Weit mehr als geplant
Fast 1500 Schlepper aus ungarischer Haft entlassen
Groß war die Aufregung in Österreich, als bekannt wurde, dass die ungarische Regierung Hunderte verurteilte ausländische Schlepper freilassen will. Dieser Erlass von Ministerpräsident Viktor Orbán soll vor allem die überfüllten ungarischen Gefängnisse ein wenig entlasten. Im Mai war noch von knapp über 800 Personen die Rede. Doch in den vergangenen vier Monaten sind offiziellen Angaben zufolge 1468 wegen Menschenschmuggels verurteilte Strafgefangene in den sogenannten Reintegrations-Vollzug überführt worden - beinahe doppelt so viele wie ursprünglich angekündigt!
Die rechtsnationale Regierung in Budapest hatte bekanntlich Ende April beschlossen, einen Teil der insgesamt 2600 in Ungarn wegen Menschenhandels Verhafteten freizulassen. Das entsprechende Regierungsdekret enthält die Aufforderung an die Freigelassenen, das ungarische Staatsgebiet nach der Haftentlassung „binnen 72 Stunden“ zu verlassen, um den Rest ihrer Strafe in ihrem Heimatland zu verbüßen. Doch Kontrollmechanismen fehlen, daher kommen die Enthaftungen einer Amnestie gleich. In ungarischen Medien ist in diesem Zusammenhang von sechs freigelassenen Häftlingen die Rede, die die Auflagen nicht erfüllt hätten und auf ungarischem Territorium erneut verhaftet worden seien.
Ungarns Vizeinnenminister: Reaktion auf mangelnde EU-Hilfe
Beobachter sehen in der Freilassung eine ungarische Vergeltungsmaßnahme gegen Brüssel aufgrund des anhaltenden Streits um die europäische Migrationspolitik. Der stellvertretende ungarische Innenminister Bence Rétvári hatte erklärt, sein Land habe die Entscheidung „treffen müssen“, weil sich die EU nicht an den Kosten für die Inhaftierung von Menschenhändlern oder den Bau neuer Gefängnisse beteilige. Brüssel reagierte auf die Maßnahme mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens.
Österreich „in ständigem Austausch mit Ungarn“
Die Regierung in Wien hat ihrerseits Gegenmaßnahmen getroffen und in einer ersten Reaktion - neben diplomatischen Bemühungen - die Grenzkontrollen verstärkt. Zu den jüngsten Entlassungszahlen wird im Innenministerium betont: „Österreich ist in dieser Angelegenheit in ständigem Austausch mit den ungarischen Behörden zu den konkreten Fällen.“ Die freigelassenen Schlepper hätten bereits einen Großteil ihrer Strafe verbüßt. Es handle sich vor allem um Schlepper aus Rumänien, Serbien und Ungarn, erklärte der Sprecher weiter. „Eine entsprechende Sensibilisierung der kriminalpolizeilichen Einheiten in Österreich ist dennoch bereits im Mai erfolgt. Die kritische Haltung Österreichs zu dieser ungarischen Maßnahme wurde bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht.“
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