächlich natürlichen Materialien wie Weißtanne und Torf sollen künftig verhindern, dass weiterhin Wasser über die alten Gräben abfließt. Dafür musste erst einmal schweres Gerät aufgefahren werden. Für die groben Arbeiten braucht es sogenannte Moorbagger. Diese verfügen über eine breitere Bereifung, damit der Boden möglichst geschont wird. Und so war nach Abschluss aller Baumaßnahmen nicht mehr erkennbar, wo gebaggert wurde. Tümpel haben sich mittlerweile mit Wasser gefüllt, Schwimmmoose gedeihen. Nach kurzer Zeit siedelten sich zudem Gelbbauchunken - eine gefährdete Amphibienart - und verschiedene Libellen in Salgenreute an. Es scheint ganz so, als würde das Moor nur wenige Monate nach den Renaturierungsarbeiten zu neuem Leben erwachen.

Daten & Fakten

Die meisten österreichischen Moore sind nach dem Ende der Würmeiszeit vor etwa 12.000 Jahren entstanden, als zahlreiche Gletscher abschmolzen und Hohlformen mit undurchlässigen Tonablagerungen zurückließen. In der Folge bildeten sich Schmelz-wasserseen, die mit der Zeit zu Mooren verlandeten. Sauergräser (Seggen) und Torfmoose bilden einen Großteil der Vegetation, abgestorbenes Pflanzenmaterial wird aufgrund des hohen Wasserstandes und Sauerstoffmangels nicht abgebaut, sondern zu Torf, einem organischen Sediment. Und so wächst das Moor, langsam aber stetig, rund einen Millimeter im Jahr.

Weitere solche Projekte seien geplant, hängen aber sowohl von finanziellen Ressourcen und der Einwilligung etwaiger Grundbesitzer ab, erklärt Machold. Nach Erstellung der Österreichischen Moorstrategie sei ein österreichweites LIFE-Moor-Projekt bei der Europäischen Union beantragt worden. „Leider stehen wir damit momentan auf der Reserveliste", bedauert Machold. Sie ist überzeugt, dass das Projekt eine große Chance für die Sicherung und Wiederherstellung der Moore im Ländle und anderen Teilen Österreichs wäre.

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