Montag, kurz nach 9 Uhr, Hafen Freudenau: Neben einem Frachter liegt nur ein einziges Schiff vor Anker, die MS Eisvogel. Rundherum Eis. Das Ziel der Fahrt: die bis zu 45 Zentimeter dicken Eisschichten im Wiener Hafen aufzubrechen, damit auch im Winter weiterhin Frachtschiffe abgefertigt werden können. "Ich arbeite schon seit 20 Jahren auf der Eisvogel, aber so eine massive Eisdecke hab' ich noch nie gehabt", staunt der Kapitän. Respekt schwingt in seiner Stimme mit: "Es ist schön mitanzusehen, wie die Eisplatten wegspritzen, aber auf der anderen Seite muss ich ständig aufpassen, eine Kollision mit dem Eis zu vermeiden, und heute besonders."
80 Tonnen schwerer und 32 Meter langer Eisvogel
Wenige Minuten später heißt es "Leinen los" für die fünfköpfige Mannschaft. Neben dem Kapitän sind dies ein Maschinist, zwei Steuermänner und ein Matrose. Ihre Eis-Lady verfügt über 520 PS starke Dieselmotoren, die im Einsatz auf Hochtouren laufen. Immerhin ist das Schiff 80 Tonnen schwer und 32 Meter lang. Fast ohne große Mühen kämpft sich die MS Eisvogel Meter für Meter durch das zugefrorene Freudenauer Hafenbecken, an Bord wackelte es dabei nur ein wenig.
Kurze Zeit später herrscht bei der Demonstrationsfahrt aber Stille – das Schiff ist tatsächlich im Eis stecken geblieben. "Hier ist das Eis dicker. Wir müssen nun das Schiff zurückfahren. Dadurch können wir mehr Anschub nehmen und so besser durch das Eis kommen", betont Steindl. Das Manöver gelingt. Erst nach etwa einer Stunde Fahrtzeit erreicht die MS Eisvogel ihr Ziel, die Gabelung zur Donau. Zwischendurch bleibt das Schiff immer wieder im Eis hängen, muss rückwärtsfahren und mit neuem Schwung die Tour fortsetzen.
Würden wir ständig durchfahren, würde Eis dicker werden
Die MS Eisvogel ist bereits seit rund zwei Wochen im Dauereinsatz, denn schon ab minus sechs Grad beginnen die Fahrrinnen der Hafenbecken zu gefrieren. Trotzdem wird das Eis anfangs nur so wenig wie möglich gebrochen: "Würden wir ständig durchfahren, würden die Eisplatten immer dicker werden, weil sich das aufgebrochene Eis auf das andere Eis schiebt", erklärte Steindl. Eisschichten von bis zu 70 Zentimeter Dicke wären rasch die Folge – dies sei die Grenze, die der Eisbrecher durchbrechen kann und dies gelte es zu verhindern.
Der Freudenauer Hafen ist dabei nicht das einzige Einsatzgebiet des einzigen Wiener Eisbrechers – auch im Alberner Hafen geht es dem Eis immer wieder an den Kragen.
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