Der Konflikt um Innsbrucks Vizebürgermeister Johannes Anzengruber spitzt sich weiter zu: Die Landespartei ist sauer, die Stadt schaltet - wie berichtet - den Staatsanwalt ein. Bringt ein nahender Stadtparteitag den Befreiungsschlag?
Staatssekretär Florian Tursky – heiß gehandelter Bürgermeisterkandidat der gemeinsamen Plattform ÖVP und Für Innsbruck – reist fleißig durch die Lande und stellt Österreichs Digitalisierungsstrategie vor – auf höchster Ebene. Zuletzt war er zu Besuch beim grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, und berichtete in Stuttgart der gesamten Regierung von den Fortschritten im Heimatland in den vergangenen beiden Jahren. Von den Niederungen der Stadt-Politik weit entfernt wird er mit Schaudern mitverfolgt haben, was sich im Innsbrucker „House of Cards“ abspielt:
Stadt Innsbruck übergibt Unterlagen Staatsanwalt
Denn mittlerweile ist die magistratsinterne Überprüfung der Aktivitäten von Vize-BM Johannes Anzengruber in Zusammenhang mit der Erlebnis-Card abgeschlossen. Ergebnis: „Die Erkenntnisse gehen an die Staatsanwaltschaft“, hieß es Mittwoch in einer Mitteilung vonseiten der Stadt. Es bestehe „Anzeigepflicht, wenn in amtlicher Eigenschaft der Verdacht einer strafbaren Handlung bekannt wird“. Zwischen den Ressorts von Anzengruber und der Digitalfirma bestanden laut Magistratsdirektion „nicht unerhebliche Geschäftsbeziehungen“, die mit rund 47.000 Euro für vier Module einer App beziffert werden.
Offenbar durch Stückelung des Auftrags blieb man jeweils unter der Grenze von 25.000 Euro, ab der der Stadtsenat befasst werden müsste. Kurioses Detail: Den mit Datenschutz, Personalentwicklung und Bürgerservice befassten Ämtern ist die App gar nicht bekannt! Wegen Mängel beim Datenschutz wurde sie nun vom Netz genommen.
Anders als von dir dargestellt, sprechen laut Gutachten hingegen sehr wohl juristische Argumente dafür, dass es sich bei den Vorteilskarten um eine Spende an einen „Abgeordneten“ zur Unterstützung seiner parteipolitischen Tätigkeit handelt
Sebastian Kolland
Abmachung wieder nicht eingehalten
Unterdessen hat sich Anzengruber ein weiteres Mal den Unmut der Landespartei zugezogen, weil er Inhalte eines vertraulichen Gesprächs per E-Mail in alle Welt hinausposaunt hat. Das sei „bedauerlich“, schreibt Landesgeschäftsführer Sebastian Kolland ebenfalls an den erweiterten Verteilerkreis. Die brisanteste Passage: „Anders als von dir dargestellt, sprechen laut Gutachten hingegen sehr wohl juristische Argumente dafür, dass es sich bei den Vorteilskarten um eine Spende an einen ,Abgeordneten’ zur Unterstützung seiner parteipolitischen Tätigkeit handelt“, heißt es in Kollands Mail. Anzengruber will nun ein weiteres Gutachten einholen, weil er jenes der Landespartei offenbar nicht gesehen hat, was diese wiederum bestreitet.
Politiker mit Vorbildfunktion, Stadtparteitag in Vorbereitung
Fakt ist: Es gibt neben der juristischen Komponente auch eine moralische. Dies hat zuletzt der (Ex-)VP-Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl in Niederösterreich am eigenen Leib schmerzlich erfahren. Ihm ist ein vermeintlich sauberer Immobilien-Deal zum Verhängnis geworden.
Unaufhaltsam steuert der Polit-Thriller in Innsbruck auf einen weiteren (vorläufigen) Höhepunkt zu: den Stadtparteitag. Tursky oder Anzengruber lautet hier die Kernfrage. Oder kommt noch ein Überraschungsgast? Die VP versucht, die Reihen zu schließen. Denn sie weiß: Eine Abspaltung von Anzengruber schwächt die Partei. Und lässt BM Georg Willi frohlocken
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