Bank-Austria-Chef:

“Noch Jahre, bis Österreich Triple-A wieder hat”

Österreich
16.02.2012 15:52
Bank-Austria-Chef Willibald Cernko geht davon aus, dass es noch ein weiter Weg sein wird, bis Österreich sein Triple-A-Rating zurück hat. Was das groß angelegte Geschäft der österreichischen Banken in Osteuropa betrifft, will Cernko dieses nicht "schlechtgeredet" sehen - auch nicht von den Ratingagenturen. Das Sparpaket der Regierung wiederum ist für ihn lediglich ein "erster Schritt", eine Griechenland-Pleite wäre ein "Armutszeugnis" für die EU.

Es könnte drei bis sechs Jahre dauern, bis die Republik das AAA-Rating wieder sicher in der Tasche habe, sagte Cernko am Donnerstag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Ostgeschäft heimischer Banken verteidigt
Das Engagement österreichischer Banken in Osteuropa sieht Cernko gelassen. Er wisse schon, dass die Ratingagenturen Worst-Case-Szenarien mit breiter Rezession unterstellen müssten - von pauschalen Urteilen quer über die Region und einer "verkürzten" Betrachtung der dort ausstehenden Summen halte er jedoch nichts.

Österreichs Banken sind mit mehr als 300 Milliarden Euro größter Kreditgeber im Osten - für Cernko eine "Bruttobetrachtung". Von diesen 300 Milliarden seien 190 Milliarden durch lokale Einlagen und Refinanzierungen besichert. 100 bis 110 Milliarden Euro seien nicht durch Einlagen oder eigene Emissionen vor Ort abgedeckt, sondern aus Österreich besichert bzw. "direktes Exposure" und damit theoretisches österreichisches Risiko.

Im Detail umfassen diese rund 110 Milliarden Euro laut Bank-Austria-Branchenrechnungen mehr als 40 Milliarden Euro "Funding" aus Österreich, also Mittelflüsse österreichischer Mütter zu ihren CEE-Töchtern, 18 Milliarden Euro Beteiligungskapital und rund 50 Milliarden Euro Direktkredite aus Österreich an osteuropäische Kreditnehmer.

Sparpaket: "Es fehlen die großen Wachstumsimpulse"
Das neue Sparpaket der österreichischen Regierung wertet Cernko bloß als "ersten Schritt in die richtige Richtung". Für bedenklich hält er, ein Stabilitätsprogramm an Aussagen wie "Was kostet es den Mateschitz und den Treichl?" festzumachen. Ihn selbst koste das Paket, was die Solidarabgabe für Spitzenverdiener betrifft, einige Zehntausend Euro, sagte Cernko auf Nachfragen.

Generell vermisst Cernko im Sparpaket Strukturreformen. Auch seien viele Positionen mit Fragezeichen drin, etwa was die Finanztransaktionssteuer und die Abgeltungssteuer auf Vermögen in der Schweiz betrifft. Es reiche auch nicht, einige Großbaustellen zurückzunehmen. "Es fehlen die großen Wachstumsimpulse. Da muss noch Einiges nachkommen." Man habe da 27 Milliarden Euro an Maßnahmen addiert, doch "netto sieht die Welt schon ganz anders aus".

Griechen-Pleite wäre "Armutszeugnis für die EU"
Anders als Erste-Bank-Chef Andreas Treichl hält Cernko einen Euro-Austritt Griechenlands nicht für realistisch: "Europa wird sich das dreimal gut überlegen", das würde das ganze Projekt Europa infrage stellen. Die EU könne es sich nicht leisten, Griechenland in eine unkontrollierte Insolvenz schlittern zu lassen. Für Cernko wäre dies ein "Armutszeugnis". Das Problem Griechenlands werde freilich nicht in einer Generation zu lösen sein, vermutet er. Es reiche dabei auch nicht, aus den Griechen das letzte Sparpotenzial herauszupressen. "Wir sehen zu wenige Wachstumsimpulse."

Wie eine "kontrollierte" Pleite vonstatten gehen könnte, weiß Cernko auch nicht. Als die Probleme mit Griechenland begannen, hätte wohl ein zweistelliger Milliardenbetrag gereicht, "und man würde heute das Thema Griechenland nicht mehr diskutieren müssen". Nun sei man so weit, dass "eine Dramaturgie durchlaufen werden muss, wo am Ende fast eine Katastrophe steht".

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