Die EU-Stimmungslage in Österreich ist laut einer aktuellen Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und der hohen Inflation ambivalent. Es gebe zwar eine klare Mehrheit für die EU-Mitgliedschaft, aber auch ein unklares Meinungsbild zu mehr oder weniger Europa, teilte die Gesellschaft mit. Eine Mehrheit für die EU-Mitgliedschaft sei stabil, jedoch steige die Zahl der Befürworter nationaler Alleingänge.
„Zwar steht eine überwiegende Mehrheit stabil hinter der EU-Mitgliedschaft, dennoch ist die Meinung geteilt, ob bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen nun mehr gemeinsames, europäisches oder mehr nationalstaatliches Handeln der richtige Weg ist“, analysierte Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik, die Ergebnisse der Umfrage laut Aussendung. Die Umfrage wurde vom market-Institut vom 12. bis 18. September österreichweit online unter 1.000 Befragten durchgeführt, die maximale statistische Schwankungsbreite beträgt 3,16 Prozent.
65 Prozent klar für EU-Mitgliedschaft
Laut Umfrage sprechen sich 65 Prozent der Befragten dafür aus, dass Österreich Mitglied der Europäischen Union bleibt. 27 Prozent plädieren für einen Austritt aus der Union, acht Prozent antworten „weiß nicht“ oder machen keine Angabe. Im April waren noch 67 Prozent für den Verbleib in der EU und 25 Prozent für den Austritt.
Der Krieg und die hartnäckig hohe Inflation machen vielen Menschen hierzulande zu schaffen und befördern Unzufriedenheit, Sorgen und Misstrauen gegenüber der Politik.
Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik
Der Krieg und die hartnäckig hohe Inflation „machen vielen Menschen hierzulande zu schaffen und befördern Unzufriedenheit, Sorgen und Misstrauen gegenüber der Politik. Dies macht sich nicht zuletzt auch im EU-Meinungsbild bemerkbar, denn die Zahl der Skeptiker der EU-Mitgliedschaft Österreichs steigt seit fast vier Jahren kontinuierlich an“, so Schmidt.
Austrittswillige nehmen zu
Dennoch könne die überwiegende Mehrheit mit einem EU-Austritt Österreichs nichts anfangen. „Ein Trend, der seit dem Beitritt Österreichs zur EU - mit leichten Schwankungen - Bestand hat“, sagte der ÖGFE-Generalsekretär. Im langjährigen Durchschnitt liege die Zahl der EU-Befürworter bei rund 70 Prozent, die Zahl der EU-Austrittsbefürworter bei knapp 22 Prozent. Seit Dezember 2019 sei der Prozentsatz der Austrittswilligen jedoch deutlich im Steigen begriffen.
Geteilte Meinungen bei nationalem Handeln
Was verstärktes gemeinschaftliches Handeln auf europäischer Ebene betrifft, ist die Bevölkerung laut Umfrage geteilter Ansicht. Aktuell sagen demnach 47 Prozent, dass es mehr gemeinsames Handeln brauche, 43 Prozent - und damit acht Prozent mehr als noch im Mai 2022 - wollen, dass die Nationalstaaten stärker das Heft in die Hand nehmen. Elf Prozent beziehen zu dieser Frage nicht Stellung.
„Die Zahl jener, die befürworten, dass die einzelnen Nationalstaaten in der EU öfter für sich selbst entscheiden, ist in Österreich im Lauf des vergangenen Jahres größer geworden“, analysiert Schmidt. Dies sei „ein Resultat des politischen Diskurses. Dem Mehrwert des gemeinsamen Europas wird zwar gerne in Sonntagsreden pauschal das Wort geredet, aber gleichzeitig gibt es die Neigung, mit exponierten nationalstaatlichen Ansagen und Emotion gegen ‘die EU‘ zu wettern.“
Zustimmung für Ukraine-Unterstützung weiterhin hoch
52 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen - und damit etwa genauso viele wie im April - halten laut der Umfrage die EU-Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen den russischen Angriff für wichtig. 34 Prozent sehen dies nicht so und geben laut Umfrage an, dass sie den europäischen Rückhalt für Kiew „eher nicht“ (15 Prozent) oder „gar nicht“ (24 Prozent) wichtig finden. Neun Prozent äußern sich nicht.
Die Befragten sind sich unschlüssig, ob der Krieg gegen die Ukraine auch einen Einfluss auf die Zukunft einer EU-Erweiterung hat. So sagen 28 Prozent, dass das Vorantreiben der EU-Erweiterung um neue Mitgliedsländer infolge des russischen Angriffs wichtiger geworden sei. 24 Prozent vertreten die gegenteilige Ansicht und geben an, dass die EU-Erweiterung dadurch an Bedeutung verloren habe. 35 Prozent sehen weder positive noch negative Auswirkungen auf den Erweiterungsprozess. 14 Prozent können dies aktuell nicht einschätzen.
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