Erstaufführung

Romeo & Julias Lieben und Sterben auf WhatsApp

Kultur
26.09.2023 16:08

„Denis & Katya“ erlebt heute die österreichische Erstaufführung in der Wiener Kammeroper. Der britische Komponist Philip Venables, Jahrgang 1979, vertonte eine tragische Liebesgeschichte aus Russland - und thematisiert den Social Media Wahnsinn. Die „Krone“ traf den Komponisten zum Gespräch. 

Die Geschichte ist real: In einer russischen Kleinstadt flüchtet die junge Katya nach einem Streit mit den Eltern mit Denis in eine Jagdhütte. Dort hängen die beiden ab, betrinken sich, machen Videos, die sie in den sozialen Medien posten. Immer mehr User folgen ihnen, kommentieren und geben Ratschläge.
Doch Katyas Mutter spricht von Entführung, ruft die Polizei. Die stürmt die Jagdhütte. Am Ende ist das junge Paar tot, bis heute nicht geklärt, ob es Selbstmord war oder ob die beiden erschossen wurden.

Hasti Molavian und Timothy Connor (Bild: Theater an der Wien / Peter Mayr)
Hasti Molavian und Timothy Connor

Librettist Ted Huffman stieß auf die Geschichte, als er für Gounods „Roméo et Juliette“ recherchierte. „2016 spülten ihm die Facebook Algorithmen plötzlich die Story von Denis und Katya in seinen Newsfeed“, erzählt Philip Venables im „Krone“-Interview. Er hat gemeinsam mit Huffman den Stoff zu einer Oper verarbeitet, die Umstände und Verlauf der Tragödie formal aufgreift: Nicht Denis und Katya spielen und singen ihre Geschichte, sondern zwei Sänger kolportieren das Drama anhand der Aussagen von sechs Usern.
Die Zuschauer sehen auch die WhatsApp-Kommentare, erfahren somit aus zweiter Hand, durch die Social-Media-Brille, was sich zugetragen hat - oder haben könnte. „Das Stück thematisiert stark den Voyeurismus des Internets, wo alle immer alles vom anderen verfolgen können“, sagt Venables. Um noch direkter am Publikum zu sein, verzichtet auf ein Orchester und den trennenden Graben.
Die zwei Berichterstatter (Hasti Molavian, Timothy Connor) und vier Cellisten sind die einzigen Protagonisten.

Philip Venables, Komponist (Bild: Harald Hoffmann)
Philip Venables, Komponist

Venables integriert die Sounds der eingehenden Nachrichten in seine Musik. Sie geben Struktur, jeder Pieps signalisiert, wenn die nächste Message über Denis und Katya berichtet. Die Dialoge werden außerdem projiziert. Denn Venables Opernarbeit ist stark vom Sprechtheater geprägt, wie er erklärt: „Ich halte mich eng ans Theater, um ,Opernprobleme‘ zu lösen, die mich stören. Nämlich, dass man den Text oft schlecht versteht, daher der Handlung nicht folgen kann.“
Als dritte Ebene sind die Nachrichten zwischen Venables und Huffman aus dem Entstehungsprozess zu lesen, die ihre Entscheidungen erklären, quasi als ,Director’s Kommentar‘„ so Venables. Das Ende bleibt offen - auch wenn laut Venables viel für den Selbstmord spricht: “Doch sinnlos, darüber zu diskutieren. Am Ende waren es Kinder, die man hätte schützen müssen!"

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