Eberhard Jurgalski war zwar noch nie im Himalaya, aber er kennt sämtliche Gipfel und Routen und er weiß, wer bei den Besteigungen ganz oben war und wer nicht. Vor wenigen Tagen sorgte der deutsche Bergchronist mit seiner Arbeit dafür, dass Bergsteigerlegende Reinhold Messner zwei Weltrekorde verlor. Seitdem sieht er sich einem weltweiten Shitstorm ausgesetzt, wie er der „Krone“ verriet.
„Die wollen mich kaputtmachen!“ Der Deutsche Jurgalski schnauft ins Telefon, das nicht mehr zu läuten aufhört: „TV-Sender, Zeitungen, alle wollen was von mir.“ Denn Jurgalski hat mit seiner Arbeit Bergsteigerlegende Messner von seinem Gipfelthron gestoßen, indem der Bergchronist und sein weltweit verstreutes Team die Besteigungen der Achttausender genauestens analysiert und dabei festgestellt haben, dass so mancher Alpinist den echten Gipfel nicht richtig identifizieren konnte.
Drohne eingesetzt
Ein Beispiel: Mehr als 2200 Bergsteiger feierten etwa auf dem Manaslu ihren Achttausender-Erfolg, bis ein Australier im Jahr 2021 oben eine Drohne startete und feststellte, dass man sich gar nicht am höchsten Punkt, sondern am Vorgipfel befindet. Ähnliche Fehleinschätzungen wurden auch von Dhaulagiri und Annapurna dokumentiert.
Messners Fehler habe dabei nicht einmal ich aufgedeckt, sondern mein Kollege aus Frankreich. Doch der ganze Zorn richtet sich gegen mich.
Eberhard Jurgalski, Himalaya-Chronist
Messner fehlten 65 Meter und fünf Höhenmeter
Betroffen von den Nachforschungen ist eben auch Messner, dem bei seiner Annapurna-Besteigung 65 Meter und fünf Höhenmeter bis zum echten Gipfel fehlten. Messner beschreibt nämlich in mehreren Büchern, wie er gemeinsam mit Hans Kammerlander den Gipfel erreichte, die Wolkendecke aufriss und sie das Annapurna-Basislager sehen konnten.
Das Team rund um Jurgalski stellte jedoch auf Grundlage von Digitaldaten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt sowie Gipfelfotos fest, dass vom Gipfel kein Basislager zu sehen sei.
Messner: 13 statt 14 Achttausender
Nach der Neuklassifizierung der echten Achttausender ist Messner demnach nicht mehr auf allen 14, sondern „nur“ auf 13 Achttausendern gestanden, weshalb das Guinnessbuch der Rekorde ihm in seiner neuesten Ausgabe auch den Weltrekordtitel strich. Bislang galt Messner als der erste Mensch, der alle 14 Achttausender der Welt bestiegen hat - und außerdem als erste Person, die dies ohne Hilfe von Sauerstoff aus der Flasche geschafft hat.
Shitstorm
Was darauf folgte, gleicht einem weltweiten Shitstorm gegen den Bergchronisten, der den Fall aufdeckte: „Ich habe im gesamten deutschsprachigen Raum keine Freunde mehr, weil ich scheinbar Gotteslästerung gemacht habe“, schildert Jurgalski der „Krone“: „Messners Fehler habe dabei nicht einmal ich aufgedeckt, sondern mein Kollege aus Frankreich. Doch der ganze Zorn richtet sich gegen mich. Nur was kann ich dafür, wenn ein Mensch einen Fehler macht, der nach 35 Jahren herauskommt. Ich habe den Fehler nicht gemacht.“
Messner reagierte gelassen auf Aberkennung
Messner selbst reagierte am Wochenende gelassen auf den Verlust zweier Titel im Guinnessbuch der Rekorde. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: „Das interessiert mich nicht, ob mein Name im Guinnessbuch steht.“ Er habe zeit seines Lebens nie einen solchen „Weltrekord“ für sich reklamiert. „Einen Rekord, den ich nie in Anspruch genommen habe, kann man mir auch nicht nehmen.“
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