Knalleffekt im Damen-Skispringen. Zehn Wochen vor dem Weltcupstart hängt Daniel Iraschko-Stolz ihre Sprunglatten an den berühmten Nagel. 18 Monate kämpfte Österreichs erfolgreichste „Adlerin“ mit einer Knieverletzung um ein Comeback, fürs Skispringen auf Weltklasse reicht es aber nicht mehr. Für die „Krone“ schaut die 39-jährige Wahl-Innsbruckerin auf ihre Karriere.
„Krone“: Seit mehr als 18 Monaten kämpfst du mit einem kaputten linken Knie für ein Comeback. Warum jetzt dein Rücktritt?
Daniela Iraschko-Stolz: Ich täte am liebsten jeden Tag Skispringen, das ist nach wie vor mein Leben. Aber wenn es nicht, geht es eben nicht. Vielleicht starte ich ja mit 50 noch einmal ein Comeback.
Wie geht es dir?
Nach einer erneuten Knieoperation geht es mit dem Knie extrem besser, ich habe wieder eine mega Lebensqualität. Ich kann laufen, ich kann sogar ein bisschen Fußball spielen, muss nicht darüber nachdenken, mit welchem Fuß ich aufstehe. Für einen Winter durchzuspringen reicht, es aber nicht. Für mich ist es aber ein großer Erfolg, wie es jetzt ist. Da bin ich dem Skiverband sehr dankbar, dass sie das mit unterstützt haben.
Stürze und Verletzungen waren immer ein Wegbegleiter in deiner Karriere. Hast du die Knie-Operationen mitgezählt?
Es waren zu viele. Ich denke, es waren über zehn. Der Kreuzbandriss 2012 war sicher die schlimmste Verletzung, für das habe ich lange durchgehalten. Bis zum Totalschaden im vorigen Jahr, wo ich den Fuß gar nicht mehr gespürt habe.
Du warst jetzt mehr als 20 Jahre Skispringerin. Gibt es schon Pläne für die Zukunft?
Bei der Polizei habe ich um eine Karenzierung gebeten. Es macht mir irrsinnig viel Spaß, mit Kindern zu arbeiten. Ein Jahr kann ich mir leisten, um Erfahrungen zu sammeln. Man verdient im Nachwuchs nicht wirklich etwas, aber das wäre genau mein Leben.
Ich bin ganz glücklich, wenn ich ein bisschen leiser treten kann. Im Nachwuchs hätte ich genau meine Qualitäten.
Daniela Iraschko-Stolz
Hast du schon eine konkrete Aufgabe?
Ich habe die Chance angenommen, im Tiroler Skiverband und beim Absamer Verein zu arbeiten. Herschenken und verkaufen kann ich meine Leidenschaft nicht, aber es ist eine coole Aufgabe, das weiterzugeben. Ich habe Pläne für die Zukunft, mal schauen, ob es mir gelingt.
Also ein Trainerjob. Möchtest du die erste Frau im Cheftrainer-Amt werden?
Ich bin ganz glücklich, wenn ich ein bisschen leiser treten kann. Im Nachwuchs hätte ich genau meine Qualitäten. Wenn es funktioniert, dass ich davon leben kann, bleibe ich den Kids bis an mein Lebensende treu.
Weltmeisterin, Weltcupsiegerin - du hast fast alles gewonnen. Für viele bist du aber vor allem eine Pionierin im Damen-Skispringen...
Ich denke, dass ich in den vergangenen 20 Jahren den Sport mitgestaltet habe. Ich habe mitgeholfen, dass das Damen-Springen jetzt ist, wo es ist. Die Entwicklung geht in die richtige Richtung, aber es gibt noch Dinge, die verbessert gehören. Da werde ich definitiv weiter kämpfen. Gerade in Österreich für die Mädels im Nachwuchs. Wir haben extrem gute Leute in der Spitze. Aber es wäre cool, wenn wir bei den jungen Mädels breiter aufgestellt wären.
Im Sport ist es wesentlich, wie viel mediales Interesse gibt. Einer soll das auch alles zahlen. Es gehört aber im Laufe der Zeit angepasst, dass es irgendwann mal gleich ist.
Daniela Iraschko-Stolz
Mit der FIS-Ladies-Tour hast du im Winter 1999 deine ersten FIS-Wettkämpfe bestritten. Hast du dir damals vorstellen können, jemals bei einer WM oder Olympia dabei sein zu können?
Ich wollte schon als Kind einmal bei Olympischen Spielen starten. Dort habe ich mir darüber aber nicht den Kopf darüber zerbrochen. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass es schneller geht. Wenn du aktiv bist, läuft dir die Zeit davon. Ich glaube, dass die Entwicklung eine gute ist. Die großen Baustellen sind fertig.
Was gilt es noch zu verbessern?
Dass man das Preisgeld an die Herren anpasst. Das kann man mit einem normalen Beruf nicht vergleichen. Im Sport ist es wesentlich, wie viel mediales Interesse gibt. Einer soll das auch alles zahlen. Es gehört aber im Laufe der Zeit angepasst, dass es irgendwann mal gleich ist. Es gibt auch noch andere Dinge zu tun. Zum Beispiel sollte es bei Großereignissen gleich viele Wettkämpfe für Damen und Herren geben.
51 Siege im Kontinentalcup, danach 16 Siege im Weltcup, dazu WM- und Olympia-Medaillen. Was war dein schönster Sieg?
Es hat sehr, sehr viele schöne Momente gegeben. Ich habe mir mit den Verletzungen sehr viel erkämpfen müssen, da habe ich meine Erfolge sehr gut genießen können. Aber die WM in Oslo war sicher etwas ganz Besonderes. Weil es zwei Jahre zuvor in Liberec nicht geklappt hat, weil der Holmenkollen die Wiege des Skispringens ist. Emotional war auch der Sieg mit dem Damen-Team bei der WM in Oberstdorf. Mir taugt der Mannschaftssport, habe ja auch sehr lange Fußball gespielt.
Und was war der Tiefpunkt deiner Karriere?
Das war die Disqualifikation im Teambewerb bei den Olympischen Spielen in Peking mit der Disqualifikation. Ich habe das Fairplay immer hochgehalten, ich wollte nie bescheißen. Wer sich im Skispringen auskennt, weiß, dass solche Dinge passieren können. Es ist meine schmerzhafteste Niederlage.
Deine Geschichte schreit eigentlich nach einem Buch...
Das mache ich ganz sicher nicht. Ich schreibe keine Autobiografie und ich drehe keine Film-Doku über mein Leben.
Am Ende sagt man Danke. Wer waren deinen wichtigsten Wegbegleiter?
Prinzipiell bin ich jedem dankbar. Ich habe sehr coole Trainer gehabt. Jeder hat mich ein bisschen geprägt, der eine mehr, der andere weniger. Zu erwähnen ist sicher Paul Ganzenhuber. Er war immer mein Mentor, der auch immer versucht hat, mir die Diplomatie und den Weitblick beizubringen in den Diskussionen mit der FIS (Anmerkung: Ski-Weltverband). Auch Gerhard Niederhammer, mein allererster Trainer in Eisenerz, hat mich lange begleitet. Zum Schluss waren Andi Felder und Markus Maurberger für mich wichtig.
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