Ungefähr jede zehnte Person in Österreich lehnt Wissenschaft komplett ab. Dieser Wert ist in den vergangenen Jahren weitgehend gleich geblieben, wie unterschiedliche Umfragen zeigen. Die Covid-19-Pandemie hat jedoch zu mehr Aufmerksamkeit für das Thema geführt.
Dazu trugen eine Impf- und Maßnahmenskepsis sowie Anfeindungen von Forscherinnen und Forschern bei, die aktuelle Ergebnisse zu Covid-19 veröffentlicht hatten. Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) beauftragte daraufhin das Institut für Höhere Studien (IHS) damit, Ursachen von Wissenschafts- und Demokratieskepsis in Österreich zu untersuchen. „Wer Wissenschaft angreift, greift auch die Demokratie an“, sagte er am Montag. Wissenschaftsskepsis sei eine „Bedrohung unserer freien, demokratischen Gesellschaft.“
Das Forschungsteam konnte jedoch bis zu einem gewissen Grad beruhigen: Der Großteil der österreichischen Bevölkerung sei der Wissenschaft und Demokratie gegenüber positiv eingestellt. Die vorhandenen Daten würden nicht bestätigen, dass Österreich im Vergleich mit anderen EU-Staaten unter den besonders wissenschaftsskeptischen Ländern sei, sagte Studienleiter Johannes Starkbaum. Er und sein Team analysierten die Daten mehrerer Studien und Umfragen erneut, sprachen mit Fachleuten und der Bevölkerung.
Klimawandel nicht menschengemacht?
Als wissenschaftsskeptisch gilt der Studie nach, wer etwa denkt, dass Viren in staatlichen Laboren erzeugt wurden, um Menschen zu kontrollieren. Ein weiteres Beispiel ist die Annahme, dass es bereits ein Krebs-Heilmittel gibt, das aber aus kommerziellen Interessen zurückgehalten wird. Diesen Aussagen stimmten 23 Prozent beziehungsweise etwas mehr als jede fünfte Person (21 Prozent) zu. Vergleichsweise mehr Menschen (31 Prozent) sind der Ansicht, dass der Klimawandel hauptsächlich durch natürliche Zyklen entsteht.
Hier sehen Sie die Zustimmung zu den abgefragten Aussagen im Detail.
Wissenschaft vs. Politik
Allen abgefragten Aussagen stimmte nur ein Prozent der Befragten zu. Wenig Vertrauen in die Wissenschaft und Skepsis haben vor allem Junge, Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss, politisch Rechte und Personen, die mit der Demokratie beziehungsweise ihrem eigenen Leben unzufrieden sind. „Personen, die Parteien als das Hauptproblem des Landes identifizieren, direkte Volksentscheide der repräsentativen Demokratie vorziehen und eine starke Führungspersönlichkeit an der Spitze installiert sehen möchten, die nicht durch Parlament und Wahlen beschränkt wird und politische Entscheidungen allein trifft, vertrauen Wissenschaft weniger und sind mit der Demokratie unzufriedener“, heißt es in der Studie.
Manche Befragte unterschieden wenig zwischen Forschenden und Politikerinnen sowie Politikern.
Polaschek will Vertrauen jetzt stärken
Starkbaum empfiehlt einen Austausch der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der Bevölkerung auf Augenhöhe, um Berührungsängste zu nehmen. Dieses Engagement solle auch für die Wissenschaftskarriere angerechnet werden. Polaschek kündigte innovative Projekte an, „um die Menschen über den Schulbereich hinaus quer durch die gesamte Gesellschaft mehr noch positiv mit der Welt der Wissenschaft zu konfrontieren, um das Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken und damit auch das Vertrauen in die Demokratie.“ Wissenschaft müsse in das Alltagsleben aller Menschen gebracht werden.
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