Demo in Strandbad
Burkini-Streit: Frauen solidarisch mit Musliminnen
An Italiens Stränden eskaliert die Diskussion um Burkinis. Nachdem es in den vergangenen Tagen in einem Strandbad in Triest zu einem Eklat unter den Badegästen gekommen war, weil muslimische Frauen beim Baden im Wasser körperbedeckende Kleidung trugen, demonstrierten am Sonntagnachmittag Gruppen von Triestinerinnen für das Recht, frei zu baden.
Die Gruppe von Demonstrantinnen versammelte sich im historischen Strandbad „Lanterna“ im Zentrum von Triest. Sie gingen gekleidet ins Wasser und hielten sich an der Hand. Sie erinnerten dabei an die geltende Religionsfreiheit und verwiesen auf das verfassungsmäßige Recht, nach Belieben baden zu können.
Einige Badegäste protestierten gegen Burkini-Demo
Die Initiative löste Spannungen aus. Einige Badegäste protestierten laut gegen die gekleideten Frauen im Wasser.
„Ihr badet hier nicht“
Vor einigen Tagen wollten muslimische Frauen im Strandbad „Lanterna“ bekleidet ins Meer steigen. „Ihr badet hier nicht“, sollen mehrere andere Badegäste ihnen zugerufen haben, wobei sie sich auf hygienische Bedenken beriefen. Andere Strandbesucher widersprachen jedoch sofort. Die Gemüter beruhigten sich erst wieder, als der Sicherheitsdienst des Strandbads eingriff. Daraufhin wurde die Solidaritätsinitiative mit den muslimischen Frauen organisiert.
Bürgermeister gegen Burkinis an Stränden
Zum Streit äußerte sich auch der Bürgermeister von Triest Roberto Dipiazza, der der Rechtspartei Forza Italia angehört. „Darf eine Frau aus Triest im Bikini in Saudi-Arabien baden? Nein. Wenn man in ein anderes Land kommt, sollte man sich nicht nur an die Gesetze, sondern auch an die Traditionen des Ortes anpassen“, sagte Dipiazza laut Medienangaben.
Darf eine Frau aus Triest im Bikini in Saudi-Arabien baden? Nein. Wenn man in ein anderes Land kommt, sollte man sich nicht nur an die Gesetze, sondern auch an die Traditionen des Ortes anpassen.
Roberto Dipiazza, Bürgermeister von Triest (Forza Italia)
„Westliche Strandgepflogenheiten“
Das Thema Burkini erhitzt bereits seit einigen Wochen die Gemüter in Kärntens Nachbarregion Friaul Julisch Venetien. Die Bürgermeisterin der friaulischen Hafenstadt Monfalcone, Anna Maria Cisint, hatte vor einem Monat einen offenen Brief an die muslimische Gemeinschaft gerichtet. Dabei hatte sie sie aufgerufen „westliche Strandgepflogenheiten“ zu beachten und nicht bekleidet im Meer zu baden. Sie sei bereit, den Burkini, eine zweiteilige Badebekleidung für Frauen, die den gesamten Körper mit Ausnahme des Gesichts, der Hände und der Füße bedeckt, zu verbieten.
Ich bin bereit, den Burkini zu verbieten.
Anna Maria Cisint, Bürgermeisterin der friaulischen Hafenstadt Monfalcone
Europas letzte Badeanstalt mit Geschlechtertrennung
Im Sommer ist die ganze Küste bis nach Triest von vielen kleinen Strandbädern belebt. Bei Musliminnen ist das Strandbad „Lanterna“ im Stadtzentrum besonders beliebt, da dort Männer und Frauen streng getrennt baden. Dabei handelt es sich um Europas letzte Badeanstalt mit Geschlechtertrennung, die an theresianische Zeiten zurückreicht. Bis zu 2500 Gäste täglich werden im weiblichen Teil des Bades gemeldet, das sind doppelt so viele als jene im Männerbad. Das Frauen- und Kinderbad ist von dem der Männer durch eine drei Meter hohe Mauer getrennt, im Wasser verläuft ein Seil.
Jeder Versuch, die Geschlechtertrennung abzuschaffen, ist bisher auf erbitterten Widerstand gestoßen. Mehrfach sollte diese „Bade-Apartheid“ abgeschafft werden, aber die Triestiner protestierten so lautstark für den Erhalt, dass sie bis heute gilt. Die Badeanstalt, die 1903 eingeweiht worden ist, als Triest noch zu dem Habsburgischen Reich gehörte, wurde 2009 für 300.000 Euro restauriert. Sie wurde in der Vergangenheit auch von Persönlichkeiten wie Schriftsteller James Joyce besucht. Das Bad „Lanterna“ wird in der Stadt auch „el Pedocin“ genannt, was im Triestiner Dialekt „kleiner Floh“ bedeutet. Laut Tradition wurde dieser Strand von den Soldaten des Kaisers Franz Josef genutzt, um zu baden und sich von den Flöhen zu befreien.
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