Wunderschuh? Doping?

Fabel-Weltrekord im Marathon polarisiert extrem

Sport-Mix
25.09.2023 20:19

Welchen Anteil hatte der 138 Gramm leichte und 500 Euro teure „Wunderschuh“, den Tigist Assefa bei ihrem Fabel-Weltrekord im Berlin-Marathon trug? Die Meinungen dazu sind konträr. Auch das Thema Doping wird heiß diskutiert.

Der Marathon-Fabelweltrekord der Äthiopierin Tigist Assefa, die in Berlin in 2:11:53 Stunden die Bestmarke der Kenianerin Brigid Kosgei (Ken) um 2:11 Minuten (!) verbesserte, wird noch länger Gesprächsthema sein. Julia Mayer, die heuer mit 2:30:42 Stunden beim Vienna City Marathon österreichischen Rekord lief, sagt: „Diese Leistung ist für mich surreal. Ihren Schnitt auf einen Kilometer bin ich bei meinem persönlichen 5000-Meter-Rekord gelaufen. Sie ist das über 42 Kilometer gelaufen. Das kann ich nicht nachvollziehen."

Hier ist der „Wunderschuh“ von Assefa gut zu sehen. (Bild: Reuters)
Hier ist der „Wunderschuh“ von Assefa gut zu sehen.

Mayer betont: „Dass Assefa bei ihrem erst dritten Marathon ihre eigene Bestzeit um über vier Minuten verbessert hat, ist irre. Das ist für mich die beste Leistung, die jemals im Marathon gezeigt wurde.“ Sie glaubt, dass diese Zeit lange stehen bleiben wird: „Es war einfach der perfekte Tag. Ihre Form, die Pacemaker, die Temperaturen, der Wind und die Strecke haben ideal gepasst.“ 

Für Julia Mayer ist der Marathon-Weltrekord von Berlin eine surreale Leistung. (Bild: EPA)
Für Julia Mayer ist der Marathon-Weltrekord von Berlin eine surreale Leistung.

Dass der Hightech-Schuh von adidas, den Assefa bei ihrem Wunderlauf trug, eine große Rolle spielte, glaubt Julia nicht: „Sie hätte ihre Leistung auch mit einem anderen Schuh erbracht.“ Fakt ist für sie, dass die Carbonschuh-Modelle aber „wesentlich angenehmer für die Muskeln sind“. 

Julia Mayer lief heuer beim Vienna City Marathon mit der Zeit von 2:30:42 Stunden österreichischen Rekord. (Bild: urbantschitsch mario)
Julia Mayer lief heuer beim Vienna City Marathon mit der Zeit von 2:30:42 Stunden österreichischen Rekord.

Wolfgang Konrad, Veranstalter des Vienna City Marathon, nickt: „Ich glaube auch nicht, dass nur der Schuh zu so einem Leistungssprung führen kann. Da spielen viele Faktoren eine Rolle.“ Der frühere Weltklasse-Läufer sagt: „Es wird immer schneller. Als die Japanerin Takahashi den Marathon unter 2:20 Stunden lief, dachte man, das war es. Dann lief Paula Ratcliffe unter 2:15 Stunden und jetzt Tigist Assefa sogar unter 2:12 Stunden.“ Konrad unterstreicht: „Ich glaube, dass die Ernährung ein ganz großer Gamechanger ist. Die Wissenschaft weiß mittlerweile so viel. Die Energiebereiterstellung wird immer besser. Aber auch das Thema Regeneration hat sich unglaublich entwickelt.“ Eines beeindruckte ihn besonders: „Ihre Körperspannung auch am Ende des Marathons war unglaublich.“

Wolfgang Konrad, Veranstalter des Vienna City Marathon, sprach von einer unglaublichen Leistung. (Bild: KRISTIAN BISSUTI)
Wolfgang Konrad, Veranstalter des Vienna City Marathon, sprach von einer unglaublichen Leistung.

Die österreichische Trainerikone Wilhelm Lilge hält bei der High-Tech-Diskussion dagegen: „Ihr Schuh ist sicher auch ein Grund für die Zeit. Eigentlich sind federnde Elemente nicht erlaubt, aber der Weltverband hat die Carbonschuh-Modelleaus wirtschaftlichen Gründen nicht verboten.“ Assefas Schuh wiegt nur 138 Gramm, kostet 500 Euro. Die Auflage ist limitiert.

Wilhelm Lilge glaubt an eine wichtige Rolle des Schuhs beim Marathon-Weltrekord von Berlin. (Bild: GEPA )
Wilhelm Lilge glaubt an eine wichtige Rolle des Schuhs beim Marathon-Weltrekord von Berlin.

„Eine Art Sport-Zuhältertum“
Den Reflex, bei solchen Leistungen sofort von Doping zu sprechen, will Lilge prinzipiell vermeiden. Aber: „In Assefas Umfeld gibt es auf Trainer- und Managementebene schon windige Figuren, die in der Vergangenheit in der Nähe von unerlaubten Mitteln waren. Gerade Europäer haben in der Leichtathletik schon eine Art Sport-Zuhältertum aufgebaut.“ Zum Thema Doping sagt er: „Man muss wissen, wie viele unangemeldete Doping-Kontrollen es gegeben hat.“ Er nennt ein Beispiel: „Ich war einmal in Kenia im Dorf Iten, wo perfekte Trainingsbedingungen herrschen, als ein Flugzeugt mit Doping-Kontrolloren gelandet ist. Das hat sich sehr schnell herumgesprochen. Da ist die ganze türkische Nationalmannschaft, die aus eingebürgerten Läufern und Läuferinnen aus Kenia bestand, hinter dem Hotel über den Zaun gesprungen und davongelaufen.“ Lilge erzählt aber auch: „In Kenia wurden aber auch die Anti-Doping-Gesetze verschärft. Wer überführt wird, geht ins Gefängnis.“

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