Die Premiere des zweiten Films über Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat am Mittwochabend zahlreiche türkise Prominenz ins Wiener Artis-Kino gelockt. Nur Kanzler Karl Nehammer fehlte. Er ließ es sich aber nicht nehmen, zum „Familientreffen“ zur Aftershow-Party zu kommen.
Zur Premiere des Films „Kurz - Der Film“ konnte Kanzler Nehammer nicht gehen, weil er die Botschafterkonferenz ins Kanzleramt geladen hatte.
Begleitet von Außenminister Alexander Schallenberg, Familienministerin Susanne Raab, Generalsekretär Christian Stocker und Volkspartei-Kommunikationschef Gerald Fleischmann kam der Kanzler dann aber zum „Familientreffen“ zur Aftershow-Party im Lokal Hannelore.
Kurz gönnte sich Bad in der Menge
Der demnächst wegen Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss vor Gericht stehende Altkanzler gönnte sich vor dem Filmstart ein Bad in der Medien-Menge, die zahlreich erschienen war. Der Inhalt des Films ist ihm zumindest zum Teil sicherlich wohlbekannt, denn in dem von Regisseur Sascha Köllnreitner inszenierten Streifen hat der frühere Kanzler und nunmehrige Unternehmer ausgiebig Gelegenheit, seine eigene Sicht von Aufstieg und Fall zum Besten zu geben.
Fragen, ob er je wieder ÖVP-Chef oder wieder Kanzler werde, beantwortete Kurz vor dem Artis-Kino jeweils mit einem knappen „Nein“. Gefragt, ob es sich um eine PR-Show handle, sagte Kurz, er habe erst einige Ausschnitte gesehen, auch verwies er darauf, dass er ja nicht mehr in der Politik sei.
Anfangs „relativ skeptisch“
Er sei am Anfang „relativ skeptisch“ gewesen, ob er für den Film zur Verfügung stehen wolle, habe dann aber den Eindruck gehabt, dass es ein „ausgewogener“ Film sein könnte und der Interviewanfrage zugestimmt.
Den zweiten Kurz-Film des Regisseurs Kurt Langbein („Projekt Ballhausplatz“), der am 21. September in den Kinos anläuft, wird sich Kurz wohl nicht ansehen: „Ich glaube, das lasse ich aus.“ Langbein habe ihn ja ebenfalls um ein Interview angefragt, er habe aber nicht den Eindruck erweckt, „objektiv“ zu sein.
Neben dem Altkanzler selbst schritten über den Premierenteppich vor dem Wiener Artis-Kino am Mittwochabend auch die Ex-ÖVP-Minister Gernot Blümel und Elisabeth Köstinger zur offiziellen Erstaufführung von „Kurz - Der Film“.
Keine Nähe zu Kurz oder ÖVP
Der Regisseur des Premieren-Films, Sascha Köllnreitner, bestritt wie schon zuvor jede Nähe zu Kurz oder der ÖVP und zeigte sich unglücklich über derartige Zuordnungen. Er habe mittlerweile die Angst, vereinnahmt zu werden. „Dagegen verwehre ich mich persönlich“, sagte er. Er habe zwar schon mit Derartigem gerechnet, „aber nicht in diesem Ausmaß“. „Das habe ich leider Gottes nicht vorausgesehen.“ Zu Stimmen, die von einer PR-Show für Kurz sprechen, sagte der Regisseur: „Diese Kritik schmerzt mich sehr, weil ich Sebastian Kurz in keinster Weise nahestehe und seiner Politik in keinster Weise nahestehe.“
Gefragt, warum bei der Premiere kaum jemand aus dem kritischen Lager anwesend sei, sagte Köllnreitner, es seien alle eingeladen worden, die im Film vorkommen - etwa SPÖ-Altkanzler Christian Kern, NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper und Investigativjournalist Michael Nikbakhsh vor. Letzterer sprach tags zuvor bei der Presseaufführung von einem „Legerl“, weil ihm gegenüber eine Produktion für einen Streamingdienst suggeriert worden sei.
Vor Ort war hingegen Medienhistoriker Fritz Hausjell, der von Köllnreitner zwar interviewt wurde, im Film aber nicht vorkommt. Er habe das Verhältnis von Kurz zu den Medien und auch die berühmt-berüchtigte „Message Control“ des Teams Kurz in dem Interview thematisiert, sagte Hausjell. Warum er nun nicht vorkommt, wisse er nicht. Köllnreitner bedauerte dies: Hausjell sei „leider“ einer „dramaturgischen Entscheidung zum Opfer gefallen“, „das tut mir sehr leid“. Dies habe aber nicht mit inhaltlichen Gründen zu tun. Im Film selbst wurde der Begriff der „Message Control“ schlussendlich kein einziges Mal erwähnt - und die Rolle der Medien eher kritisch beleuchtet, merkte Hausjell gegenüber Journalisten an.
Große Faszination
Ex-Ministerin und Kurz-Vertraute Köstinger sagte, sie gehe davon aus, dass der Film von Köllnreiter ein „objektiveres“ Bild zeichne als andere. Die Figur Sebastian Kurz übe nach wie vor eine große Faszination aus, meinte sie zum Medienaufgebot und dem großen Andrang vor allem der ÖVP-Prominenz.
Mit Arbeitsminister Martin Kocher und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler gaben sich im Artis-Kino auch Mitglieder der aktuellen ÖVP-Ministerriege die Ehre. Auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und einige ÖVP-Nationalratsabgeordnete, u. a. Andreas Hanger, wurden gesichtet, ebenso Ex-Generalsekretäre Laura Sachslehner und Alex Melchior sowie der ehemalige Wiener ÖVP-Chef Manfred Juraczka. Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer war zwar nicht vor Ort, war aber für die anschließende Premieren-Party angekündigt.
Auch zahlreiche ehemalige ÖVP-Politiker befanden sich unter den Premierengästen, u. a. Ex-ÖVP- und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Ex-Vizekanzler Josef Riegler. Ebenso gesichtet wurden u. a. der suspendierte Strafrechtssektionschef Christian Pilnacek sowie Kurz-Vertrauter Bernhard Bonelli, der zeitweise u. a. dessen Kabinettschef war und sich wie Kurz demnächst wegen Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss vor Gericht verantworten muss.
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