Am Mittwoch hat die Regierung das angekündige Kinderschutzpaket durch den Ministerrat gebracht. Kernpunkte sind mehr Geld für eine zielgerichtete Prävention und Opferschutz - aber auch deutlich härtere Strafen als bisher. Stein des Anstoßes war unter anderem der Fall Florian Teichtmeister gewesen, der für den Besitz und die Herstellung von zigtausenden Darstellungen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger eine Bewährungsstrafe erhalten hatte.
Das Maßnahmenpaket soll auf drei Säulen fußen: Zielgerichtete Prävention, wirksame Strafverfolgung und Sanktionen sowie Opferschutz. Damit wird für einen umfassenden Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt gesorgt. „Ziel der Bundesregierung ist es, Straftaten zu verhindern, bevor sie passieren“, hieß es in einer Mitteilung.
Kinderschutzkonzept an Schulen verpflichtend
In Punkt Prävention steht die verpflichtende Umsetzung der Kinderschutzkonzepte an Schulen an erster Stelle: „Ein wirksames Kinderschutzkonzept kann Gewalt verhindern, bevor sie passiert“, so die Regierung. Das Konzept beeinhaltet unter anderem konkrete Verhaltensregeln für Padägogen. Diese wissen dadurch, was zu tun und wer zu informieren ist, wenn sie sich Sorgen um ein Kind machen.
Auch für Vereine und (Jugend-)Organisationen wurde ein Muster-Kinderschutzkonzept erstellt, ein Gütesiegel für die Vereine, die selbiges umsetzen, soll ebenfalls eingeführt werden. Eine Sicherungsstelle wird künftig diese Siegel vergeben, Vereine und Organisationen prüfen und zum Kinderschutz beraten. Hierfür sollen auch entsprechende Förderungen ausgeschüttet werden.
Bis zu zehn Jahre Haft möglich
Ein vielbesprochener Punkt sind die Verschärfungen der Strafen, die beim Besitz oder auch der Herstellung/Überarbeitung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger drohen. So ist der Besitz mit einem Jahr bis zu zwei Jahre Haft zu bestrafen, wenn es sich aber um Kindesmissbrauchsmaterial mit unmündigen Minderjährigen handelt, mit bis zu drei Jahren Haft.
Die Strafhöhen werden zum Teil verdoppelt, sogar verdreifacht. Das Tätigkeitsverbote für verurteilte Täter wurde ausgeweitet, damit diese in Zukunft nicht mehr mit Kindern und Jugendlichen arbeiten dürfen.
Justizministerin Alma Zadić (Grüne)
Bild: Klemens Groh
Neu ist, dass bei Herstellung oder Anbieten einer „Vielzahl“ (= 30+ Lichtbilder oder Videos) von Missbrauchsdarstellungen zum Zweck der Verbreitung künftig sogar bis zu 10 Jahren Haft drohen. Das bedeutet, dass die Strafen im Vergleich zur geltenden Rechtslage teilweise verdoppelt, zum Teil sogar verdreifacht werden.
Tätigkeitsverbote verschärft
Ebenfalls überarbeitet wurden die Regeln für Tätigkeitsverbote bereits verurteilter Täter. Um eine Ausweitung der Tätigkeitsverbote sicherzustellen soll das bisherige Erfordernis der Tätigkeit bzw. der Tätigkeitsabsicht zum Tatzeitpunkt wegfallen.
Damit zeigen wir, dass unsere Gesellschaft den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen keinesfalls duldet und es für die Täter kein Pardon gibt!
Familienministerin Susanne Raab (ÖVP)
Bild: EXPA Pictures
Die Polizei erhält zusätzliches Personal für die Ermittlung und Aufklärung von Aktivitäten im Cyberspace, in den Landeskriminalämtern wird im Rahmen der Kriminaldienstreform ein Sonderbereich für Online-Kindesmissbrauchsdelikte geschaffen.
Mehr Geld für Opferschutz, neue Kampagne
Mehr Geld gibts es außerdem für den Opferschutz, besonders die psychosoziale Nachbetreuung für Opfer von Gewalt, hier wird das Budget um 3,5 Millionen Euro ausgebaut und das Budget der Familienberatungsstellen um drei Millionen Euro pro Jahr aufgestockt. Um in der Bevölkerung noch mehr Bewusstsein für dieses Thema zu schaffen, wird in den kommenden Monaten zudem eine umfassende Kinderschutz-Kampagne umgesetzt.
Experte sieht lediglich „Symbolik“
Skeptisch hat sich Strafrechtsprofessor Alois Birklbauer von der Uni Linz am Mittwoch im „Ö1“-Mittagsjournal zum beschlossenen Kinderschutzpaket der Regierung geäußert. Bei den Maßnahmen handle es sich „eher um eine Symbolik“, so Birklbauer. „Ob die Strafverschärfung hier etwas verändern wird, ist in der kriminologischen Forschung sehr zweifelhaft“, sagte der Experte. Künftig drohen bei Besitz von dargestelltem Kindesmissbrauch statt einem Jahr bis zu zwei Jahre Haft.
„Mit Konzepten alleine ist es nicht getan“
Dass bei schweren Fällen die Strafe damit gleich hoch sei wie bei direkten „Hands-on“-Delikten, sei in Frage zu stellen, so Birklbauer. „Unter rechtsdogmatischen und kriminalpolitischen Gesichtspunkten ist das ein sehr kritisch zu sehender Weg, weil die Wertigkeit der Delikte untereinander aus den Fugen geraten kann“, sagte Birklbauer. Zu den geplanten Kinderschutzkonzepten an Schulen meinte er: „Ich halte Prävention für sehr wichtig und finde es gut, dass es Konzepte gibt, um zu sensibilisieren, aber mit Konzepten allein ist es nicht getan.“
Es brauche darüber hinaus Ressourcen für Präventions- und Beziehungsarbeit, sagte er. So fänden statistisch gesehen mehr als 80 Prozent aller Missbrauchsfälle in den „eigenen vier Wänden“ statt „und nicht in den Institutionen, wie Schule, Kulturbetrieb oder Sportbetrieb“, hieß es. „Da muss man hier ansetzen bei den Konzepten.“
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