Der Fall jenes Braunauers, der im Freibad ungeniert seine Nazi-Tattoos zeigte, schlug in ganz Österreich Wellen, nicht zuletzt deswegen, weil die Braunauer Polizei zwar anrückte, aber nicht eingriff. Am Dienstag erhielt der Innviertler sein Urteil: Zwei Jahre teilbedingt, fünf Monate davon muss er absitzen.
Ein Badegast, selbst Polizist aus dem benachbarten Bayern, alarmierte im Juli die Polizei, weil ein 32-jähriger Badegast mit offensichtlichen Nazi-Tattoos im Freibad planschte. Die Braunauer Kollegen kamen, betraten das Bad aber nicht, und zogen schließlich unverrichteter Dinge wieder ab, ohne den Tätowierten überhaupt zu Gesicht bekommen zu haben.
Präsentierte Nazi-Symbole auf Social Media
Es war nicht sein erstes Mal: Der Prozess beginnt wie immer mit der Verlesung seiner Vorstrafen, alleine das dauert mehrere Minuten - seine erste einschlägige Vorstrafe fasste er bereits mit 16 Jahren aus, als er in der Öffentlichkeit den Hitlergruß zeigte und NS-Liedtexte dabei hatte. Seitdem hat er neun weitere Vorstrafen und zwölf Eintragungen gesammelt. Der Innviertler hat auch schon mindestens zweimal das Bad betreten, ohne seinen mit zahlreichen Symbolen der NS-Zeit bedeckten Oberkörper zu verdecken.
Keine Beziehungen zur Neonazi-Szene nachgewiesen
Auch in sozialen Medien hatte er auf Fotos, etwa beim Fischen posiert, auf denen die Tattoos zumindest teilweise sichtbar waren. Deswegen war bereits im Jänner dieses Jahres ein Ermittlungsverfahren gegen den 32-Jährigen eingeleitet worden, im Zuge dessen im Mai auch sein Haus durchsucht worden war. Dabei stieß man aber auf keine belastenden Materialien, und auch die Staatsanwaltschaft konnte dem Wiederholungstäter keine Beziehungen in die Neonazi-Szene nachweisen.
„Ich habe nicht daran gedacht“
Ermittlungen und Hausdurchsuchungen zum Trotz ließ es sich der Innviertler nicht nehmen, im Juli gleich zweimal im Freibad zu planschen. Seine Rechtfertigung, sowohl für die Postings als auch die Besuche im Bad: Er habe nicht nachgedacht, habe es einfach getan. Die Bilder habe er gepostet, weil sich auf Facebook jeder zeigt, nicht, weil er seine Tätowierungen zur Schau stellen wollte. Ins Bad sei er gegangen, weil es heiß gewesen sei, und seine Kinder (sein Sohn, 7, und die Tochter seiner Freundin, 6) wollten nur schnell ins Wasser.
Bademeister brachte Tapes zum Abdecken
Weil er nicht daran gedacht habe, dass seine Tattoos Grund zum Anstoß seien, bekannte er sich „nicht schuldig“, wegen mangelndem Vorsatz. Auch beim zweiten Mal tauchte er wieder mit nacktem Oberkörper auf - der Bademeister brachte ihm schließlich Tapes, um die Symbole zu verdecken. Da erfuhr der Angeklagte laut eigener Aussage auch erstmals von dem Wirbel, den sein erster Besuch verursacht hatte.
Kreative Deutung von Nazi-Tattoos
Die Tätowierung „H8“ deutet er als kreative Schreibweise des Wortes „Hate“ (Hass) und nicht als „Heil Hitler“, dennoch habe er heute dieses Tattoo mit Pflastern überklebt - die Richterin schenkte dieser Version keinen Glauben. Warum er es nicht entfernt hat, fragte sie? „Das war wohl nicht gescheit“, die schlagfertige Antwort. Auch, dass er früher in Neonazi-Kreisen vernetzt und unterwegs war, gibt er zu.
Die Wogen gehen hoch im Schwurgerichtssaal
Er habe sich die Tattoos in seiner Jugendzeit machen lassen, weil er in der Szene war und cool sein wollte. Vier davon habe er auch schon entfernen lassen. Warum er die anderen Zeichen und Symbole trotz richterlicher Weisung, sie zu entfernen, aber immer noch trage, und auch in der Öffentlichkeit präsentiere? Er habe sich schon so an die Tätowierungen gewöhnt, lautet die Antwort. Weil die Richterin einen langen Vorhalt spricht, will der Verteidiger Einspruch erheben, die Richterin besteht aber darauf, auszusprechen. Es wird kurz laut zwischen den beiden, bevor der Prozess normal fortgesetzt wird.
Wohnt jetzt mit türkischer Freundin und Schwiegereltern zusammen
Der Angeklagte wohnt nun mit seiner türkischstämmigen Freundin, deren Bruder, Vater und dessen kenianischer Lebensgefährtin in einem Haushalt zusammen. Reibereien gebe es keine, er habe sein altes Leben hinter sich gelassen, wie der Angeklagte nicht müde wurde, zu betonen. Im letzten Jahr habe er seine Beziehung wieder aufgebaut, den Hauptschulabschluss nachgeholt und sich an der Handelsakademie eingeschrieben. Mit Nachdruck behauptete er, seine Neonazi-Vergangenheit hinter sich gelassen zu haben.
„Ganz normaler Badegast“
Sämtliche Zeugen - der bayrische Polizist, dessen Gattin und zwei Bademeister hatten abgesehen von den Tattoos keine Notiz von dem Badegast und seiner Familie genommen, er verhielt sich ihrer Aussagen nach „ganz normal, wie ein Vater im Freibad halt“.
Zwei Jahre teilbedingt
Zu guter Letzt glaubte ihm die Richterin doch teilweise: Dass weder in seinem Haus noch auf seinem Computer oder Mobiltelefon inkriminierende Spuren auftauchten, sowie seine Einschreibung an der Handelsakademie und eine stabile Beziehung rechnete sie ihm positiv an. Aufgrund seiner Vorgeschichte erhielt er dennoch zwei Jahre teilbedingt, fünf Monate davon muss er absitzen. Dazu muss er vier seiner Nazi-Tattoos überstechen lassen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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