Mit dem Doppelalbum „La Melodia della Strada“ kreierte Christian Muthspiel mit seinem Orjazztra Vienna ein opulentes Opus, mit dem er den legendären italienischen Regisseur Federico Fellini und dessen musikalisches Genie Nino Rota ehrt. Bevor er damit dieser Tage auf große Österreich-Tour geht, lassen wir uns vom Komponisten in die Welt des Films entführen und sprechen mit ihm über mangelnde Jugend im Jazz, Frauenquoten und die Neugierde, von den Jungen zu lernen.
„Krone“: Herr Muthspiel, ihr neues Doppelalbum „La Melodia Della Strada“ wurde letztes Jahr live in der Grazer Oper aufgenommen. Dafür haben Sie zwei Konzerte zusammengeschnitten, sie aber relativ unmittelbar gelassen und nicht viel daran verändert.
Christian Muthspiel: Die Ursprünglichkeit war uns wichtig, weil wir eine echte Liveband sind. Der Raum in der Grazer Oper klingt fantastisch und nicht nach Studio. Wir haben einen Orchesterklang geschafft. Ich nenne meine Band bewusst Jazz-Orchester und nicht Big Band, weil ich etwas Sinfonisches will. Ich habe viele Jahre Jazz und Orchester dirigiert und daraus entstand dieses Projekt, das einen unverwechselbaren Klang entwickelt.
So eine Live-Magie lässt sich ja eigentlich kaum auf eine Platte oder CD pressen.
Ich wünsche mir natürlich, dass die Leute zu den Live-Konzerten kommen. Wir haben auch die erste Platte, „Homecoming“, auf CD aufgenommen. Das waren mehrere Abende im Wiener Porgy & Bess ohne Publikum. Damals wegen Corona. Wenn ich danach editiere, ist es für mich der bestmögliche Versuch, die Live-Atmosphäre auf Tonträger zu übertragen. Im Studio würde ich die Musik ganz anders anlegen. Ich fand Produktionen im Studio, die vorgeben live zu sein, immer sehr unglücklich. Meine Musikerinnen und Musiker mussten nicht daran denken, dass wir etwas aufnehmen, sondern konnten ein Risiko nehmen. Die Band vergisst live, dass etwas aufgenommen wird.
Das Grundkonzept hinter diesem Doppelalbum ist eine Mischung aus dem Jubiläum des Grazer Straßenfestes „La Strada“ und eine Ehrerbietung an den legendären Regisseur Federico Fellini. Wie sind Sie ursprünglich an dieses Projekt rangegangen?
Die Verantwortlichen von „La Strada“ haben mich gefragt, ob ich zu ihrem 25-jährigen Jubiläum etwas machen kann und der Namensgeber des Festivals ist natürlich Fellinis Film „La Strada“. Als 18-Jähriger aus klassischem Elternhaus habe ich damals in Graz Ernst Jandl, Free Jazz und die wunderbaren Konzerte im Münzgrabenheim kennengelernt. Meine Freunde und ich pilgerten damals regelrecht in die Fellini-Filme ins Grazer Rechbauerkino. Wie Jandl in der Literatur war Fellini für mich eine große Irritation und ein Fenster in eine zeitgenössisch-kreative Welt. Allein schon durch die Erinnerungen an die Filmbesuche hatte ich eine große Bilderwelt in mir.
Das Programm dauert satte eineinhalb Stunden und dafür habe ich mir jeden Tag vor dem Schreiben ungefähr eine Viertelstunde lang unterschiedliche Ausschnitte aus Fellini-Filmen angeschaut. Ich kaufte mir eine DVD-Box seines Schaffens und habe quasi die „Random“-Taste gedrückt und mich in seine Atmosphäre katapultiert. Ich war sehr stark in der Melodiewelt von Nino Rota verhaftet, der Fellinis musikalisches Genie war. Fellini sah mir bei der Arbeit quasi immer über die Schulter. (lacht) Es gibt zu jedem Stück eine kurze Geschichte und diese Geschichten sind teilweise den Filmen entnommen, teilweise aber auch erfunden und von mir Fellini unterschoben. Alles entstand sehr assoziativ und nicht musik- oder filmwissenschaftlich. Viele Figuren aus den Filmen habe ich in meine Solistinnen und Solisten übertragen, was sehr spannend für mich war. Teilweise sind sie Figuren, Szenen oder Bilder der Filme.
Wussten Sie instinktiv, welche Filme und Szenen am besten zu welchen Solistinnen oder Solisten passt?
Teilweise schon, teilweise habe ich mir das erwartet. Beim Orjazztra wird jede Person bei jedem Programm einmal zum Solisten. Ich will die unterschiedlichen Charaktere zuspitzen. Manche fühlen sich im freien Spiel wohler, andere haben eine hohe Energie und brauchen einen dicken Back-Beat hinter sich. Ich möchte ihnen die Dinge auf den Leib schneidern und die Stärken herausfiltern. Selbst bei meinen klassischen Kompositionen achte ich darauf, dass die Seele des Interpreten herauskommt. Nachspielen kann jeder Cellist, weil das Stück ja geschrieben ist. Aber es muss mehr dahinterstecken. Beim Komponieren ist man über Monate hinweg sehr einsam und je mehr Material man in dieser Welt hat, umso weniger fühlt man sich alleine. Es gibt etwa ein Schlagzeugduett, das live sehr lang ausfiel, aber nun für die CD komprimiert wurde. Es heißt „In sala macchine“ und gemahnt an den Film „Schiff der Träume“, wo es im Maschinenraum ganz industriell und harsch zugeht.
Hat sich der musikalische Bogen schon aus den Filmen heraus ergeben oder mussten Sie für die konzertante Umsetzung noch stärker nachschärfen?
Der Film hat schon viel konzipiert. Fellini war dramaturgisch immer extrem genau. Oft weiß man nicht, was gerade passiert ist, aber man bleibt gebannt dabei. Er ist sehr rätselhaft und bleibt in Bildern, zu denen jeder andere Assoziationen findet. Ich habe Making-ofs gesehen, wo Fellini seinem Schauspieler sagt, er wäre für die eine oder andere Szene noch viel zu sehr in der Emotion. Er sagt ihm dann, er soll die Szene noch einmal drehen, aber von eins bis zehn zählen, anstatt den Text aufzusagen. Der wurde erst später synchronisiert. Er wollte die Leute figurenhaft haben, wie Holzschnitte. Trockener, mit weniger Emotionen. Das war auch interessant für die Musik. Die Auswahl von Fellinis Charakteren ist grandios. Es gibt die aberwitzigsten Figuren. Im Stück „Die Parade der alten Männer“ fangen die Protagonisten kurz zu tanzen an und gehen dann mit all ihren Wehwehchen wieder weiter. Herrlich. Meine Solistinnen spielen ihr solo, gehen dann aber zurück und kümmern sich sofort wieder um den Gesamtklang. Das ist so, wie man beim Film in eine Figur hineinzoomt und dann wieder auf die Gruppe raus schaltet.
Das Wechselspiel zwischen Nähe und Ferne. Einmal dominiert das Cello, dann wieder das ganze Orchester.
Genau. Zwischen Solisten und Gruppe oder auch zwischen Individuum und Gesellschaft. Das Thema ist brandaktuell. Es gibt viel Narzissmus, aber es ist einem heute auch nicht alles egal, was um einen herum passiert.
Sie haben sich somit einerseits vom vorhandenen Bildmaterial Fellinis, andererseits auch von der puren Imagination inspirieren lassen?
Das stimmt. Der Schriftsteller Christoph Ransmayr hat mir einen schönen Text zum Projekt geschrieben und mir gesagt, dass eine Erinnerung immer sehr kreativ wäre. Er sagte mir, dass es beim Schreiben bei ihm um das Gefühl ginge, an das er sich erinnert und nicht an die Erinnerung selbst. Das hat mich ermutigt. Trifft die Musik ins Herz? Hat sie eine Spannung? Es geht immer um die Emotionen. Man muss mit Vorgaben frei und kreativ umgehen.
Denken Sie sich die Texte beim Komponieren dazu, nachdem sie in der Umsetzung nicht vorkommen? Hilft das beim Schreiben der Stücke?
Beim Duett „Zampanó e il Matto“ habe ich mir einen imaginären Text dazu gedacht, ein erfundenes Italienisch. Melodien zu schreiben, finde ich extrem schwierig. Wenn sie dann auch noch phrasiert, quasi gesungen sind, macht es das noch schwieriger. Bei diesem Stück habe ich das mit einem gedachten Text angepackt und habe daraufhin die Melodie angepasst. Die Melodie wird vielleicht für den Musiker logischer, wenn ein imaginärer Text dahintersteckt.
Müssen Sie Ihre Instrumentalistinnen im Orjazztra überhaupt noch anleiten, nachdem sie alle für sich kundig sind und sich auszudrücken wissen?
Die Freiheiten sind in erster Linie bei den Soli. Das geht von ganz frei bis komplex eingesperrt. Wir arbeiten sehr viel daran, die Freiheiten einzubremsen, um einen Gesamtklang zu spielen. Es geht am Ende um das Ergebnis des geschriebenen Materials und da ist das Korsett enger geschnürt. Ich probe unheimlich viel mit dieser Band, das passiert im Jazz aus Budgetgründen viel zu selten. Zuerst probe ich mit der Rhythmusgruppe allein und erst dann kommen die Bläser dazu. Bei einem so großen Apparat muss der Rhythmus extrem klar sein. Die zwölf Bläser müssen sich daraufsetzen können und da bin ich in der Vorbereitung sehr penibel. Meine Partituren sind für das Orjazztra so komplex geschrieben wie für ein klassisches Orchester.
Das Orjazztra ist auch ein Zeichen gegen die Verminderung und Verknappung, die im Kulturbetrieb zunehmend herrschen. Wo findet man schon noch so personell große Projekte?
Es ist ein ökonomischer Selbstmord, keine Frage. (lacht) Das Statement lautet: Großbesetzung für junge Leute mit einem relevanten Frauenanteil. Im Jazz und der Klassik sind wir damit weit hinten nach, aber bei mir spielen jetzt sieben Frauen und zehn Männer. Ich habe auch drei Frauen in der Rhythmusgruppe.
Achten Sie bewusst auf diese Aufteilung bzw. Quote?
Das nicht, aber es reicht, dass man die Frauen nicht übersieht. Wir haben in der Szene die Gewohnheit, immer die Kumpels anzurufen, mit denen man schon immer spielte. Ich hatte die Idee für das Orjazztra 2018 und 2019 hatten wir die Premiere beim Jazzfest in Saalfelden. Ich wollte eine junge Band haben und habe mir viele Konzerte der jungen Leute angesehen. Jahrzehntelang habe ich mit Gleichaltrigen gespielt und wollte etwas ändern - die Jungen haben mich regelrecht weggeblasen. Junge Frauen musizieren großartig. Das muss man nicht extra betonen, aber auf jeden Fall wahrnehmen. Frauen wollen das Thema gar nicht thematisieren, es hängt ihnen beim Hals raus. Die Australierin Simone Young, einer der ersten weltweit erfolgreichen Dirigentinnen, hat es einst verboten, dass das Frauenthema in Interviews breitgetreten wird. Es hat sich nur nicht ewig gehalten. Einmal antwortete sie auf die Frage nach dem Unterschied: „Ich glaube, die Männer dirigieren ohne BH“. (lacht) Großartig. In erster Linie umgebe ich mich aber einfach gerne mit tollen Menschen und das sind sie bei mir alle.
Was können Sie mit Ihrer jahrelangen Erfahrung noch alles von den jüngeren Musikerinnen lernen?
Ich kann ganz viel von ihnen lernen. Die meisten sind Anfang 30 und ich bin Anfang 60. Der Jazz war immer eine Musik, die die Umgebung wie ein Schwamm aufsaugt und dann zu etwas Eigenem transformiert. Miles Davis hat sich auch nach seinen jeweiligen Hörgewohnheiten transformiert. Mal mehr gen Hip-Hop, dann mehr gen Funk. Die Sozialisation mit der Musik, mit der man groß wird, hat großen Einfluss darauf, wie man als Jazz-Musiker spielt. Als mein Bruder und ich Ende der 70er-Jahre in Graz mit Jazz begannen und dann auch studierten, war ein langsamer 7/8-Takt schon ein Höllenritt. Diese junge Generation spielt ihn in jedem Tempo locker herunter. Das Niveau und das Können sind drastisch gestiegen. Ich lasse mich sehr von der Spielweise der Jungen inspirieren und bin dabei auch in der Vorbereitung sehr beruhigt. Ich kann sehr komplexe Sachen schreiben, mich aber auch darauf verlassen, dass sie das schon hinkriegen. Glücklicherweise bin ich von Leuten umgeben, die ernsthaft und bewusst Musiker sind.
Sie müssen das aber auch zulassen können. Viele ältere und erfahrene Komponisten und Musiker öffnen sich den jungen Inspirationsquellen nicht so leicht …
Jazz ist Austausch. Natürlich stehe ich vorne, habe das Programm geschrieben und leite es, aber im Vergleich zur Klassik ist alles weniger hierarchisch. Wenn die Hierarchie alleine mit der Kompetenz zu tun hat, wird alles wieder gleichwertig. Auch bei Orchestern in der Klassik. Beim Jazz gibt es viel Improvisation und jeder kann den anderen jeden Abend überraschen. Soli werden von anderen mitgefeiert, auch der Rhythmus ist nicht immer fixiert. Jeder ist einmal pro Abend der Wichtigste. Das Individuelle und Gleichwertige sind ein ganz wichtiges Thema. Die Musik, die wir machen, schult auch das Zurücknehmen. Man muss immer die Ohren offen haben, was die anderen gerade machen. Vieles bei uns hat mit dem Geschehen lassen zu tun. Man muss im Moment sein und das ist oft die größte Herausforderung. Das ist härter, als man denkt.
Ist es auch ein Mit-Ziel von Ihnen, mit dem jung besetzten Orjazztra auch ein jüngeres Publikum anzuziehen, das dem Jazz viel zu oft fernbleibt?
Es hat sich quasi von selbst ergeben, dass durch die jüngeren Musiker auch jüngeres Publikum kommt. Im Jazz ist das ein großes Thema, doch derzeit herrscht eine ziemlich gute Phase. Vielleicht nicht kommerziell gesehen, aber was das kreative Potenzial betrifft. Es gibt viel mehr Künstler und Musik als früher. Die Jungen haben es nicht leicht, einerseits mit den stark reduzierten Möglichkeiten und andererseits mit der Vervielfachung des Angebots zu spielen. Ich merke selbst, dass die Szene seit 2008 ziemlich zusammengebrochen ist. Wien hat seit vier Jahren kein Jazzfest mehr, es ist verschwunden. Eine Stadt wie Wien mit so einer Geschichte und so einer Szene muss da mehr aufbieten. Ich spielte früher elf Jahre lang im Vienna Art Orchestra. Da spielten wir oft sechs Wochen auf drei Kontinenten durch - das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Weltweit nicht. Selbst eine Ikone wie Carla Bley konnte sich das letzte Mal vor 20 Jahren eine Big Band leisten. Das Orjazztra Vienna ist aber eine bewusste Gegenansage.
Fellini ist jetzt auch niemand, der bei jüngeren Menschen noch groß in Erinnerung ist.
Wie Ernst Jandl. Die beiden verschwinden bei der jüngeren Generation zunehmend. Viele Leute kennen Fellini gar nicht und das kann man auch niemanden vorwerfen. Als mache meiner Musiker auf die Welt kamen, war er schon tot. Es geht hier auch darum, sich eine andere Kunst zu eigen zu machen und sie zu feiern. Für mich war Fellini immer wichtig und er ist es immer noch. Ich bereite auch gerade ein Jandl-Projekt vor. Selbst der schleicht sich aus dem Bewusstsein. Er ist nicht mehr in den Schulbüchern vorhanden, bei uns war er noch fixer Teil unseres Literatur- und Deutschunterrichts. Lyrik hat auch keinen hohen Stellenwert mehr, was sehr schade ist.
Wird die Rückschau in die eigene Kindheit mit den Jahren wichtiger?
Mir ist in den letzten Jahren aufgefallen, dass fast alle Projekte irgendwie an meine Kindheit oder Jugend anknüpfen. Die Erinnerungen sind ein Schatz, den man immer wieder neu heben kann. Es ist irrsinnig schön, wenn man da kreativ anknüpfen kann. Man findet in sich sehr viel Material. Das Fellini-Programm ist im besten Sinne sehr unterhaltend. Man sieht immer den Jazz-Stempel und viele stellen sich gleich was ganz Furchtbares vor, aber das ist das Problem der Kategorisierungen. Sie greifen meist zu kurz. Viele Menschen stellen sich unter Klassik etwas total Fades vor und verpassen dabei so viel.
Erst unlängst ging das legendäre Grazer Jazz-Café „Stockwerk“ in Insolvenz. Auch in der Club-Landschaft dünnt sich alles immer stärker aus.
Im „Stockwerk“ habe ich mit meinem kleinen Ensemble sehr oft gespielt, es war immer großartig. Auch mit dem großen Ensemble ist es schwer, bei Veranstaltern durchzukommen. Wir sind mit Crew 21 Personen und viele Veranstalter sind mit dem Budget schon durch, wenn sie 21 Hotelzimmer bezahlen. Ich bin extrem stark damit beschäftigt, jedes Jahr viel Geld aufzustellen, damit ich das Orjazztra überhaupt anbieten kann. Ich bezahle auch die Proben, die sind mir sehr wichtig. Die Gagen sind nicht der wichtigste Teil der Einnahmen, aber das ist auch bei klassischen Orchestern so. Ohne Subventionen kann kein Orchester überleben.
Zerstören solch wirtschaftliche Sorgen und Kilometer, die man dafür gehen muss, manchmal die Kreativität?
Ich versuche es so gut wie möglich auseinanderzuhalten. Ich bin gedanklich schon bei zwei Projekten, die wir 2025 umsetzen. Bevor ich nicht das Gefühl habe, dass diese Projekte organisiert und halbwegs ausfinanziert sind, kann ich nicht dafür schreiben. Und beim Schreiben will ich nichts vom Finanziellen wissen. Ich sitze nicht weniger lang vor Excel-Tabellen, als vor Partitur-Papier. (lacht)
Mit dem Orjazztra und dem Doppelalbum gibt es jetzt im Oktober ein paar schöne Livetermine. Was steht in nächster Zeit sonst bei Ihnen an?
Ich habe 2019 aufgehört Instrumente zu spielen und bin mit den Ö1-Signations beschäftigt, ansonsten konzentriere ich mich auf das Kompositorische, die Promotion und die Organisation. Ich will auch nicht mehr so viel arbeiten wie früher. (lacht) Ich nehme mir mittlerweile relevante Zeit, in der ich einfach verschwinde. Entweder bin ich in den steirischen Bergen, den griechischen Bergen oder an der schwedischen Küste. Wenn ich weg bin, bin ich wirklich weg. Das tut mir sehr gut. 2019 hatte ich etwa 50 Jahre Posaune gespielt und beschloss von einem Tag auf den anderen, dass ich nicht mehr möchte. Mir sitzt heute die Zeit nicht mehr im Nacken, das war früher nie der Fall. Ich schmeiße mittlerweile Sachen weg, an denen ich bereits drei Wochen arbeitete. Das geht aber nur, wenn man sich einen Zeithorizont gönnt, der das auch zulässt. Ich lebe wenig aufwendig und schlafe in meinem umgebauten VW-Bus, wenn ich unterwegs bin. Ich kaufe mir die Zeit eher, als dass ich sie besitze. Auf Tour zu sein heißt, von Stadt zu Stadt zu fahren. 40 Konzerte in 42 Tagen durch ganz Europa plus ein Abstecher nach Japan. Ich brauchte deshalb schon immer die Natur und mache überhaupt keine Städtereisen mehr. (lacht)
Reizt es Sie überhaupt nicht mehr, das Instrument wieder mal in die Hand zu nehmen?
Ich spielte mein letztes Konzert bei einem Festival in Cambridge. Danach habe ich die Posaune geputzt und eingepackt und seither ruht sie dort. Wenn man das einmal einigermaßen auf einem höheren Niveau praktiziert hat, dann kann man sie nicht einfach so zum privaten Spielen herausholen. (lacht) Heute schreibe ich den Posaunisten Sachen, die ich selbst nie gespielt hätte.
Live in Österreich
Live zu sehen sind Christian Muthspiel und sein Orjazztra Vienna mit dem Programm „La Melodia della Strada“ am 6. Oktober auf der Bühne Purkersdorf, am 7. und 8. Oktober im Wiener Porgy & Bess, am 14. Oktober im Innsbrucker Treibhaus, am 19. Oktober im Judenburger Festsaal und am 20. Kino im Alten Kino in St. Florian. Unter www.oeticket.com gibt es die Karten und weitere Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen.
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