Deeskalieren, beruhigen, abschwächen, besänftigen - diese Schlagworte haben in der Causa „ÖVP-Postenduell Tursky-Anzengruber“ um die Spitzenkandidatur für das Bürgermeisteramt in Innsbruck derzeit oberste Priorität. Zudem, möglichst schnell wieder aus der negativen Berichterstattung der „bösen Medien“ herauskommen. Aber wie soll das gehen? Mit Ausschweigen?
Letzteres ist wohl auch mit ein Grund, warum man von den obersten Chefs des Wirtschaftsbundes – sowohl Florian Tursky als auch Johannes Anzengruber sind Mitglieder dieses ÖVP-Ablegers – nichts hört. Denn: Was sagt eigentlich der Obmann des Wirtschaftsbundes, Franz Hörl? Jener Zillertaler also, der sehr gerne zu sehr vielen Themen etwas sagt, da und dort Dampf ablässt – nicht nur bei der aktuellen Debatte um das Wasserstoff-Märchen rund um die Zillertalbahn. Er sagt – richtig: Null! Hörl als stillschweigender Obmann eines ÖVP-Bundes – eine Rolle, in die der langjährige Nationalrat eher selten schlüpft.
„Kein Öl ins Feuer gießen“
Zumindest nach außen hin ruhig ist auch Mario Gerber, seines Zeichens Wirtschaftslandesrat und Obmann des Wirtschaftsbundes Innsbruck. Betonung auf nach außen. Hinter den Kulissen sieht das schon anders aus. In einem internen Schreiben an die „liebe WB-Ibk-Familie“ bezeichnet er Vizebürgermeister Anzengruber als ein „sehr geschätztes und fleißiges Mitglied in unseren Reihen“. Er habe sich aber eigenständig und ohne Absprache im Wirtschaftsbund dazu entschlossen, öffentlich den Anspruch auf die Spitzenkandidatur zu stellen.
Das sei legitim, sagt Gerber, fügt aber hinzu: „Die Art und Weise unterstütze ich nicht. Und das hätte ich Hannes auch gesagt, wenn er das Gespräch oder den Austausch hierzu mit mir gesucht hätte.“ Nun sei „viel Dynamik in dieser Causa“, so der Wirtschaftslandesrat, der versichert, „sehr respektvoll und vorsichtig mit der Situation umzugehen“, gleichzeitig aber an alle Mitglieder den dringenden Appell richtet, „kein Öl ins Feuer zu gießen“.
Ruhig ist auch Staatssekretär Florian Tursky, dem man nun vorwirft, mit einem Medienbericht Auslöser für das ganze Fiasko zu sein.
Hingegen alles andere als still ist einer der Hauptprotagonisten, Johannes Anzengruber. Er scheint sich nicht einbremsen zu lassen, ist überzeugt, dass er der Richtige für den Kampf um den Bürgermeistersessel in der Landeshauptstadt ist. Voraussetzung wäre freilich, dass er gewählt wird. Dieses nicht unwichtige Detail wird bei der Verteilung der Mandate im Vorfeld einer Wahl sehr gerne von den Parteien vergessen, was dann die vielen langen Gesichter am Abend einer Wahl erklärt.
„Lockangebot“ abgelehnt
Dass ein Mandatar ein „Lockangebot“ ablehnt - wie es Anzengruber selbst nennt -, nämlich der Tausch „Bürgermeisterkandidatur gegen fixes Nationalratsmandat“, ist wohl auch eher selten, zumindest in der Öffentlichkeit. Interessant ist aber auch, wie Johannes Anzengruber diese Entscheidung argumentiert.
Ich stehe für eine ehrliche Politik und könnte meinen Unterstützern und Freunden nicht in die Augen schauen, bei so einem Postenschacher mit dabei zu sein.
Johannes Anzengruber in einem internen Schreiben
In einem internen Schreiben, ebenfalls an die WB-Mitglieder, betont er: „Ich stehe für eine ehrliche Politik und könnte meinen Unterstützern und Freunden nicht in die Augen schauen, bei so einem Postenschacher mit dabei zu sein.“ Deshalb wolle er auch eine Basisbefragung. Konkret: Wen wollt ihr in Innsbruck? Tursky oder mich? Anzengruber scheint überzeugt zu sein, dass er aus so einer Abstimmung als Sieger hervorgehen würde.
Als Trumpf-Ass hat Anzengruber wohl eine Umfrage im Ärmel, die im Februar erfolgte und vom Wirtschaftsbund in Auftrag gegeben wurde (Schwankungsbreite +/- 5%). Diese besagt, dass Anzengruber in einer Direktwahl Bürgermeister Georg Willi mit 23 bis 25 Prozent am nächsten kommen würde. Willi läge bei 26 bis 28 Prozent. Aber wie ÖVP-Umfragen entstehen und was sie wirklich wert sind, das wurde ja zuletzt immer öfter kritisiert und in Zweifel gezogen.
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