Die Kika/Leiner-Pleite schlägt weiterhin große Wellen: Während René Benkos Signa-Gruppe bereits 5 Millionen Euro in den Insolvenztopf eingezahlt hat, stößt dies beim Anwalt der Republik auf Missfallen. „Der Vergleich ist zu gering“, erklärt Wolfgang Peschorn der „Krone“ - der Unmut kommt dabei wohl nicht von Ungefähr, denn: Die meisten Schulden hat Kika/Leiner beim Staat.
Wie am heutigen Dienstag bekannt wurde, nimmt die Signa-Gruppe in Summe 20 Millionen Euro als Insolvenzentschädigung in die Hand - aufgeteilt in vier Raten bis Ende 2024; die ersten 5 Millionen Euro sind bereits in den Insolvenztopf eingezahlt. Per Mail sind die Mitglieder des Gläubigerschausschusses vom Sonderverwalter der Möbelkette, Stephan Riel, über den Schritt informiert worden - auch ein Signa-Sprecher bestätigte die Zahlung.
Knapp 50 Millionen fehlen dem Staat
Dieser Beschluss passt dem Präsidenten der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, aber ganz und gar nicht. Immerhin ist die Republik Österreich nicht nur Hauptgläubiger, der einstige Möbelriese steht beim Staat auch ordentlich in der Kreide: Rund 46,5 Millionen Euro fehlen alleine dem Finanzamt.
Dazu kommen noch rund 3,5 Millionen Euro bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), 3,9 Millionen Euro bei der Covid-19-Finanzagentur sowie 12,1 Millionen Euro bei Vermietern und Banken. In Summe kommt man auch Forderungen in Höhe von 93 Millionen Euro.
Republik überstimmt
Die Republik Österreich hat diesem Vergleich nicht zugestimmt, wurde aber von der Mehrheit der Mitglieder des Gläubigerausschusses überstimmt. Peschorn erklärte im Gespräch mit der „Krone“ dass der Vergleichsbetrag aufgrund der vom Verwalter identifizierten Vorgänge, in die die Signa-Gruppe zwischen 2018 und 2023 involviert war, bei Weitem nicht angemessen ist - geht es hier immerhin um Steuergeld. Die Finanzprokuratur hatte bereits bei der Insolvenzeröffnung angekündigt, diese Vorgänge kritisch zu prüfen.
Der nunmehr beschlossene Vergleich ist zu gering und die Beträge spiegeln nicht die unternehmerische Verantwortung wider.
Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur
„Interesse der Steuerzahlerinnen unterlaufen“
„Der Verwalter hat mit Unterstützung eines renommierten internationalen Wirtschaftsprüfers mehrere werthaltige Ansprüche von insgesamt weit mehr als 20 Millionen Euro gegen verschiedene Signa-Gesellschaften und Berater identifiziert“, so Peschorn. „Der nunmehr beschlossene Vergleich ist zu gering und die Beträge spiegeln nicht die unternehmerische Verantwortung wider.“
Nur kurz nach dem Verkauf des operativen Kika/Leiner-Geschäfts durch René Benkos Signa an den Handelsmanager und Investor Hermann Wieser meldete die Möbelkette Mitte Juni Insolvenz an. Die Einrichtungshäuser-Immobilien kaufte die Grazer Supernova-Gruppe. Die Möbelkette befindet sich seitdem in einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Die Vorgänge rund um den Kauf und Verkauf innerhalb recht kurzer Zeit haben auch eine politische Komponente - die Übernahme durch den Tiroler Immobilieninvestor soll mit tatkräftiger Unterstützung des damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz über die Bühne gegangen sein.
Und weiter: „Es wäre angezeigt gewesen, wenn die Signa-Gruppe zur Bereinigung dieser Ansprüche einen höheren Betrag bezahlt. Mit der Vorgehensweise der Organe des Insolvenzverfahrens wurden die Bemühungen der Finanzprokuratur, im Interesse der Steuerzahlerinnen die Signa-Gruppe zur Zahlung einer angemessenen Zahlung zu bringen, unterlaufen.“
Kein Verständnis für Ratenzahlung
Ebenfalls auf Unverständnis stößt bei der Finanzprokuratur, dass die Signa-Gruppe den Vergleichsbetrag in Raten abstottern darf. Die Gläubiger würden Benkos Signa damit eine Art Kredit gewähren und auch das Risiko tragen, dass die Raten auch tatsächlich gezahlt werden. Auch mit Bezug auf die Empfehlungen der Europäischen Zentralbank hat sich die Finanzprokuratur gegen eine solche Abwicklung ausgesprochen.
Peschorn: „Andernfalls müsste man sich wirklich Sorgen machen“
Dass mögliche finanzielle Engpässe bei der Signa-Gruppe ausschlaggebend für die Ratenzahlung sein sollen, glaubt Peschorn nicht: „Aufgrund des öffentlichen Auftretens der Signa-Gruppe sollte man erwarten können, dass diese 20 Millionen Euro sofort zahlen kann. Anderenfalls müsste man sich wirklich Sorgen machen.“
Mit der nun getätigten Zahlung ist der Vergleich jedenfalls rechtswirksam. Am kommenden Montag (25. September) findet die entscheidende Sanierungsplantagsatzung für Kika/Leiner am Landesgericht St. Pölten statt. Die Gläubiger müssen dort noch dem finalen Sanierungsplanvorschlag zustimmen.
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