Die Angst ging um, dass viele psychisch kranke Straftäter am 1. September aufgrund einer Novelle ohne Auflagen freikommen würden. Im Ministerium schob man einen Riegel vor.
Josef Fritzl, der seine Tochter 25 Jahre lang im Keller gefangen hielt und sieben Kinder mit ihr zeugte. Der 2011 für den grausamen Mord an seiner Ex-Freundin zu lebenslanger Haft verurteilte Philipp K. Oder Estibaliz C., die „Eislady“, die die Leichen zweier getöteter Männer in einer Eistruhe in Wien-Meidling einbetonierte. Sie alle sind vom Maßnahmenvollzug betroffen. Die „Maßnahme“ wird vor allem gegen geistig abnorme Rechtsbrecher verhängt, denen die Zurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt ihrer Tat abgesprochen wurde. Sie ist zeitlich unbegrenzt – Aussicht auf Bewährung gibt es nicht.
Nun gingen jedoch wegen einer Gesetzesnovelle nicht nur unter Strafrechtsexperten die Wogen hoch, der Aufschrei war groß.
Reform barg Risiko
Die Hürden wurden erhöht, eine Einweisung in die „Maßnahme“ sollte nicht mehr leicht möglich sein. Man hob die Mindeststrafdrohung auf drei Jahre an, Jugendliche hätten nur noch ab zehn Jahren Haft eingewiesen werden sollen. Das Problem: Auch rückwirkend hätten Häftlinge, die nach den neuen Regeln nicht hätten eingewiesen werden dürfen, aus den forensisch-therapeutischen Zentren, wie sie nun heißen, entlassen werden müssen - egal, wie lange sie schon sitzen und wie lange die Tat zurückliegt.
Die Folge: Am 1. September hätte die Entlassung von neun, in weiterer Folge von 50 potenziell gefährlichen Insassen gedroht. Und diese hätten sich keinerlei Auflagen, etwa einer Behandlung, unterwerfen müssen. Ein „enormes Sicherheitsrisiko für die Menschen“, wie etwa SPÖ-Sicherheitssprecherin Selma Yildirim meinte.
Keine unbedingten Entlassungen
Im Justizministerium beruhigt man nun aber. Auf Anfrage der „Krone“ heißt es, dass es mit 1. September zu keinen unbedingten Entlassungen kommen wird. Im Schnellverfahren wurden Anpassungen im Jugendgerichtsgesetz vorgenommen und verpflichtende Fallkonferenzen verankert, an denen Vollzugsbeamte, Psychiater, Vertreter der Bewährungshilfe und der Nachbetreuung, aber auch Angehörige teilnehmen sollen. Dort werde geklärt, welche Bedingungen bei der Nachbetreuung erfüllt sein müssen, um Voraussetzungen für eine vorzeitige Entlassung zu schaffen.
Die altbekannten Probleme löst auch diese Novelle der Novelle nicht. Nachdem ein Kenianer 2016 am Brunnenmarkt eine Frau (54) mit einer Stange erschlagen hatte und die Behörden massiv kritisiert worden waren, stieg die Zahl der Einweisungen stark. Mit 1565 Häftlingen bei einer Kapazität von 1116 Plätzen ist die „Maßnahme“ heillos überbelegt.
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