Trotz sinkender Bezieher-Zahlen hat Wien 2022 mehr für Mindestsicherung ausgegeben als je zuvor, konkret 755 Millionen Euro. Das entspricht einem Drittel des gesamten Sozialbudgets der Stadt. Und die Zahlen steigen weiter.
Zuerst die gute Nachricht: Die Zahl der Bezieher von Mindestsicherung in der Stadt ist 2022 mit 134.303 Personen wieder auf das Niveau von vor der Flüchtlingskrise 2015 gesunken. Das ist ein kleines Minus von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr, wobei es auch zu bedenken gilt, dass die ganze Stadt in einem Jahr um drei Prozent gewachsen ist. Umgekehrt gibt es aber nicht nur eine schlechte Nachricht, sondern mehrere.
„Letztes Netz“ muss immer mehr auffangen
Das „letzte Netz“ der sozialen Sicherheit, wie Stadtrat Peter Hacker die Mindestsicherung nennt, hat die Stadt mehr denn je gekostet, nämlich 755 Millionen Euro - ein Drittel des gesamten Sozialbudgets der Stadt. Dafür macht die Stadt vor allem den Bund, aber auch die allgemeine Wirtschaftslage - Stichwort Inflation - verantwortlich. Tatsächlich haben inzwischen schon 70,3 Prozent der Bezieher von Mindestsicherung auch anderes Einkommen, von AMS-Leistungen bis zu Gehältern, leben aber trotzdem unter der Armutsgrenze und haben damit in Wien ein Recht auf Mindestsicherung.
11.500 arbeiten Vollzeit
Die Stadt verweist etwa darauf, dass sich das „Working Poor“-Phänomen immer mehr auch in der Mindestsicherung bemerkbar macht: 11.500 Bezieher von Mindestsicherung etwa hatten 2022 einen Vollzeitjob, der aber nicht genug für die Deckung der Lebenshaltungskosten einbrachte. Anderen Bezugsberechtigten - von Kindern über Menschen in AMS-Betreuung bis hin zu Pensionisten - wiederum sind die Zuwendungen des Bundes angesichts der Inflation „weggeschmolzen“, was Wien mit der Mindestsicherung ausgleicht.
40 Prozent der Bezieher von Mindestsicherung sind österreichische Staatsbürger, sieben Prozent EU-Bürger. 52 Prozent kommen aus Drittstaaten (davon 42 Prozent Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte), ein Prozent sind Staatenlose.
Sieben Prozent der Wiener beziehen Mindestsicherung
Mit 12 Millionen Euro beziffert die Stadt allein die Kosten, die durch gesunkene AMS-Zuwendungen entstanden sind. Als weitere Kostenfaktoren, bei denen die Stadt den Bund in der Pflicht sieht, nennt Hacker etwa Pensionen - 16,1 Prozent der Mindestsicherungsbezieher sind Pensionistinnen und Pensionisten - und Zuwendungen an Familien: Knapp ein Drittel der Bezieher sind Kinder. Insgesamt beziehen sieben Prozent der Wiener Bevölkerung Mindestsicherung.
Zahlen steigen weiter
Es kommt aber noch schlimmer, denn die Zahlen von 2022 werden von der aktuellen Entwicklung in den Schatten gestellt: Im Moment sind die Bezieherzahlen wieder auf das Niveau von 2021 gestiegen. Hacker hat in Aussicht gestellt, dass die Stadt an anderer Stelle sparen wird müssen, wenn der Bund nicht mehr für die Sozialversorgung tut. Die Bezieher von Mindestsicherung werden ihren Teil beitragen müssen. So soll etwa das derzeit intensive Programm zur (Wieder)eingliederung in den Arbeitsmarkt für junge Erwachsene in Zukunft auch auf ältere arbeitsfähige Erwachsene ausgedehnt werden. Und die Stadt holt sich inzwischen auch so viel zurück, wie sie nur kann: Ganze 42 Millionen flossen letztes Jahr an Rückzahlungen, aber auch über Forderungen aus Verlassenschaften wieder zurück an die Stadt.
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