Tausende Todesurteile

Assad schafft militärische Feldgerichte ab

Ausland
04.09.2023 10:48

Tausende Todesurteile ohne ordnungsgemäße Verfahren sind gefällt bzw. politische Häftlinge zu jahrzehntelanger Haft unter unmenschlichen Bedingungen und Folter vor militärischen Feldgerichten in Syrien verurteilt worden. Nun hat Präsident Bashar al-Assad die Auflösung dieser Instanz angeordnet. Für Angehörige von Verurteilten ist das ein längst überfälliger Schritt, doch Menschenrechtsorganisationen sind skeptisch.

Wie das Präsidialamt in Damaskus am Sonntag mitteilte, erließ Assad ein Dekret, das die Proklamation von 1968, mit der die Gerichte geschaffen wurden, „beendet“. „Alle Fälle, die an die Militärfeldgerichte verwiesen wurden, sind an die Militärjustiz zu verweisen“, heißt es in der Erklärung, die über den Onlinedienst Telegram veröffentlicht wurde und den Angaben zufolge sofort in Kraft trat. Ein syrischer Anwalt sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass die Militärfeldgerichte seit Unruhen in den 80er-Jahren auch Zivilisten aburteilten.

Machthaber Bashar al-Assad sitzt trotz zwölf Jahren Bürgerkrieg weiter fest im Sattel. (Bild: AP)
Machthaber Bashar al-Assad sitzt trotz zwölf Jahren Bürgerkrieg weiter fest im Sattel.

Nach raschen Urteilen Massenhinrichtungen in Gefängnis
Einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International aus dem Jahr 2017 zufolge sind die Regeln und Verfahren der Militärfeldgerichte „so summarisch und willkürlich, dass sie nicht als tatsächliches Gerichtsverfahren angesehen werden können“. Sie würden nur wenige Minuten dauern. Tausende Menschen, die im berüchtigten Sednaya-Gefängnis nördlich der Hauptstadt Damaskus inhaftiert waren, seien bei Massenerhängungen nach „Prozessen“ vor einem solchen Gericht getötet worden (siehe Tweet unten).

Die Entscheidung vom Sonntag sei „längst überfällig“, sollte aber „mit Vorsicht genossen werden“, sagte ein Aktivist, der anonym bleiben wollte. „Vor allem, weil das Regime nie anerkannt hat, dass diese Gerichte die Menschenrechte der Inhaftierten verletzen.“ Der Aktivist schätzte die Zahl der aufgrund solcher Urteile Hingerichteten auf Zehntausende Menschen.

„Sie bekommen nun wenigstens einen Anwalt“
Diab Serriya von der Vereinigung der Inhaftierten und Vermissten im Sednaya-Gefängnis sagte, wenn Inhaftierte an Militärgerichte verwiesen würden, bekämen sie wenigstens einen Anwalt. „Rund 70 Prozent der Gefangenen in der Sednaya-Einrichtung wurden nach 2011 vor das Militärfeldgericht gebracht, das die meisten von ihnen zum Tode verurteilte“, sagte er. 2011 begann der Bürgerkrieg in Syrien, der bis heute andauert.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt