Hohe August-Zahlen
Flucht über Mittelmeerroute nimmt wieder stark zu
Die besonders gefährliche Fluchtroute übers Mittelmeer gewinnt zunehmend an Bedeutung. Laut der EU-Grenzschutzagentur Frontex sind im August 56.900 Menschen illegal nach Europa gekommen - in den ersten acht Monaten des Jahres seien es insgesamt fast 114.300 gewesen, davon die Hälfte über das zentrale Mittelmeer.
2235 Menschen seien seit Anfang 2023 in dem Zusammenhang als vermisst gemeldet geworden, verweist Frontex auf Zahlen der UNO-Migrationsagentur IOM.
Grafik: Flüchtlinge an EU-Grenzen
Andere Fluchtrouten verloren an Bedeutung
Im Vergleich zur Vorjahresperiode (Jänner bis August 2022) sei die Zahl der Überquerungen um 18 Prozent angestiegen. Besonders stark war der Anstieg im zentralen Mittelmeer (+96 Prozent) und im westlichen Mittelmeer (+ 14 Prozent, vorrangig nach Spanien). Andere Fluchtrouten verloren im Jahresvergleich an Bedeutung: Zum Beispiel die Ostgrenze (-17 Prozent) oder die Westbalkanroute (-19 Prozent). Auch die Zahl der Ärmelkanal-Überquerungen ist im Jahresvergleich um 13 Prozent auf 36.250 für die ersten acht Monate 2023 zurückgegangen.
Lampedusa ruft Notstand aus
Angesichts der hohen Zahl an ankommenden Migranten meldet die süditalienische Insel Lampedusa chaotische Zustände. 9000 Menschen sind seit Montag auf der Insel gelandet, das ist fast um ein Drittel mehr als die Gesamtzahl der Einwohner, die bei 6300 liegt. Der Stadtrat der Mittelmeerinsel hat am Mittwochabend den Ausnahmezustand ausgerufen. Damit fordert Bürgermeister Filippo Mannino mehr Unterstützung für die kleine Insel, die unter „großem Druck“ stehe.
„Wir fordern eine strukturelle Lösung, denn wir können diese Migrationsströme allein nicht mehr bewältigen“, sagte Mannino und drängt auf die sofortige Verlegung der Migranten nach Sizilien und aufs italienische Festland. Er forderte auch den Einsatz von Marineschiffen, die Migrantenboote vor der Küste Lampedusas aufgreifen sollen, bevor sie die Insel erreichen können.
„Die Situation ist außer Kontrolle“
6800 Personen befinden sich derzeit in der vom Roten Kreuz verwalteten Flüchtlingseinrichtung der Insel, die eigentlich für maximal 400 Personen ausgelegt ist. Bei der Verteilung von Lebensmitteln kam es am Mittwochabend zu chaotischen Zuständen. „Die Situation ist außer Kontrolle“, sagten Sicherheitsbeamten. Am Donnerstag sollen 3000 Menschen die Insel verlassen.
Salvibi spricht von „Kriegsakt gegen Italien“
Der italienische Vizepremier und Verkehrsminister Matteo Salvini betrachtet die vielen ankommenden Migrantinnen und Migranten als „Kriegsakt“ gegen Italien. „Wenn 120 Boote zur gleichen Zeit auf Lampedusa ankommen, ist dies kein einzelner Vorfall, sondern ein Kriegsakt. Das führt nicht nur Lampedusa, sondern die gesamte italienische Gesellschaft zum Zusammenbruch“, so Salvini, Vorsitzender der rechten Regierungspartei Lega.
Rom warnt: Lage könnte sich noch verschärfen
Der italienische Außenminister Antonio Tajani warnte indes, dass sich die Lage in den kommenden Monaten noch verschärfen könnte. „Italien muss auf europäischer Ebene unterstützt werden. Wir können nicht allein gelassen werden“, so Tajani in einem Interview mit der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ am Donnerstag. „Europa allein ist nicht in der Lage, ein so großes Problem zu bewältigen, das nicht nur fast ganz Afrika betrifft, sondern auch den Zustrom über die Balkanroute. Deshalb haben wir die Vereinten Nationen und die G20 einbezogen“, so der Minister.
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