Die FPÖ schafft es immer wieder, mit eigenen „Medienproduktionen“ für Aufregung zu sorgen und damit Aufmerksamkeit zu generieren. Sie sei „online Trendsetterin unter den Parteien“, stellt Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) fest. Die jüngste Provokation war ein Rekrutierungsvideo der Parteijugend. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) nennt dieses Video „grauslich“, die Staatsanwaltschaft prüft den Verdacht der Verhetzung und Wiederbetätigung nach einer Anzeige des Verfassungsschutzes.
In dem zweieinhalbminütigen Film werden „linke Eliten“ angeprangert und dabei Bilder von Politikern und Journalisten gezeigt. Die blaue Jugend beklagt in dem Clip, dass die Linken ihr die Zukunft rauben mit „Regenbogenterror, Islamisierung und Bevölkerungsaustausch“, und sie kündigt an, dass „sie das Ruder noch einmal herumreißen werde“.
Für Weidinger ist das Video ein „Beleg dafür, dass die Identitären und die FPÖ-Parteijugend nicht mehr unterscheidbar sind in Inhalten und Rhetorik“.
Die Freiheitlichen produzieren seit 2012 unter dem Label „FPÖ TV“ Videoclips „im Stile einer Nachrichtensendung“, die von Beginn an auf einem eigenen YouTube-Kanal veröffentlicht wurden und von dort (sowie von der Partei-Website) aus auch auf anderen sozialen Medien Verbreitung fanden. Auch auf Facebook gab man der parteipolitischen Konkurrenz durch systematischen (und massiv werbegestützten) Account-Aufbau jahrelang den Takt vor, schreibt Weidinger inm DÖW-Jahrbuch 2021.
„Pionierleistung im Online-Bereich“
Der Wissenschaftler spricht von einer „Pionierleistung der FPÖ im Online-Bereich“, die als Konsequenz ihrer spezifischen Wahrnehmung der österreichischen Medienlandschaft zu verstehen sei. Der Medienanalyst Peter Plaikner sieht das ähnlich. Die starke Präsenz der FPÖ online und in „alternativen Medien“ sei historisch zu betrachten. Die FPÖ habe sich von den klassischen Medien benachteiligt gefühlt. Und sie habe daher viel früher als andere auf Onlinemedien gesetzt. FPÖ TV habe 200.000 Abonnenten. „Das ist eine relevante Größe“, so Plaikner.
Er erinnert an den erfolgreichen „HC Wahl-Rapsong“ aus dem Jahr 2006 und daran, dass der frühere Parteichef Heinz-Christian Strache auf Facebook 800.000 Follower hatte. Schon damals haben die Freiheitlichen bei ihren Onlineproduktionen auf Personen und weniger auf die Partei gesetzt.
FPÖ-Parteichef Herbert Kickl versteht die Aufregung um das Video nicht. „Ich finde das großartig“, so Kickl. Er ortet eine „Pseudo-Aufregung“, sehe er doch im Video nur „junge Menschen, die einen positiven Zugang zur Heimat haben“.
Für Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) ist in der FPÖ unter Kickl „die Grenze zu den rechtsradikalen Rändern verschwommen und das führt zu solchen Grausligkeiten“ wie dem Video. Wenn Kickl die Identitären als harmlose Vorfeldorganisation bezeichne, animiere das die Parteijugend offenkundig zu „so abscheulichen Videos“.
Der Rekrutierungsfilm wurde jedenfalls von der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) geprüft und bei der Staatsanwaltschaft Wien zur Anzeige gebracht, wie DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner auf Anferage der „Krone“ bestätigte.
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