Beamtin packt aus
Die Doppelmoral der niederösterreichischen Polizei
„Unnötige Kilometer fahren lassen“ und „selbst kein Klimabewusstsein haben“, das wirft eine junge niederösterreichische Polizistin ihrem Arbeitgeber vor. Das, kombiniert mit dem polizeiinternen Denken über die Klimakleber, stößt ihr sauer auf.
„Klimakleber haben ihre Berechtigung!“ Mit dieser Aussage ist die Polizistin Anna T. (Name geändert) auf ihrer Dienststelle wohl allein. Ihr Vorwurf: „Die Polizei verhält sich doppelmoralisch.“ Vor allem in Bezug auf Klimathemen. Denn „für Klimakleber gibt es kaum Verständnis und eine negativ behaftete Meinung, obwohl sich die Polizei selbst an der Nase nehmen sollte“, so die Exekutivbeamtin aus Niederösterreich.
Ärger über „unnötige Kilometer“
Begründen kann sie diese Aussagen mit den alltäglichen Streifenfahrten. Dabei spricht sie nicht von den gezielten Nachtdienstfahrten oder der Dämmerungsstreife, bei welchen Orte kontrolliert werden, wo es häufiger zu Kriminalitätsdelikten kommt. Es sind „unnötige Kilometer, die gefahren werden müssen“, so T. weiter: „Oft gilt unser Tätigkeitsprotokoll erst als befüllt, wenn die Kilometeranzahl stimmt.“
Manchmal fahren wir dann einfach bei einer Autobahnauffahrt auf, nach zwei Ausfahrten wieder runter und zurück zur Dienststelle.
Polizistin Anna T. (Name geändert)
Dabei betont sie, dass durch die Einsatzfahrten meistens die Kilometer sowieso zustande kommen, trotzdem wünscht sie sich, dass „dieses Denken wegfällt, dass erst die Dienstarbeit getan ist, wenn man auf Krampf die 50 Kilometer gefahren ist.“ Denn laut ihren Angaben fährt sie ungefähr die Hälfte aller Streifenfahrten „unnötige Kilometer, bei denen Abgase in die Luft geblasen werden“.
Gewohnte Tugenden bleiben bestehen
„Frage ich bei Vorgesetzten oder erfahrenen Kollegen, ob es nicht klimaschonender ginge, bekomme ich immer dieselbe Antwort - nämlich, dass ‚es immer schon so war‘“, so die Polizistin, für die klar ist: „Klimabewusstsein ist keines vorhanden, da bin ich ziemlich allein auf meiner Dienststelle.“
Laut T. hat sie noch nie jemanden unter ihren Reihen gehört, der Verständnis für die Klimakleber hätte. „Die Kollegen sehen das ganze meist einfach als mühsam an. Die eigenen Aktionen hinterfragen aber die wenigsten“, so die Polizistin: „Einige finden zwar solche klimaunfreundlichen Vorgehensweisen als nicht richtig an, laut wird aber selten jemand.“ T. selbst sagt über die Klimakleber, dass sie ihre Berechtigung haben, aber vielleicht an den falschen Punkten ansetzen. „Jedenfalls ist mir Klimaschutz aber sehr wichtig“, so T. weiter.
„Zu wenig, zu spät“
Seit Juni 2023 testet die österreichische Polizei auch aktiv Elektrofahrzeuge für den Polizeidienst. 23 Fahrzeuge werden in vier Bundesländern eingesetzt. Die Polizistin sieht das kritisch: „Es wird mit einem grüneren System geworben, obwohl es sich um wenige Fahrzeuge handelt. Das fällt nicht ins Gewicht.“ Die Prüfungs- und Analysephase der E-Fahrzeuge dauert noch bis 2026.
Die Polizistin ist aber der Meinung, dass wirklicher Klimaschutz bei der Polizei funktionieren kann. In Zukunft möchte sich die Beamtin mehr für die Fahrradpolizei in Niederösterreich einsetzen. Bisher gibt es in Niederösterreich 33 Fahrradpolizisten im Dienst. In ihrem zuständigen Bezirk sei noch kein einziges Fahrrad zur Verfügung gestellt worden und das, obwohl laut T. die Nachfrage grundsätzlich vorhanden ist.
Außerdem erzählt sie: „Statt mehrere Stunden bei einem Verkehrsunfall den Motor laufen zu lassen, um das Blaulicht aktiv zu halten, könnten Zusatzbatterien eingebaut werden.“ Doch solche Ideen würden eher belächelt werden. Und sich bei höheren Instanzen zu melden, traut sich die Polizistin nicht zu: „Für mehr Unmut möchte ich nicht sorgen, denn dann könnte ich eventuell meine berufliche Laufbahn nicht mehr so weiterführen.“
Der Schlussappell ihrerseits: „Mir ist wichtig, dass das Klimabewusstsein bei der Polizei überdacht wird und dass der Polizeiverein vielleicht irgendwann auch für Veränderungen offen ist.“
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