Wegen Taurus-Raketen
Kiew macht Berlin Druck: „Ihr macht es sowieso!“
Die ukrainische Regierung ist zunehmend ungehalten wegen der Weigerung Deutschlands, dem Land Marschflugkörper vom Typ Taurus zur Verfügung zu stellen. Das bekam nun Außenministerin Annalena Baerbock bei ihrem Besuch in Kiew zu spüren - wo sie weitere Hilfen in Aussicht stellte.
„Ihr werdet es sowieso machen“, sagte Außenminister Dmytro Kuleba am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der deutschen Chefdiplomatin Baerbock in Kiew.
„Ich verstehe nicht, warum wir Zeit verschwenden, um das Leben ukrainischer Soldaten und Zivilisten zu schützen“, fügte Kuleba hinzu.
Baerbock selbst gab sich einsilbig und sagte, es müssten zunächst alle Fragen geklärt sein. Die Außenministerin traf am Morgen zu ihrem vierten Besuch seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 in der Ukraine ein.
Scholz fürchtet weitere Eskalation
In Kiew sicherte Baerbock dem Land erneut die Unterstützung Deutschlands zu, „so lange Ihr uns braucht“. Die ukrainische Regierung fordert schon länger die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, die eine Reichweite bis zu 500 Kilometern haben.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz zögert bisher aber mit Verweis darauf, dass die Ukraine damit auch Ziele in Russland angreifen könnte, was zu einer weiteren Eskalation führen würde. Baerbock hat allerdings bereits angedeutet, dass sie dieses Argument nicht für schlüssig hält.
Baerbock: Putin will Ukraine „aushungern“
Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Kuleba äußerte Baerbock die Befürchtung, dass Russland auch in kommenden Herbst und Winter verstärkt die Energieinfrastruktur bombardieren werde. „Russlands perfides Ziel ist es wieder, die Menschen in der Ukraine im Winter auszuhungern und erfrieren zu lassen.“
Deshalb werde die Bundesregierung ihre humanitäre Soforthilfe um weitere 20 Millionen auf dann 380 Millionen Euro in diesem Jahr aufstocken. Baerbock betonte erneut, dass Deutschland mit Hilfsleistungen von bisher insgesamt 22 Milliarden Euro die nach den USA zweitgrößte Gebernation für die Ukraine sei. Für 2023 kündigte Baerbock eine weitere Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine an, die in Berlin stattfinden soll.
Zugleich thematisierte die Ministerin das Schicksal der von Russland verschleppten Kinder. Sie komme gerade vom Besuch einer Einrichtung, in der aus Russland zurückgekehrte ukrainische Kinder betreut würden, berichtete sie. „Und ihre einfache Botschaft in Kindesworten war: Helft uns, damit Putin diesen Krieg nicht gewinnt.“
Der russische Präsident Wladimir Putin mache vor nichts Halt, „er hat keinen moralischen Kompass“. Putin breche jeden einzelnen Tag die Regeln des menschlichen Miteinanders. „Schaut auf diese Kinder“, appellierte Baerbock. Ihre Rückkehr sei „der erste Schritt zu Frieden“.
Baerbock macht Hoffnung auf EU-Beitrittsgespräche
Mit Blick auf die Europäische Union betonte Baerbock, „dass wir die Erweiterung der EU als notwendige geopolitische Konsequenz aus Russlands Krieg begreifen“. Sie verwies darauf, dass die Ukraine bereits den Kandidatenstatus für einen EU-Beitritt habe. „Jetzt bereiten wir die Entscheidung über die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen vor“, kündigte sie an. Bei der Justizreform und der Mediengesetzgebung könne sich die Bilanz der Reformen in der Ukraine bereits sehen lassen.
„Bei der Umsetzung des Anti-Oligarchen-Gesetzes und dem Kampf gegen Korruption gilt es noch einen Weg zu gehen“, betonte Baerbock. „Und wir als EU selbst müssen nun zügig daran arbeiten, dass wir für mehr Stühle am Tisch richtig aufgestellt sind.“
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