Kakteen und Schädlinge

Fremde Arten überrollen Wien: Schäden sind enorm

Wien
15.08.2023 19:00

Eingeschleppte Arten vertreiben immer öfter heimische Tiere und Pflanzen. Die Schäden sind gewaltig - es braucht Konzepte. 

Kakteen und Palmen statt Kastanienbäumen am Ring? Was für manche eventuell attraktiv erscheint, kommt mit einem heftigen Preisschild. Denn das bedeutet auch, dass die heimischen Pflanzenarten Konkurrenz bekommen und diese neuen Vertreter mit dem Klimawandel besser zurechtkommen. Doch das Szenario könnte schon in einigen Jahrzehnten Realität sein. Biodiversitätsforscher Franz Essl von der Universität Wien hat erste Kakteen- und Hanfpalmen-Sprösslinge bereits im Stadtgebiet entdeckt. Sie wurden - wie tausend andere Arten auch - vom Menschen eingeschleppt und finden durch den Klimawandel auch bei uns mittlerweile erträgliche Lebensbedingungen. Viele dieser Neobiota bleiben harmlos, andere hingegen haben massive Auswirkungen. „Einige gebietsfremde werden für heimische Arten zum Problem - als Räuber, Konkurrenten um Nahrung und Lebensraum oder Überträger von Krankheiten“, erklärt Essl, und „diese sogenannten invasiven Arten können hohe Schäden verursachen“.

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Das Ergebnis hat uns selbst überrascht. Invasive Arten richten mittlerweile so viel Schaden an wie Naturkatastrophen.

(Bild: THOMAS LEHMANN)

Experte Franz Essl

Ausfälle und Krankheiten kosten Millionen pro Jahr
In Ostösterreich gehören dazu beispielsweise Pflanzenarten wie Ragweed mit stark allergenen Pollen oder Tiere wie der Maiswurzelbohrer - ein Käfer, der im Maisanbau der gefährlichste Schädling ist - und die Varoa-Milbe, die bei Imkern gefürchtet ist. Für ein Land, das so von Wäldern und Landwirtschaft abhängig ist, keine gute Nachricht.

Der Maiswurzelbohrer (ganz rechts) gehört jetzt schon zu den absoluten Top-Schädlingen. (Bild: Ess, Krone KREATIV)
Der Maiswurzelbohrer (ganz rechts) gehört jetzt schon zu den absoluten Top-Schädlingen.

Wie hoch die Kosten invasiver Eindringlinge durch Schäden wie Ernteausfälle, Krankheiten und Bekämpfungsmaßnahmen sind, war bisher unbekannt. Doch Essl hat das mit Kollegen nun in Relation gesetzt und kommt zum Schluss: „Das Ergebnis hat uns selbst überrascht. Invasive Arten richten mittlerweile so viel Schaden an wie Naturkatastrophen.“ Einer jetzt vorliegenden Datenbank zufolge verursachten Neobiota zwischen 1980 und 2019 weltweit einen Schaden in Höhe von 1,2 Billionen US-Dollar. Übertroffen wurden diese Schäden nur durch jene von Stürmen, die in diesem Zeitraum 1,9 Billionen US-Dollar betrugen. Dafür liegen die wirtschaftlichen Verluste durch invasive Arten über jenen durch Erdbeben und Überflutungen mit jeweils 1,1 Billionen US-Dollar und sind um ein Vielfaches höher als die Schäden durch Dürren, Waldbrände und andere Naturkatastrophen. Und das Problem: Sie steigen. Die Schäden invasiver Arten sind seit der Jahrtausendwende im Vergleich zum Zeitraum von 1980 bis 1999 um 700 Prozent gestiegen. So kostet die Behandlung der durch Ragweed verursachten allergischen Reaktionen beziehungsweise deren krankheitsbedingte Fehlzeiten rund 80 Millionen Euro pro Jahr - konservativ geschätzt.

Es ist daher wichtig, noch besser als bisher jene Arten frühzeitig zu identifizieren, die unter dem Einfluss des Klimawandels massive Schäden verursachen können. Die Einschleppung dieser Arten gilt es frühzeitig zu verhindern. „Es ist daher wichtig, die seit dem Jahr 2015 gültige EU-Verordnung zu invasiven Arten strikt umzusetzen und durch nationale Gesetze zu ergänzen“, so das Fazit von Franz Essl.

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