Studie zeigt:

Herzstillstand: Polizisten oft beste Lebensretter

Wissenschaft
08.09.2023 10:58

Bei einem plötzlichen Herzstillstand zählt jede Minute. Polizisten können in solche Fällen die besten Lebensretter sein. Sie sind oft schneller am Ort als Notärzte. Eine spanische Studie hat jetzt ergeben, dass man durch Erste-Hilfe-Ausbildung und automatisierte Defibrillatoren in den Polizei-Einsatzwagen die Überlebensrate von Betroffenen um zehn Prozent erhöhen kann.

„Polizisten als Ersthelfer verbessern die Überlebensrate bei plötzlichem Herzstillstand außerhalb von Krankenhäusern“, betitelten Diego Reyero, Notarzt bei der Rettung der spanischen Provinz Navarrra, und seine Co-Autoren, darunter der Anästhesiologe Robert Greif, der in Bern und auch an der Sigmund Freud Privatuniversität in Wien lehrt, ihre aktuelle wissenschaftliche Arbeit in der Fachzeitschrift BMC Emergency Medicine.

Jeder Mensch sollte Erste Hilfe können
Ein Herzstillstand führt ohne entsprechende Hilfe binnen Minuten zum Hirntod. Im Fall des Falles müssen sofort Wiederbelebungsversuche starten, am besten auch unter Verwendung eines automatisierten Defibrillators. Deshalb sollte möglichst jeder Mensch in Erster Hilfe ausgebildet sein und im Notfall aktiv werden können. Schnell erreichbare Defis an öffentlichen Orten können die Situation verbessern. Notarztwagen benötigen immer eine gewisse Zeit, bis sie am Ort des Geschehens eintreffen.

Eine Studie der Med Uni Wien hat im Jahr 2019 beispielsweise ergeben, dass in Wien die Überlebenswahrscheinlichkeit nach einem Herzstillstand durch eine gut funktionierende Rettungskette bei Tag und bei Nacht etwa gleich hoch ist. Die Überlebensrate ohne nachfolgende Einschränkung betrug für den ausgewerteten Beobachtungsraum zwischen 2013 und 2015 (1811 Patienten) demnach in der Bundeshauptstadt zwölf Prozent.

Schnell errreichbare Defibrillatoren in öffentlichen Räumen können zwischen Leben und Tod entscheiden. (Bild: APA/Barbara Gindl)
Schnell errreichbare Defibrillatoren in öffentlichen Räumen können zwischen Leben und Tod entscheiden.

In der spanischen Studie untersuchten die Autoren jetzt, wer und mit welchem Erfolg in der Provinz Navarra in Fällen eines plötzlichen Herzstillstands als erster Wiederbelebungsversuche etc. startete. Insgesamt konnten Daten von 628 Betroffenen - fast drei Viertel der Patienten waren Männer, das Durchschnittsalter betrug 65 Jahre - analysiert werden. Dabei stellte sich heraus, dass Beamte der Exekutive und am Ort des Notfalls anwesende „Laien“ bei sofortiger Hilfe einen entscheidenden Beitrag zum Überleben der Betroffenen leisten können. „Das Gesamtüberleben der Patienten betrug bei Polizisten als Ersthelfer 17,8 Prozent, bei anderen Ersthelfern 17,4 Prozent und bei Ersthilfe durch Notärzte 13,5 Prozent.“

Frühes Eingreifen erhöht Überlebensrate um mehr als 10%
Entscheidend ist der Zeitraum zwischen dem Herzstillstand bei einem Patienten und der Wiederherstellung einer Kreislauffunktion. Die Wissenschafter: „Wenn die Polizei als erstes eintraf und die Wiederbelebung noch vor dem Notarzt einleitete, kamen die Beamten im Mittel um 5,4 Minuten früher an. Diese frühe Intervention durch Polizeibeamte brachte eine um 10,1 Prozent höhere Überlebensrate.“

Die Vorteile eines guten Erste Hilfe-Trainings für Polizisten und das Vorhandensein von automatisierten Defis in Dienststellen und an Bord von Streifenwagen werden von den Wissenschaftern hoch eingeschätzt. Die Gründe dafür: Die Polizei hat eine hohe Mannschaftsstärke, ist perfekt trainiert für Akuteinsätze, hat privilegierte Zugänge und kann bei guter Ausbildung und Ausrüstung (automatisierte Defibrillatoren) eben einen entscheidenden Beitrag leisten.

Wiener Polizisten haben jeden weiten Tag „Defi-Einsatz“
In Österreich sterben jedes Jahr rund 12.000 Menschen an plötzlichem Herztod. Ein Beispiel für Aktivitäten wie in Spanien ist beispielsweise auch die Wiener Polizei. Sie verfügt seit 2004 über Defibrillatoren. 2022 berichtete sie über 120 ausgestattete Streifenwagen und Geräte in Dienststellen (insgesamt 251). Bereits 2017 wurde von der Wiener Polizei von einem „Defi-Einsatz“ an jedem zweiten Tag im Jahr berichtet.

Erst vor wenigen Tagen berichtete der Kardiologie Matthias Hindborg vom Nordsjaellands Hospital (Hillerroed) in Dänemark beim Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC/Amsterdam) von der Analyse von Informationen des dänischen Herz-Stillstand-Registers für die Jahre 2016 bis 2020. Dies betraf 7471 Personen im Alter über 18 Jahre, die in dem Land außerhalb von Krankenhäusern einen Herzstillstand erlitten hatten.

Bei 14,7 Prozent (1098 von 7471 Patienten) wurde noch vor dem Eintreffen des Notarztwagens eine Defibrillation durch Laienhelfer durchgeführt. Insgesamt überlebten 44,5 Prozent (489 von 1.098) dieser Patienten die ersten 30 Tage nach dem Ereignis im Vergleich zu 18,8 Prozent (1200 von 6.73), bei denen keine sofortige Defibrillation erfolgte. Durch rasche Defi-Verwendung schon vor dem Eintreffen eines Notarztes war die Überlebenschance der Betroffenen bereits um 37 Prozent höher, auch wenn der Notarztwagen bereits binnen zwei bis vier Minuten nach dem Ereignis eintraf.

Bei einer Rettungszeit von vier bis sechs Minuten stieg die Überlebenswahrscheinlichkeit mit Anwendung eines automatisierten externen Defibrillators (AED) um 55 Prozent. Sie erhöhte sich teilweise auf mehr als das Doppelte bei schneller Defi-Anwendung durch Umstehende für den Zeitraum bis zu 25 Minuten bis zum Eintreffen eines Rettungsteams (z. B. um den Faktor 2,23 für sechs bis acht Minuten bis Notarztankunft oder um fast exakt das Doppelte bis 25 Minuten).

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