„Künstlicher Krieg“
Nun werden Abayas aus Frankreichs Schulen verbannt
Das islamische Kopftuch ist an französischen Schulen genauso wie jüdische Kippas und christliche Kreuze seit 2004 verboten. Nun will Frankreichs Bildungsminister Gabriel Attal auch das Tragen einer Abaya, eines muslimischen Überkleids, in den Schulen des Landes verbieten. Dies hat eine erneute Debatte über den Laizismus (Trennung von Kirche und Staat) entfacht. Muslime sehen sich dabei einer größeren Stigmatisierung ausgesetzt.
„Ich habe entschieden, dass in der Schule keine Abaya mehr getragen werden darf“, sagte Bildungsminister Attal am Sonntag dem Fernsehsender TF1. Er werde den Schulleitern „klare Regeln auf nationaler Ebene“ vorgeben, bevor der Unterricht am 4. September landesweit wieder aufgenommen wird. „Der Laizismus bedeutet die Freiheit, sich durch die Schule zu emanzipieren“, fügte der Minister hinzu. Nach seinem Amtsantritt Ende Juli hatte er erklärt, dass der Schulbesuch in einer Abaya „eine religiöse Geste“ sei und er dagegen vorgehen werde.
Laut einer der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Statistik französischer Behörden nahmen Verstöße gegen das Laizismusgebot zwischen den Schuljahren 2021/2022 und 2022/2023 um 120 Prozent zu. In den meisten Fällen ging es dabei um das Tragen von religiösen Kleidungsstücken und Symbolen.
Warnungen vor „Kleiderpolizei“
Linke Politiker warnten dennoch vor einer „Kleiderpolizei“ an Schulen und meinte, diese Anordnung sei verfassungswidrig. „Es ist traurig zu sehen, wie der Schulanfang politisch durch einen neuen absurden, völlig künstlichen Religionskrieg wegen eines weiblichen Kleidungsstücks polarisiert wird“, schrieb der linksgerichtete Politiker Jean-Luc Mélenchon im Kurzbotschaftendienst X (früher Twitter). Über ein mögliches Verbot der Abaja wird seit Monaten in Frankreich debattiert, rechtsgerichtete Politiker forderten dies ein.
Es ist umstritten, ob die bodenlangen Gewänder tatsächlich ein Zeichen von Religionszugehörigkeit sind, oder lediglich ein traditionelles Kleidungsstück aus dem Nahen Osten. „Die Abaya ist kein religiöses Kleidungsstück, sondern eine Form der Mode“, sagte Abdallah Zekri, der Vizepräsident des französischen Rates der Muslime. In der arabischen Welt sei die Abaya „nicht grundsätzlich oder ursprünglich ein religiöses Kleidungsstück“, sagt auch Haoues Seniguer, Islamexperte am Institut für politische Studien in Lyon. Das hänge davon ab, welche Bedeutung die Trägerin der Abaya beimesse.
Regierung sieht in Abaya „politischen Angriff“
Für Regierungssprecher Olivier Véran sind Abajas „offensichtlich“ religiöse Kleidungsstücke und „ein politischer Angriff“, wie er dem Fernsehsender BFMTV sagte. Er verglich das Tragen des Überkleides mit dem Versuch, Menschen zum Islam zu bekehren. Die französische Verfassung garantiert das Recht auf freie Religionsausübung, verpflichtet aber den Staat und die Staatsbediensteten zur Neutralität.
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