„Sollen Krach machen“

Putsch in Gabun: Präsident ruft „Freunde“ zu Hilfe

Ausland
30.08.2023 18:23

In Gabun in Zentralafrika hat das Militär die Regierung weggeputscht und Präsident Ali Bongo Ondimba unter Hausarrest gestellt. Bongo will sich gegen den Militärputsch wehren: In einem Video rief der abgesetzte Präsident jetzt seine „Freunde“ dazu auf, ihn zu unterstützen und „Krach“ zu machen.

In dem in Onlinemedien veröffentlichten undatierten Clip (siehe oben) sagt Bongo auf Englisch: „Ich sende eine Nachricht an alle Freunde auf der Welt, um ihnen zu sagen, dass sie Krach machen sollen“. Er und seine Familie seien festgenommen worden, sagt der 64-Jährige in dem Video. „Mein Sohn ist irgendwo, meine Frau ist an einem anderen Ort und ich bin in der Residenz und nichts passiert, ich weiß nicht, was los ist.“ „Ich rufe Sie dazu auf, Krach zu schlagen“, wiederholt Bongo dreimal. Die Nachrichtenagentur AFP konnte zunächst nicht feststellen, wo und wann das Video aufgenommen wurde.

Sohn wegen „Hochverrat“ festgenommen
Zuvor hatten die Putschisten in einer Fernsehsprache erklärt, Bongo stehe unter Hausarrest und befinde sich im Kreise seiner Familie und Ärzte. Einer seiner Söhne sei wegen „Hochverrats“ festgenommen worden, gaben die Anführer des Staatsstreichs weiter bekannt. Wo Bongo und seine Familie festgehalten werden, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Die Präsidentenfamilie beherrschte Gabun 56 Jahre lang.

Präsident Bongo rief per Video zu Unterstützung auf. (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Präsident Bongo rief per Video zu Unterstützung auf.

Die Militärs hatten zuvor das „Ende des derzeitigen Regimes“ verkündet und erklärt, die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom vergangenen Wochenende zu annullieren sowie „alle Institutionen der Republik“ aufzulösen. Den Staatsstreich begründeten sie mit der „unverantwortlichen, unvorhersehbaren Regierungsführung“ von Präsident Bongo, die zu einem „kontinuierlichen Verfall des sozialen Zusammenhalts“ geführt habe, der das Land „ins Chaos“ zu stürzen drohe. Sie gaben an, für das „Komitee für den Übergang und die Wiederherstellung der Institutionen“ zu sprechen. Unter den Putschisten befanden sich Mitglieder der Republikanischen Garde, einer Eliteeinheit des Präsidenten, sowie Soldaten der regulären Armee und Polizisten.

Jubel über Militärputsch
In der Hauptstadt Libreville waren kurz nach der Fernsehansprache kurzzeitig Schüsse zu hören. In verschiedenen Vierteln der Hauptstadt und anderer Städte versammelten sich Hunderte Menschen, die hupend durch die Straßen fuhren und „Gabun ist befreit!“ und „Bongo raus!“ riefen. Das Internet war nach mehrtägiger Sperre im Gefolge der Wahlen am Mittwoch wieder zugänglich. In dem ölreichen Land, das auch Mitglied des Erdölkartells OPEC ist, leben auf der dreifachen Fläche Österreichs rund 2,3 Mio. Menschen.

Der Militärputsch ist der jüngste in einer Reihe von Staatsstreichen in Afrika:

„Wird Instabilität verstärken“
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell gab sich angesichts der Nachricht über einen erneuten Putsch in Afrika innerhalb kurzer Zeit besorgt. „Wenn das bestätigt wird, ist das wieder ein Militärputsch, der die Instabilität in der Region verstärken“, betonte er am Rande des informellen EU-Verteidigungsministerrates im spanischen Toledo am Mittwoch. „Das ist ein großes Thema für Europa“, unterstrich Borrell. „Das ist eine sehr schwierige Situation und die Minister müssen sich genau überlegen, was dort passiert und wie wir unsere Politik gegenüber diesen Ländern verbessern können.“

Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich verurteilte den Putsch. Paris bekräftige seinen Wunsch, dass die Ergebnisse der Wahlen vom vergangenen Wochenende in Gabun „respektiert werden können, sobald sie bekannt sind“, erklärte Regierungssprecher Olivier Véran am Mittwoch. Die französische Premierministerin Élisabeth Borne sagte, man verfolge die Vorgänge aufmerksam.

Moskau „zutiefst besorgt“
Der chinesische Außenamtssprecher Wang Weibin forderte „alle Seiten“ in Gabun auf, Konflikte friedlich zu lösen, die Ordnung wiederherzustellen und die Sicherheit von Präsident Bongo zu garantieren. „Zutiefst besorgt“ wegen des Staatsstreichs in Gabun zeigte sich auch Russland. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte in Moskau, Russland „verfolgt genau, was dort passiert“.

Die Regierung in Gabun war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar. Im Land hatten am Samstag Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattgefunden. Nur kurz zuvor hatte die Wahlkommission den langjährigen Staatschef Bongo zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt. Der Präsident habe bei der Abstimmung nach offiziellen Angaben 64,27 Prozent der Stimmen erhalten.

In der Hauptstadt Libreville gab es Applaus für die Soldaten. (Bild: APA/AFP)
In der Hauptstadt Libreville gab es Applaus für die Soldaten.

Vorwurf von Wahlbetrug
Die Wahlen am Samstag waren überschattet von Betrugsvorwürfen und Unregelmäßigkeiten. Wahllokale öffneten nach Berichten der Opposition zu spät oder gar nicht, zudem fehlten die Stimmzettel mit dem Namen von Bongo-Herausforderer Albert Ondo Ossa in vielen Büros. Ondo Ossa warf Bongo „Betrug“ vor und erklärte sich selbst zum rechtmäßigen Gewinner der Wahl. Die Regierung von Bongo verhängte noch vor Schließung der Wahllokale eine landesweite Ausgangssperre und beschränkte den Zugang zum Internet, um die Verbreitung von „Falschinformationen“ und Aufrufen zur Gewalt zu unterbinden.

Bongo hatte 2009 seinen verstorbenen Vater Omar Bongo Ondimba abgelöst, der seinerseits das Land seit 1967 regiert hatte. Eine erste Wiederwahl 2016 hatte Bongo mit einem Vorsprung von nur rund 5000 Stimmen gegen den Diplomaten und Politiker Jean Ping gewonnen. Ihm wurde auch damals Manipulation vorgeworfen. In der Folge kam es zu schweren Ausschreitungen. Im Jänner 2019 fand während eines längeren Auslandsaufenthalts Bongos nach einem Schlaganfall ein Putschversuch gegen ihn statt, der jedoch umgehend niedergeschlagen wurde.

Auf den Straßen von Libreville wurde der Putsch mit Jubel begrüßt. (Bild: APA/AFP)
Auf den Straßen von Libreville wurde der Putsch mit Jubel begrüßt.

Familie Bongo lebt im Luxus
Der Familie Bongo wird seit langem Korruption vorgeworfen. Sie gilt Berichten zufolge als eine der reichsten Familien der Welt, besitzt eine private Flugzeugflotte, etliche Luxusautos und soll gemäß der Nichtregierungsorganisation Transparency International Dutzende Residenzen in Frankreich im Wert von vielen Millionen Euro besitzen.

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