Ein Compass weist die Richtung - bzw. zeigt er fix in eine bestimmte. So ist das auch beim so benannten Jeep: Die Motoren werden kleiner und vor allem geht es Richtung Elektro. Den markentypischen Allradantrieb gibt es nur noch via angehängter E-Achse. Wie hier bei der Topmotorisierung mit 240 System-PS. Ein Plug-in-Hybrid mit Stärken und Schwächen, wie „Krone“-Motorredakteur Stephan Schätzl hier im Video-Fahrbericht zeigt.
Prinzipiell ist die zweite Generation des 4,40 Meter langen Kompakt-SUVs schon seit 2016 auf dem Markt, also schon ein alter Hase. Doch seit dem letzten Update 2021 ist es auf der Höhe der Zeit, ohne es mit der Modernität zu übertreiben. So kommt er jetzt mit zwei gut zehn Zoll großen Displays (in der Basis ist der Touchscreen etwas kleiner), darf aber dem Fahrer aber weiterhin mit echten Tasten an Armaturenbrett und Lenkrad sowie einer dezidierten Klimaeinheit entgegenkommen.
Die Displays selbst sind wegen ihrer teilweise unsinnig programmierten Inhalte (siehe Video) nicht der Weisheit letzter Schluss, die Bedienung stellt einen aber nicht vor allzu viele Rätsel. Hey-Jeep-Sprachbedienung, drahtloses Handy-Verbinden und -Laden, Navi, jede Menge Assistenten bis hin zum Autobahn-Piloten (der sich gerne mal abschaltet, ohne das an die große Glocke zu hängen), alles erhältlich. Head-up-Display oder Matrixscheinwerfer wird man nicht erwarten, dafür gibt es einiges an Jeep-Tradition.
Dazu gehören nicht nur der klassische siebensegmentige Kühlergrill und das eine oder andere versteckte Willys-Jeep-Zeichen, sondern immerhin eine gewisse, wenn auch beschränkte Offroad-Tauglichkeit. Die Front ist unten angeschrägt und mit gut 21 Zentimeter Bodenfreiheit ist man der King am Feldweg. Ein wenig Land unter geht auch - die Wattiefe beträgt 48 Zentimeter. Für Allrad sorgt die elektrisch angetriebene Hinterachse; im Schlamm wird man nicht wegen dieser Konstruktion steckenbleiben, sondern weil der Grip der Allwetterreifen bestenfalls für die Straße taugt.
Drei Antriebe zur Wahl
Drei Antriebsvarianten stehen in Österreich zur Wahl: ein 1,5-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 130 PS und zwei Plug-in-Hybride, deren Benziner nur 1,3 Liter Hubraum hat und 130 bzw. 180 PS leistet. In beiden Fällen leistet der E-Motor 60 PS. Die Systemleistung addiert sich schlicht aus den beiden Motoren, sodass der Testwagen namens Compass 1.3 PHEV 240 PS AT 4xe eben auf 240 PS kommt. Aber nicht immer.
E-Motor gibt früh auf
Überschreitet die Tachonadel die 150-km/h-Marke, stellt der Elektromotor den Betrieb ein. Dann muss sich der Verbrenner also allein mit den 1860 kg Leergewicht abmühen, was sich extrem zäh anfühlt und das angegebene Höchsttempo von 200 km/h zu einer rein theoretischen Angabe macht. Außerhalb Deutschlands wird das einigermaßen regelkonform agierende Autofahrer aber nicht wirklich tangieren.
Unterhalb dieses magischen Limits (das sich ohnehin viele Lenker in Österreich als ihr persönliches setzen) ist der Compass richtig spritzig, jedenfalls im Sportmodus. Tempo 100 ist aus dem Stand in 7,3 Sekunden erreicht und ein Tritt aufs Gaspedal wird jederzeit fröhlich quittiert, bisweilen auch mit einem angestrengt hochdrehenden Benziner im sonst auffallend leisen Ambiente.
Die 11,4 kWh große Batterie erlaubt eine offizielle Elektro-Reichweite von 47 Kilometer, real waren es im Test passable 42 Kilometer. Geladen werden kann mit maximal 7,2 kW.
Ist der Akku leer, muss man mit einem Spritverbrauch von 9 l/100 km rechnen, bei ambitionierter Fahrweise gerne auch mehr. Problem: Der Tank fasst nur 36,5 Liter (statt 55 wie beim reinen Verbrenner), die Reichweite ist also sehr überschaubar.
Fehlende Harmonie im Antriebsstrang
So stark Verbrenner und E-Motor im Zusammenspiel andrücken, so unharmonisch agieren sie, was zu einem wesentlichen Anteil die Sechsstufenautomatik zu verantworten hat. Auf der Autobahn nervt ein häufiges, völlig unsinniges Rauf- und Runterschalten, teilweise im Sekundenabstand. Das passiert auch im Normalmodus, aber vermehrt im Sportmodus. Immer wieder heult der Motor kurz auf, nur um sich kurz danach wieder zu beruhigen. Lange Autobahnstrecken machen so keinen Spaß.
Perfekt funktioniert die Bremse. Sie vermittelt unmerklich zwischen echter Bremse und Rekuperation und spricht angenehm an.
Starkes Fahrwerk
Das Fahrwerk ist gerade für schnelle Autobahnetappen bestens geeignet! Der Compass liegt ganz hervorragend und lässt sich selbst bei 200 km/h (bergab) in einer Autobahnkurve nicht aus der Ruhe bringen. In Kurven arbeitet auch die Lenkung gut. Ihre Schwächen hat sie auf Geraden. Weil sie um die Mittenstellung ziemlich indifferent agiert, ist es teilweise anstrengend, geradeaus zu fahren. Wirklich gefühlvoll ist die Lenkung generell nicht.
Geräumiger Innenraum
Das Platzangebot ist angemessen. Man sitzt vorne wie hinten auch als groß gewachsener Mensch gut, dem Fahrer steht eine verschiebbare Mittelarmlehne zur Verfügung, es fehlt lediglich an der Möglichkeit, eine 1,5-Liter-PET-Flasche im Türfach unterzubringen. In den Kofferraum passen 420 bzw. 1230 Liter Gepäck (Verbrenner: 438/1387 Liter).
Die Preise
Basispreis für den Einstiegs-Benziner ist 38.000 Euro. Der starke Plug-in-Hybrid ist erst ab der drittbesten von sieben Ausstattungslinien zu bekommen und kostet mindestens 46.000 Euro. Das ist nicht billig, vor allem angesichts des unharmonischen Plug-in-Hybrid-Antriebs.
Fahrzit
Der Jeep Compass ist ein Gesicht in der Menge und ein unkomplizierter Geselle, der ohne übertriebenen Touch-Wahn auskommt. Die elektrische Reichweite des PHEV kann für manchen Pendler ausreichend sein, in Kombination sorgen die beiden Antriebe für spritzigen Fahrspaß. Ihr unharmonisches Zusammenspiel kann aber auch nerven. Nachricht an den Hersteller: Nehmt Harmonie als Richtung - dann klappt’s besser mit dem Compass.
Warum?
Kompakt-SUV mit Jeep-Ausstrahlung
Brauchbare Elektro-Reichweite
Warum nicht?
Unharmonischer Antrieb
Kleiner Tank
Oder vielleicht ...
... Fiat 500 X, VW Tiguan, Seat Ateca, Peugeot 3008 etc.
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