Auf der IAA Mobility in München zeigt Volkswagen den komplett neuentwickelten Passat Variant. Während das äußere Erscheinungsbild nur leicht verändert wurde, konzentrierten sich die Ingenieure auf den Motorraum. Das sorgt für Vielfalt. Was fehlt, ist nur die Limousine.
Als VW vor 50 Jahren den ersten Passat ins Schaufenster stellte, war das eine Zeitenwende. Weg vom luftgekühlten Boxer-Heckmotor des eher glücklosen Typ 3. Die zweitürige Schrägheck-Limousine wurde endlich zeitgemäß von einem Vierzylinder-Reihenmotor befeuert, übernahm von seinem Schwestermodell Audi 80 den Frontantrieb und konnte sich dank seines 1,3-Liter-Motors mit 55 PS und 150 km/h auch mal auf die linke Spur der Autobahn wagen. 1974 startete dann der 4,20 Meter lange Kombi, bei Volkswagen Variant genannt.
Ein halbes Jahrhundert später, nach inzwischen mehr als 30 Millionen verkaufter Passat, kommt jetzt die neunte Generation zu Preisen ab rund 40.000 Euro. Die Stufenheck-Limousine ist Vergangenheit, künftig wird es nur noch den Kombi geben, ob als typisches Vertreterauto für Langstrecken oder als Familienkutsche für all jene, die einem SUV nichts abgewinnen können.
Ganz schön gewachsen
Der Neue ist 4,91 Meter lang, nochmal 14 Zentimeter länger als der jetzige Variant und satte 70 Zentimeter länger als der Urahn von einst. Dank des um fünf Zentimeter verlängerten Radstandes, der voll der Beinfreiheit des Rücksitzpassagiere zugutekommt, eignet sich der Passat als komfortables Reisemobil. Mit seinem Kofferraum von 1920 Litern schafft er ordentlich was weg, ob vom Möbelhaus bis vor die Wohnung, als mit Warenproben beladener Vertreter-Dienstwagen oder als treuer Lastenesel für all die familiären Bedürfnisse.
Das alles verpackten Designer und Ingenieure in ein modernes Innen- und Außenleben. Dabei fallen die Änderungen an der Außenhaut wohl auch deshalb eher dezent aus, um die Millionenherde aktueller Besitzer nicht mit einem komplett neuartigen Design zu verschrecken.
Das Neue fällt kaum auf
Nur wer genau hinschaut, entdeckt die feinen Details. Beispiel Frontpartie: Die Motorhaube, deren Mitte tiefer liegt und dann nach außen ansteigt. Beim jetzigen Modell ist es umgekehrt. Das formt wuchtigere Kotflügel als bisher. Die LED-Scheinwerfer mit zwei Modulen, deren obere Tagfahrlichter durch eine Lichtleiste über den schmalen Grill miteinander verbunden sind sorgen so für ein freundliches Gesicht. Dazu trägt auch der große untere Lufteinlass bei, dessen vier Chromleisten eher für Eleganz als für aggressive Grimmigkeit stehen.
Am Heck macht jetzt ein wagenbreites Leuchtenband oberhalb der Rückleuchten auf sich aufmerksam und verhilft zu mehr optischer Breite, als es das um nur zwei Zentimeter auf jetzt 1,85 Meter gewachsene Maß vermuten lässt. Auffallend am Hinterteil sind auch der Dachkantenspoiler und die schmalen Scheibenelemente, die zusammen für bessere Aerodynamik sorgen. In Summe wurde der sogenannte Luftwiderstandsbeiwert des neuen Passat von cW 0,31 auf 0,25 gesenkt. „Besser als die meisten Sportwagen“, sagt VW. Dabei hilfreich ist auch die elektrisch gesteuerte Kühlerjalousie, die nur so viel frische Luft durchlässt wie nötig.
Plug-in-Hybride mit Schnellladefähigkeit
Die neue Vielfalt unter der Motorhaube sorgt für die Qual der Wahl. Für reichlich Strom sorgen nur die beiden Varianten mit Plug-in-Hybrid (204 PS bzw. 272 PS). Sie kombinieren einen 1,5-Liter-Benziner mit einem Elektromotor, der von einer 19,7 kWh-Batterie versorgt wird. Damit will VW die 100-km-Schwelle bei der elektrischen Reichweite überspringen. Da auch an einer 50-KW-Säule angedockt werden kann, könnte dieser Passat auch für die Vielfahrer interessant sein.
Erstmals in der Business-Klasse ist ein Mildhybrid mit 150 PS im Warenkorb. Gleicher Motor wie bei den Stecker-Modellen, aber zusätzlich mit spritsparender Zylinderabschaltung. Mit an Bord auch eine 48-Volt-Batterie und ein Riemen-Startergenerator. Dadurch kann der Benziner im Fahrbetrieb oft automatisch stillgelegt werden und den Passat so „segeln“ lassen.
Für die Klassik-Fans stehen fünf Zweiliter-Verbrenner bereit. Zwei Benziner mit 204 PS oder als Allradler mit 265 PS. Hinzu kommen vier Diesel von 122 PS bis 193 PS (Allrad). Ein reines E-Auto ist für den Passat nicht vorgesehen. Hier verweist VW auf die ID-Familie.
Ein bisschen ID im Innenraum
Von den Wolfsburger E-Autos ist auch der Innenraum des neuen Passat inspiriert. Das komplette Cockpit mit vielen Elementen der ID-Modelle wurde für den Bestseller neu entwickelt. Ein zum Fahrer hin geneigtes 15-Zoll-Display ist in einer Sichtlinie mit dem 10,25-Zoll-Bildschirm hinter dem Lenkrad verbunden. Es ist intuitiv bedienbar, versteht aber auch Sprachbefehle. Gab es bisher ein Head-up-Display mit einer ausfahrbaren Projektionsfläche, werden die Informationen jetzt virtuell auf die Windschutzscheibe gespiegelt.
Zudem schafft VW jetzt auch Platz in der Konsole zwischen den Vordersitzen. Der herkömmliche Schalthebel ist in deutlich verkleinerter Ausführung rechts an die Lenksäule gewandert. Wie in den ID-Modellen gehorcht er den per Zwei-Finger-System gewählten Befehlen. Möglich wurde das, da alle Passat-Versionen nur noch mit Doppelkupplungs-Automatik geliefert werden.
Auch wenn VW noch keine Daten oder Preise außer dem Basispreis verrät, erweist sich der neue Passat als ausgereiftes Ideen-Auto mit vielen schmackhaften Details für seine Fans. Die modernsten Assistenzsysteme sind entweder serienmäßig oder können in der noch unbekannten Preisliste angekreuzt werden. Dazu gehören auch ein neues elektronisch geregeltes Fahrwerk, Massagesitze oder weit leuchtende Scheinwerfer mit Matrix-Technik. Für die wenigen Fans der aussortierten klassischen Stufenheck-Limousine bleibt ein Trost: Beim im Frühjahr zeitgleich erscheinenden Schwestermodell Skoda Superb wird es diese Variante weiterhin geben. (SPX)
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