Stellungskrieg droht
Experte erklärt, warum Putin Strategie änderte
Wie lange dauert die ukrainische Gegenoffensive noch? Nicht mehr lange, sind sich Experten einig. Es droht ein langer Stellungskrieg über die Wintermonate hinaus. Das dürfte vor allem der russischen Führung zusagen. Wladimir Putin hat seine Taktik längst geändert - und den Westen möglicherweise unterschätzt.
Täglich vermeldet die Ukraine Geländegewinne, vor allem im Süden des Landes. Doch ein echter Durchbruch fehlt noch. Russische Drohnen iranischer Bauart, Munitionsknappheit und der von Minen verseuchte Boden erschweren das Vorrücken enorm.
Experte: Auf beiden Seiten Reservisten im Einsatz
Für Experten ist klar, lange kann das nicht mehr gut gehen. „Es sieht so aus, als ob nun sowohl die ukrainischen als auch die russischen Reservetruppen im Einsatz sind. Es geht jetzt um die Frage, wer mit seinen Kräften besser haushalten kann und über ausreichend Munition verfügt“, erklärte US-Militäranalyst Michael Kofman jüngst dem „Spiegel“.
Die Russen wollen den Krieg verlängern, die Kosten hochtreiben.
Michael Kofman
Der gebürtige Kiewer warnte bereits im Mai vor der Herausforderung durch die massiven russischen Abwehrstellungen im Südosten des Landes. Kofmann macht vor allem die Bereitschaft des Westens dafür verantwortlich, ob der Ukraine noch größere Geländegewinne gelingen können. „Dazu gehört, Artilleriemunition für eine weitere Offensive zu besorgen. Das wird den politischen Willen des Westens erneut auf die Probe stellen. Es müsste jetzt damit begonnen werden, die Ukrainer zu trainieren und Ausrüstung zu beschaffen, damit es dann nicht wieder einen überstürzten Versuch gibt.“
Russland hat kaum mehr „Offensivpotenzial“
Denn eines sei klar: Leichter wird es nicht, besetzte Gebiete zu befreien. „Die Russen wollen den Krieg verlängern, die Kosten hochtreiben“, erklärt der Experte. So soll die westliche Leidensfähigkeit auf die Probe gestellt werden, nachdem die Ukraine ursprünglich in wenigen Tagen hätte fallen sollen. „Im nächsten Jahr werden sie versuchen, die Überlebensfähigkeit des ukrainischen Staates zu zerstören.“ Der politische Wille im Westen soll erschöpft werden. Das sei Kofmans Ansicht nach keine gute Strategie, um einen Krieg zu gewinnen. Auf russischer Seite sieht der Analyst kaum mehr „Offensivpotenzial“.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass sie noch weiteres Territorium erobern, selbst im Donbass, ist sehr gering. Aber die Führung hat das Ziel nicht aufgegeben, die Ukraine zu zerstören. Dafür wird sie noch eine Menge Mittel aufwenden.“ Und jene Mittel würden offenbar knapp werden. Damit würden sich auch Wladimir Putins Einkaufstouren im Iran und Nordkorea erklären lassen. Am Ende könnte Russlands Spiel auf Zeit nach hinten losgehen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.