Gretchenfrage Schengen

Scholz & Nehammer: Treffen der kriselnden Kanzler

Politik
18.08.2023 06:00

Österreich will Schengen beenden, Deutschland es retten. Wer kann in Salzburg wen überzeugen?

Der Schengen-Raum ist die größte visumsfreie Zone der Welt. Und gilt als eine der größten Errungenschaften in der Entwicklung der europäischen Gemeinschaft. Nicht zwingend wegen der Reisefreiheit, sondern wegen seiner tieferen Bedeutung. Schengen ist ein Symbol für Freiheit. Und für den Zustand der EU. Denn nur wenn in den Mitgliedsländern alles in Ordnung ist, sind auch die Grenzen offen.

Scholz (li.) und Nehammer im Vorjahr in Berlin (Bild: APA/BKA/DRAGAN TATIC)
Scholz (li.) und Nehammer im Vorjahr in Berlin

Fortgesetzte Schengen-Blockade
Für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist in der EU so einiges nicht in Ordnung. „Deutschland führt zu Österreich nach wie vor Grenzkontrollen durch, das zeigt, dass das Schengen-System strukturell nicht funktioniert“, sagte Nehammer vor dem Besuch des deutschen Kanzlers Olaf Scholz am Freitag in Salzburg. Nehammer wird die Kontrollen ansprechen. Wie Scholz das Veto Österreichs gegen die Erweiterung des Schengenraums um Bulgarien und Rumänien ansprechen wird.

Der deutsche Kanzler gilt als Pragmatiker. Als Mann der Mitte, der mit Konservativen arbeiten kann. Wie mit Angela Merkel bei der letzten großen Koalition. Für Nehammer gab es Lob für sein Treffen mit Putin und Österreichs Teilnahme an Sky Shield, dem eine Intiative von Scholz vorausging. Er bezeichnet Nehammer im Zusammenhang mit Schengen als „skeptischen Freund, den es zu überzeugen gilt“.

So könnte ein Deal aussehen
Politologe Sebastian Heidebrecht von der Uni Wien kann sich einen Deal vorstellen. „Ende der Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich. Dafür Aufhebung des Vetos, aber Stärkung des EU-Außengrenzschutzes.“ Viel Zeit bleibt dafür allerdings nicht. Scholz‘ Aufenthalt in Österreich dauert drei Stunden, ehe er nach Bayern weiterreist. Auch ein Signal, welchen Stellenwert dieser Besuch für den deutschen Kanzler hat.

Innenpolitik steht statt Geopolitik im Vordergrund
Beide stehen in der Kritik. Scholz und die Ampelkoalition sind sich selten bei einem Thema einig, die Kanzlerpartei ÖVP debattiert lieber über Bargeld als über Teuerung, Klima und Energiekrise.

Politologe: Binnenmarkt und Schengen unumgänglich
Scholz hat laut Koalitionsvertrag versprochen, dass Deutschland eine aktive Rolle in Europa einnehmen wird. Das ist man bislang schuldig geblieben. „Europa steht vor geopolitischen Herausforderungen. Klimawandel, Krieg in der Ukraine, aber auch die Positionierung Europas im internationalen Wettbewerb mit China und den Vereinigten Staaten“, so Heidebrecht. Dafür sei ein starker Binnenmarkt unumgänglich und somit auch ein funktionierender Schengenraum.

Für die beiden kriselnden Kanzler wird am Ende nur zählen, „dass sie das Treffen innenpolitisch als Erfolg verkaufen können“, so Experte Heidebrecht.

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