„Krone“-Reporter Robert Fröwein flaniert durch die Stadt und spricht mit den Menschen in Wien über ihre Erlebnisse, ihre Gedanken, ihre Sorgen, ihre Ängste. Alltägliche Geschichten direkt aus dem Herzen Wiens.
Mit der Work/Life-Balance ist es so eine Sache. Wie ist sie passend, ausgewogen? Wie wird sie am besten eingesetzt? Stecken wir mittlerweile in zu viel „Work“ und zu wenig „Life“? Oder ist es eigentlich andersrum? Fakt ist: Der Arbeitsmarkt verändert sich radikal und damit einhergehend müssen auch etablierte Gewohnheiten diskutiert werden. Weder werden sich Arbeitgeber mit Ausbeuterverträgen und rigorosen Modernisierungsverschränkungen Freunde machen, noch werden Arbeitnehmer künftig im Utopia Dolce Vita leben können, wo Freizeit wie Milch fließt und die Arbeit nur noch ein lästiges Übel zur Gewissensberuhigung darstellt. Wie in wenig anderen Themenbereichen tut sich hier zunehmend eine Generationskluft auf, die neben den etablierten Problemen Klimawandel, Künstliche Intelligenz oder Digitalisierung diametral zueinanderstehen und dabei aneinander vorbeireden.
Gernot delegiert ein Team aus Mitarbeiterinnen verschiedenen Alters in einem größeren Unternehmen. Er ist grob für jede Form von Organisation zuständig und kann auf seinen Stamm bauen. Mit Mitte 40 befindet er sich genau in der „Zwischenwelt“ der Diskussionsgruppen. Jünger als jene, die mit ihrem Job lange Meetings, Büroanwesenheit und ständige Leistung verbinden. Älter als jene, die ihre Arbeit zwar gewissenhaft erledigen, aber nicht in 40 Stunden oder mehr und schon gar nicht zu familienfeindlichen Zeiten an einem erzwungenen Ort. „Bei der Auswahl der Mitarbeiter überlegt man sich am besten, wie man es selbst gerne hätte“, sagt Gernot, „die Lebensrealitäten jedes Einzelnen sind unterschiedlich. Wichtig ist, dass die Leute motiviert sind und gerne arbeiten. Am Ende des Tages muss alles erledigt sein, darum geht’s.“
Das kann freilich nicht als Pauschalurteil abgetan werden. Tischler, Krankenpfleger, Lehrer, Schlosser oder Sozialarbeiter sitzen nicht im Büro und können erst gar nicht vom etwaigen Home Office profitieren. Doch genau beim Thema „Pauschalurteil“ liege das Problem der Diskussion. „Es wird viel über einen Kamm geschert, obwohl jeder Mensch anders ist. Einer hat Familie, der andere nicht. Einer führt ein Hobby aus, das vielleicht nur an bestimmten Uhrzeiten geht, andere sind grundsätzlich flexibler. Wenn es der Job hergibt, sollte man über Flexibilität nachdenken, damit alle zufrieden sind.“ Viele Unternehmen und Branchen suchen händeringend nach Personal, obwohl die allgemeinen Arbeitslosenzahlen seit längerem niedrig sind. In Gernots Fall haben unterschiedliche Arbeitsauffassungen aber nicht zwingend mit dem Alter zu tun.
„Auch da gibt es große Differenzen. Eine Kollegin, die bereits jahrelang im Unternehmen tätig war, verließ beständig vor ihrem Dienstschluss um 17 Uhr das Büro. Sie war dann auch telefonisch nicht erreichbar. Andererseits habe ich sehr junge Leute, die vor Kreativität und Ideen sprudeln, aber im Leben auch andere Ziele als beruflichen Erfolg haben.“ Ob richtig oder falsch, sieht Gernot nicht als die richtige Frage an. „Viel eher müssten wir uns fragen, wie wir, wenn es der Arbeitsplatz erlaubt, eine Atmosphäre schaffen, wo jedes Mitglied seine Stärken bestmöglich einsetzen kann.“ Kann zunehmende Individualität die Lösung sein, mit der am Ende alle zufrieden sein werden? Gernot ist sich da selbst nicht sicher. Ziemlich sicher ist er sich aber, dass reiner Stillstand nichts weiterbringen wird. „Veränderungen wird es immer geben.“
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