Dienstag rückten die ersten Camper an, am Donnerstag ging es auch musikalisch los - der Auftakt am Frequency verlief ohne große Probleme und hatte das eine oder andere Highlight am Start. Macklemore und Tom Gregory räumten ab, Limp Bizkit stolperten durch die eigene Nostalgiewelle und die Ärzte enttäuschten ziemlich. Heute geht es u.a. mit den Imagine Dragons und Mathea weiter.
Die Gewitterzelle vor dem Festivalauftakt zog am Mittwoch am Kerngelände des Frequency vorbei, so waren die Campingplätze zum offiziellen Festivalauftakt trocken und die Stimmung genauso am Siedepunkt wie die Temperaturen. Gut 32 Grad begleiteten die Fans am Donnerstag gegen 14.20 Uhr, als der kanadische Indie-Musiker Ekkstacy das Festival eröffnete. Vor noch überschaubarem Publikum sang er mit dreiköpfiger Band und einer bauchigen Hendricks-Ginflasche in der Hand über so manch dunkle Themen aus seiner Vergangenheit. Mit Songs wie „I Gave You Everything“, „Wish I Was Dead“ oder „I Walk This Earth By Myself“ bekämpft er in flotten Indie-Songs mit Post-Punk-Touch innere Dämonen. Das von ihm so geliebte Bühnenchaos blieb aus - wohl auch wegen der noch frühen Temperaturen.
Tourende in St. Pölten
„Bei einem Konzert in Polen habe ich so hart geheadbangt, dass ich mit der Nase auf meinem Knie aufschlug und sie mir brach“, erzählte er der „Krone“ vorab im Interview, „die Leute haben es gefeiert und mochten uns dann umso mehr. Wir sollten wohl jede Show versauen, weil die Menschen das mögen.“ Vor gut einem Jahr spielte er in Das Werk in Wien. „Vor meinem Auftritt hatten zwei Leute Sex im Klo. Das habe ich auch noch nie zuvor gesehen. Da soll noch einer sagen, Berlin wäre cooler als Wien.“ Dorthin hätte es Ekkstacy beinahe verschlagen, mittlerweile hat er seinen Heimathafen in New York. „Ich war zu weit weg von meiner Familie und meinen Eltern, das hat mir nicht so gutgetan.“ Direkt nach dem Frequency-Auftritt ging es weiter nach London. „Das Frequency ist die letzte Show meiner Tour. Schade, dass wir so früh auf die Bühne mussten.“
Die Auftaktband auf der Green Stage war gut gewählt. Die aufstrebenden Brit-Pop-Rocker von Only The Poets begeisterten mit Hits wie „Jump!“, „Even Hell“ oder „Waking In The Dark“ eine ordentliche Fanschar. In Österreich sind sie bereits bestens bekannt, spielten sie nicht nur im Vorprogramm von Louis Tomlinson, sondern letzten April auch als Headliner in der randvollen Simm City. „Die Arenen werden immer größer, wir können es kaum fassen“, freute sich Frontmann Tommy Longhurst im „Krone“-Talk, „wir haben natürlich Ziele und Pläne, aber so wie es jetzt läuft, ist es schon großartig.“ Vom Frequency zeigten sie sich begeistert. „Würden wir nicht nach Belgien weiterfliegen müssen, hätten wir Lust auf die Imagine Dragons, Limp Bizkit oder auch BBNO$ - ein großartiges Line-up.“
Punkrock mit Rainhard Fendrich
Punkrock-Fans erfreuten sich parallel dazu auf der Space Stage an KennyHoopla. Der junge Amerikaner stellte sich den Österreichern schon letztes Jahr am Nova Rock vor, seither hat er mit seinem väterlichen Mentor und Blink-182-Drummer Travis Barker noch eine ganze EP eingespielt. Ganz so hoch motiviert war er bei der Hitze und dem sehr spärlichen Publikum aber noch nicht. Später angefangen, früher aufgehört - dazu eine dreiminütige künstlerische Pause zwischen dem Hauptset und der einzigen Zugabe. Auf einem Festival eigentlich ein No-Go. Im Set changierte er - mit weißem Black-Flag-Shirt - zwischen seinen älteren, mehr am Post-Punk und New Wave angelehnten Songs und dem Pop-Punk der Neuzeit. Danach drehte der Kanadier BBNO$ mit einer Mischung aus Rap und Pop so richtig auf - „I Am From Austria“ von Rainhard Fendrich inklusive. Ziemlich schräg.
Neben der großen Partystimmung hing die musikalische Leistung aber etwas durch. Das erste wirkliche Highlight des Tages ging in Form von Tom Gregory erst später am Tag über die Bühne. Der Brite aus Blackpool reüssiert in unseren Breitengraden besser als in seiner Heimat und läuft in den Formatradios auf und ab. „Rather Be You“, „Fingertips“, „Forget Somebody“ oder die neue Single „Never Look Back“ - jeder einzelne Song hatte seine Ohrwurmmomente und brachte die Fans zum Jubeln. Gregory dirigierte seine Fans ganz in Schwarz und brauchte sie und sich zum Schwitzen. Nicht von der Seite wich ihm auf der Bühnenseite Freundin Ana, bekannt von „Germany’s Next Topmodel“. „Unter diesen Umständen trete ich am liebsten auf“, verriet er der „Krone“ nach dem Auftritt, „hohe Temperaturen, gute Stimmung. Genau so, wie ich es liebe.“
Battle of the Turntables
Direkt danach ging auf beiden großen Bühnen erstmals ein Beat-Gewitter nieder. Schwierige Entscheidung, wohin man gehen sollte. Auf der Space Stage tobte sich Robin Schulz aus und versammelte erstmals an diesem Tag die Massen. Bis in den Mittelteil des Hauptgeländes reichten die Menschen und ließen sich von den pulsierenden Tönen auf Touren bringen. Auf der Green Stage hämmerten hingegen die Techno-Stars der Stunde: Meduza. Das Mailänder Trio wurde 2019 mit dem Song „Piece Of Your Heart“ quasi über Nacht in den Top-Himmel gehoben und hat durch Remixes von Ed Sheeran, Dermot Kennedy oder John Legend Kultstatus erhalten. Die Turntables brachte aber Banddrittel ganz Simone Gianni alleine zum Glühen. „Die beiden anderen treten in Mallorca auf, ich wurde mit dem Hubschrauber eingeflogen“, erzählte er uns im Gespräch. Ein Projekt, zwei Gagen. Kein schlechter Deal.
Auch die Red-Bull-Stage im VAZ St. Pölten wurde traditionell bespielt und zeigte am Nachmittag eindrucksvoll, was die österreichische Szene so alles zu bieten hat. Sadi, Ness und Rian lieferten nach der Reihe tolle Performances ab, bis die Berlinerin Dilla einem begeisterten Publikum zeigte, wie man heutzutage Richtung Stimmung in die Hütte bringt: Ihr eklektischer Mix aus Techno, Pop, Rap und Funk-Zitaten war unheimlich erfrischend, leichtfüßig und angenehm anders. Das VAZ wies auch überraschend angenehme Temperaturen auf und spendete so einigen ein bisschen Schatten, auch wenn die 30-Grad-Marke nicht übertroffen wurde und der erste Festivaltag noch im angenehmen Rahmen blieb.
Nostalgie-Revue
Ein sehr seltenes Nostalgiegefühl vermittelte die unkaputtbare Nu-Metal-Schmiede Limp Bizkit auf der Space Stage. Egal, wie oft Fred Durst und Co. unseren Festivals ihre Aufwartung machen, die Flächen füllen sich bis ganz nach hinten. Der am Sonntag 53 werdende Frontmann ging mit Nike-Sneakers, Badehose, übergroßem Eishockey-Shirt, verkehrt aufgesetzten Cap und opulenter Goldkette auf die Bühne und vermittelte das Gefühl eines Weihnachtsmanns auf Crack. Ob die Leute Party machen möchten wie 1999, fragte er unentwegt, und zu diesem Jahr noch nicht Geborene bejahten und setzten zu kleinen Moshpits an. Neben Millenniums-Preziosen wie „Rollin‘“ oder „My Generation“ verbrachte Durst viel Zeit damit, den Märchenonkel zu geben und mit den Kollegen DJ Lethal und Wes Borland zu schäkern.
Vom gefloppten 2021er-Comebackalbum lieferten Bizkit nur das selbstironische „Dad Vibes“ ab, ansonsten vertrauten sie ganz ihren Klassikern aus längst vergangenen Tagen, die nicht nur inhaltlich eher mäßig gut gealtert sind. Borland, standesgemäß im Geisterbahn-Make-Up, bemühte sich wie immer nach Kräften, doch gegen die spindeldürre Stimme Dursts und seinen prolligen Habitus kam die bemühte Qualitätsoffensive nicht an. Durst selbst schwafelte von „Boobs“ und „UFOs“, roch Marihuana in einem Land, „wo das doch illegal ist“, propagierte Kokainkonsum und knüpfte die Nine Inch Nails in sein Set. Am Ende stellte sich die Frage: War das geniale Selbstironie oder eine weitere Demontage einer Band, die längst aus allen Rastern gefallen ist? Wahrscheinlich beides und das ist ja auch eine kleine Sensation.
Eine sichere Bank
Auch die beiden größten Acts des Auftakttages hat man dieses Jahr bereits gesehen. Rap-Topstar Macklemore war im April in der ausverkauften Wiener Stadthalle und begeisterte dort mit einer bunten und feurigen Show. Seinen üblichen Sidekick Eric Nally hatte er am Frequency nicht mit, doch auch ohne ihn überzeugte er mit viel Spielwitz und zur Schau gestellter Frequency-Liebe. Sein insgesamt vierter FRQ-Auftritt in neun Jahren (auch eine Leistung) unterschied sich zwar nicht sonderlich von den letzten Stelldicheins, doch wenn die Qualität immer im oberen Segment angesiedelt ist, braucht man auch keine großen Neuerungen. Macklemore- und Lewis-Klassiker wie „Thrift Shop“ oder „Dance Off“ funktionieren längst aus dem Effeff und „Can’t Hold Us“ sangen die Kehlen noch Hunderte Meter weit zurück. Definitiv ein Highlight des Abends.
Nach einer kurzen Umbau- und DJ-Überbrückungsphase war es Zeit für den ersten großen Headliner des Festivals - die Ärzte. Nur knapp zwei Monate nach dem Nova Rock nun also auch beim zweitgrößten Festival wieder mit dabei. Kreatives Booking sieht anders aus, aber der Zuspruch gibt ihnen recht. Wiewohl sich der Publikumsbereich bei den Ärzten deutlich ausdünnte. Ähnlich wie beim Nova Rock hatte die Band früh mit technischen Problemen zu kämpfen und stolperte durch die ersten Songs. Mit Fortdauer des Konzerts fanden Bela B, Farin Urlaub und Rod Gonzalez etwas besser in die Spur, doch vom Feuer der alten Tage war nichts zu sehen. Schlechte Witzeleien, eine gezwungen wirkende Atmosphäre auf der Bühne und zu viel Kabarett statt Musik. Wie, wenn eine Altherrenrunde mit Kalauer aus dem Gestern die Jugend von heute bespaßen möchte.
Überraschungen mögen ihnen noch immer gut gelingen (zum Beispiel zur Eröffnung den „Schundersong“ zu wählen und nicht das programmatische „Westerland“), doch in gut zwei Stunden Spielzeit schaffte es die Band nur äußert selten, das Publikum zu begeistern. Immer mehr wanderten Richtung Zeltplatz, auch im vorderen Bereich schien das Musikkabarettfeuer der Ärzte auf Sparflamme zu köcheln. Von einigen Hits abgesehen lieferte die „beste Band der Welt“ damit strenggenommen schon zum zweiten Mal in Folge ein Set, das nicht unbedingt den Ansprüchen hielt, die man mit diesem Ruf an sich selbst setzen sollte. Ein maximal medioker Auftritt. Auf der Green Stage feuerte DJ Brennen Heart aus allen Rohren. Der Hardstyle-King ist in Österreich ein gern gesehener Gast. „Ihr wisst einfach, wie es geht“, erklärte er spätnachts im „Krone“-Talk, „Österreich weiß, wie man eine Party in Gang bringt.“
Heute geht es bereits munter weiter - einmal mehr bei vollem Haus. U.a. werden Imagine Dragons, Central Cee oder die Electric Callboys für Stimmung sorgen.
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