Chaos in Bergkarabach
Treibstoffdepot explodiert: Hunderte Opfer
Mindestens 290 Verletzte und mindestens 20 Tote hat am Montagabend die verheerende Explosion eines Treibstoffdepots in der Konfliktregion Bergkarabach gefordert. Medienberichten zufolge hatten sich die Menschen vor dem Depot angestellt, um sich Treibstoff für ihre Fluchtfahrzeuge zu besorgen, damit sie aus der von aserbaidschanischen Truppen eroberten armenischen Exklave Richtung Armenien aufbrechen können.
Unklar ist noch, was die Katastrophe in der mehrheitlich von Armeniern bewohnten Region auslöste, die in der vergangenen Woche von Aserbaidschan angegriffen und besiegt worden waren. Auf Fotos in sozialen Netzwerken waren große Flammen zu sehen.
Die Politikerin Metakse Akopjan erklärte, an dem Lager hätten zum Zeitpunkt des Unglücks viele Menschen für Benzin angestanden, weil sie mit Autos vor den Aserbaidschanern nach Armenien fliehen wollten.
Das Menschenrechtsbüro der Region appellierte an die internationale Gemeinschaft: Es sei dringend notwendig, insbesondere schwer verletzte Menschen zur Behandlung auszufliegen. „Die medizinischen Kapazitäten Berg-Karabachs sind nicht ausreichend, um die Leben der Menschen zu retten“, hieß es in der Mitteilung auf der früher als Twitter bekannten Plattform X.
Dramatische humanitäre Lage
Die humanitäre Lage in Bergkarabach, das seit Langem zwischen den beiden verfeindeten Ex-Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan umkämpft ist, ist ohnehin katastrophal. Seit Monaten blockieren Aserbaidschaner die einzige armenische Zufahrtsstraße, weshalb Lebensmittel, Medikamente und Benzin in der Region knapp sind.
Am vergangenen Dienstag dann startete das autoritär geführte Aserbaidschan eine Militäroperation zur Eroberung Berg-Karabachs. Nur einen Tag später ergaben sich die unterlegenen Karabach-Armenier. Während der kurzen Kämpfe starben armenischen Angaben zufolge mehr als 200 Menschen, mehr als 400 weitere wurden demnach verletzt. Die Zehntausenden armenischen Zivilisten in der Region fürchten nun, vertrieben oder von den neuen aserbaidschanischen Machthabern unterdrückt zu werden.
Experte: Konflikt hat lange Vorgeschichte
Armenienexperte Herbert Maurer sagte Montagabend in der ZiB 3 des ORF, dass der Konflikt eine „lange Vorgeschichte“ habe. „Im Schatten des Ukraine-Desasters ist es einfacher, kleinere Konflikte zu bereinigen.“ Auch deshalb, weil die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit nicht so groß sei, meinte der Schriftsteller, der selbst in Armenien gelebt hat. Armenien sei immer eine „ur-europäische Region“ gewesen, erklärte Maurer. Die Armenier seien „nie aggressiv oder expansiv“ gewesen, sie wollten nur ihre Kultur und Identität leben, die immer eine europäische gewesen sei, so Maurer in der ORF-Sendung weiter.
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