Konflikt war eskaliert
Jetzt doch Waffenruhe in Bergkarabach vereinbart
In der Region heftig umkämpften Region Bergkarabach ist am Mittwoch eine Feuerpause vereinbart worden. Die Armenier in Bergkarabach hätten der Forderung Aserbaidschans zugestimmt, die Kämpfe zu beenden und ihre Waffen abzugeben, meldete die russische Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch. Auch der armenische Sender Sputnik Armenia berichtete, es gebe eine Feuerpause.
Laut der karabach-armenischen Seite sollte die Waffenruhe ab dem heutigen Mittwoch um 11.00 Uhr gelten. Demnach handelt es sich dabei um einen von den in Bergkarabach stationierten russischen Schutztruppen vermittelten Waffenstillstand. Zudem erklärten die Karabach-Armenier, Verhandlungen mit Baku über die Integration der mehrheitlich von Armeniern bewohnten Region in das verfeindete Nachbarland Aserbaidschan akzeptiert zu haben, diese Gespräche sollen demnach am Donnerstag beginnen.
Aserbaidschan flog Angriffswelle
Davor hatte Aserbaidschan am Mittwoch in der Früh den zweiten Tag in Folge seine Militäroffensive in Bergkarabach trotz internationaler Appelle zur Einstellung der Kampfhandlungen fortgesetzt. Die am Dienstag begonnenen Militärmaßnahmen gingen erfolgreich weiter, teilte Aserbaidschans Verteidigungsministerium mit. Militärfahrzeuge, Artillerie- und Flugabwehrraketenanlagen sowie militärische Ausrüstung seien „neutralisiert“ worden. Auch zivile Infrastrukturobjekte wurden nach armenischen Angaben getroffen.
„Die Einheiten der Verteidigungskräfte leisten mit Abwehrhandlungen den Streitkräften Aserbaidschans erbitterten Widerstand und fügen dem Feind Verluste zu“, teilte das Verteidigungsministerium der international nicht anerkannten Republik Bergkarabach (Arzach) laut armenischer Nachrichtenagentur Armenpress am Mittwoch mit.
Dutzende Todesopfer bei neuer Gewalteskalation
Russische Nachrichtenagenturen meldeten unter Berufung auf das aserbaidschanische Präsidialamt, Staatschef Ilham Aliyev habe US-Außenminister Antony Blinken in einem Telefonat gesagt, sein Land werde den Einsatz erst dann stoppen, wenn die armenischen Kämpfer ihre Waffen niederlegten und sich ergäben.
Die Ex-Sowjetrepublik Aserbaidschan hatte am Dienstag einen groß angelegten Militäreinsatz zur Eroberung noch nicht wieder eingenommener Teile Bergkarabachs gestartet. Dabei sind nach Angaben des Menschenrechtsbeauftragten von Arzach, Gegam Stepanjan, bereits mehr als zwei Dutzend Menschen getötet und mehr als 100 verletzt worden. Unter den zivilen Opfern sind auch Kinder. Mehr als 7000 Zivilisten wurden nach armenischen Angaben evakuiert bzw. vertrieben.
Region von Armeniern bewohnt
In Bergkarabach leben überwiegend Armenier. Das Gebiet liegt aber auf dem Territorium von Armeniens Nachbarland Aserbaidschan, zu dem es völkerrechtlich auch gehört. 1991 sagte sich Bergkarabach von Aserbaidschan los, was international nicht anerkannt ist. Seither gab es mehrere kurze Kriege zwischen den Nachbarländern, die beide früher zur bis Ende 1991 bestehenden Sowjetunion gehörten.
In den vergangenen Monaten verschlechterte sich die Lage der Bevölkerung in Bergkarabach, weil die einzige Straßenverbindung nach Armenien mit Billigung der aserbaidschanischen Regierung in Baku blockiert wurde. Appelle Armeniens an Russland blieben ungehört, die Regierung in Moskau kam ihrer Rolle als Schutzmacht Armeniens nicht nach. Nachdem Baku monatelang den einzigen Zugang Bergkarabachs zum armenischen Kernland blockiert hatte, nannten Beobachter die humanitäre Lage in der Region zuletzt katastrophal.
US-Militärübung verärgerte Russland
Russland hat 2020 nach einem kurzen Krieg zwischen den beiden früheren Sowjetrepubliken Friedenstruppen in der Region stationiert. Im aktuellen Konflikt griffen sie nicht ein. Dass sich Armenien in der seit Längerem angespannten Lage neu orientierte und mit den USA eine Militärübung begann, verärgerte die Regierung in Moskau.
Aserbaidschan wiederum näherte sich in den vergangenen Jahren an die Türkei an. Diese hat wegen des Völkermordes an den Armeniern 1915 und 1916 - den die Türkei bestreitet - ein sehr belastetes Verhältnis zu Armenien. Die kleine Kaukasusrepublik liegt zwischen ihren großen Nachbarn Türkei und Aserbaidschan. Die Türkei, ein NATO-Mitglied, nimmt seit Jahren eine immer wichtigere Rolle in der gesamten Region ein und bemüht sich auch um Vermittlung mit Russland in dessen Krieg gegen die Ukraine. Aserbaidschan ist wegen seiner geostrategischen Lage wichtig - auch für Russland. Zudem verfügt es über erhebliche Energiereserven und verdient mit Gaslieferungen auch an die EU infolge des EU-Embargos gegen russisches Gas viel Geld.
Außenamt warnt: „Keine Reisen in die Region“
Das Wiener Außenamt hat angesichts der Gewalteskalation seine Reisehinweise für Bergkarabach aktualisiert und warnt im Ländereintrag für Aserbaidschan: „Touristische Reisen in diese Gebiete sind gegenwärtig nicht möglich. Eine konsularische Betreuung in diesen Gebieten ist nicht möglich.“ Unter „Armenien“ heißt es, es „wird bis auf Weiteres von Reisen in die Grenzgebiete zu Aserbaidschan abgeraten“.
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